Chronik/Niederösterreich

4,6 Mio. Euro Schaden: Langjährige Haft für die Bankomat-Knacker

Zahlreiche Einsatzkräfte der Spezialeinheit Cobra sicherten am Donnerstag das Landesgericht Korneuburg (NÖ). Die zwei angeklagten Männer werden in Handschellen und streng bewacht in den Gerichtssaal geführt – die Polizisten weichen ihnen während der gesamten Verhandlung nicht von der Seite. Hinter der Richterin prangt ein großes Plakat mit der Überschrift „Operation Krähe“. Acht Monate ermittelte die Polizei in der Causa, „das war der ressourcen- und kostenintensivste Polizeieinsatz, den es in Niederösterreich jemals gab“, sagt der Einsatzleiter. 

Von "krimineller Champions League" und einer der größten Ermittlungen der vergangenen Jahre sprach Omar Haijawi-Pirchner, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, im November 2019. Beim Prozess am Donnerstagvormittag bestätigt der Leiter der polizeilichen Ermittlungen im Fall "Bankomatknacker" dies im Zeugenstand: "8 Monate wurde ermittelt. Das war der kosten- und ressourcenintensivste Einsatz der Polizei in Niederösterreich, den es jemals gab". Am Donnerstagvormittag mussten die beiden Tatverdächtigen sich vor dem Landesgericht Korneuburg verantworten - der KURIER war vor Ort.

Die zwei slowakischen Staatsbürger legten ein umfassendes Geständnis ab. Die beiden Angeklagten müssen acht Jahre und zehn Monate bzw. acht Jahre und drei Monate in Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Im November vergangenen Jahres war es den Ermittlern geglückt, im Zuge der "Operation Krähe" zwei Tatverdächtige zu fassen, die für elf versuchte und vollendete Bankomat-Coups beschuldigt werden. Der Schaden wird mit mindestens 4,6 Millionen Euro beziffert. Die Summe ist derartig hoch, weil die zwei slowakischen Staatsbürger nicht nur des Einbruchs, sondern auch der Brandstiftung beschuldigt wurden. Die Vorgehensweise war stets ähnlich und höchst professionell: Es wurden Bankomaten in Autobahnnähe ausgekundschaftet und kurz vor der Tat die Reifen der Polizeiautos der nächstgelegenen Inspektion aufgestochen. Für die Flucht wurden zudem PS-starke Autos gestohlen und danach abgefackelt.

Laut Exekutive flüchteten die Männer mit Geschwindigkeiten von mehr als 200 km/h. Sie sollen außerdem "Krähenfüße" auf der Straße ausgestreut haben, um die Reifen der Verfolger zu beschädigen - daher auch der Ermittlungsname "Operation Krähenfuß".

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Feuer gelegt und Spuren verwischt

Feuer sollen die Beschuldigten übrigens auch am Tatort selbst gelegt haben: Nachdem die Bankomaten entweder aufgesprengt oder aufgeflext wurden, vernichteten die Kriminellen mit Brandbeschleunigern jegliche Spur. Bei der Flucht dürften die Männer vor kaum etwas zurückgeschreckt haben.

Allein in sechs Spar-Filialen in Niederösterreich und dem Burgenland seien Schäden in Höhe von knapp 2,7 Millionen Euro entstanden: "Zwei Filialen mussten neu gebaut werden", sagte der Vertreter von Spar im Zeugenstand. Die Versicherung würde nicht die gesamten Kosten decken, man rechne damit auf etwa einer Million Euro "sitzen zu bleiben", hieß es beim Prozess am Donnerstag.

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Angeklagte entschuldigten sich

Bei einem der Männer, einem 44-jährigen Slowaken soll es sich sogar um den Kopf der Bande handeln. Er wurde nach internationalen Ermittlungen im November in Wien festgenommen. Für seinen 36-jährigen Komplizen, ebenfalls ein slowakischer Staatsbürger, klickten auch im November in seinem Heimatland die Handschellen.

Beide legten ein umfassendes Geständnis ab - nicht nur das, vor Schluss der Verhandlung ergriffen die Angeklagten das Wort, um sich zu entschuldigen: "Ich will mich an dieser Stelle bei allen geschädigten Personen entschuldigen. Wir beide werden in Zukunft keine Straftaten mehr begehen. Ich bitte um ein mildes Urteil, ich möchte nur so bald wie möglich wieder zu meiner Familie heimkehren", hieß es beim Prozess. Beide Männer haben Familie, einer von ihnen wurde erst kürzlich erneut Vater.

Doch diese Verhandlung ist nicht die erste für die "Bankomatknacker" - sie beide waren bereits im Ausland inhaftiert gewesen. Der 44-jährige kam erst Ende 2018 wieder auf freien Fuß, drei Monate später - noch während seiner Probezeit - startete die Einbruchserie in Österreich.

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"Glück", dass niemand verletzt wurde

Dass keine Personen zu Schaden gekommen waren, sei ein "unfassbares Glück", sagte die Staatsanwältin. Nicht nur, dass etliche Brände gelegt wurden, die beiden Tatverdächtigen lieferten sich auch mehrmals rasante Verfolgungsjagden mit der Polizei. Beim Ausstreuen der "Krähenfüße" erwischte es aber nicht nur die Polizei, auch etliche Privatfahrzeuge kamen zu Schaden.

"Wir wollten nie jemanden verletzen. Wir haben die Tatorte auch immer so gewählt, dass keine Menschen zu Schaden kommen. Ich bin froh, dass niemandem etwas passiert ist", verteidigte einer der Angeklagten sich vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft sah das anders, die Einbrüche seien außergewöhnlich akribisch geplant gewesen: "Die Täter haben absolut rücksichtslos agiert. Dass niemand zu Schaden gekommen ist, war großes Glück".

Um nicht aufzufliegen, betrieben die Männer großen Aufwand: "Sie kommunizierten nur mit Tastentelefonen, die sie in Tschechien ohne Ausweis gekauft hatten. Die Fluchtfahrzeuge waren Diebesgut, die Kennzeichen waren auch gestohlen und wurden mehrmals gewechselt. Deshalb war es auch so schwierig sie zu fassen, monatelang fehlte den Ermittlern jeder Anhaltspunkt", sagte die Staatsanwältin.

Mehrere Großeinsätze mit bis zu 110 Beamten

Auf die Spur zu ihnen führten die Polizei schließlich DNA-Rückstände auf einem der "Krähenfüße". Als klar wurde, dass es sich um Täter aus dem Ausland handle, wurden Grenzbereiche verstärkt kontrolliert. Ende August vergangenen Jahres waren teilweise bis zu 110 Beamte pro Nacht verteilt in Ostösterreich nur für die Causa "Bankomatknacker" im Einsatz.

Da die Beschuldigten die verstärkten Kontrollen bemerkt hatten, wählten sie Umwege, um nach Österreich zu kommen. "Sie nutzten eine abgelegene Holzbrücke, die als Fußgängerübergang gedacht ist zum Grenzübertritt", sagte der Einsatzleiter im Zeugenstand.