Naturschutz: Die Vielfalt unter der Blütenpracht
Obstbäume gehören in Rechnitz zum Ortsbild. Im Frühjahr blühen Marillen, Apfel, Birnen und Kirschen. „Fast jedes Haus und jeder Weingarten hatten früher ein paar Obstbäume“, sagt Englebert Kenyeri, Obmann des Naturparks Geschriebenstein. Doch in den vergangenen Jahren verschwanden auch viele Bäume, oder wurden nicht mehr genutzt.
Im gesamten Südburgenland rechnet das Land mit rund 3.000 Hektar Streuobstwiesen, mit 220.000 Bäumen. „Es gibt eine ungeheure Vielfalt von mehr als 400 Sorten und einige Hundert, die noch gar nicht genau bestimmt wurden“, sagt Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf, bei ihrem Besuch im Naturpark Rechnitz, zum ersten „Tag der Streuobstwiese“. Denn neben dem Obst sind die Wiesen vor allem Lebensraum für Tausende verschiedene Arten.
35 Millionen Bäume
Vor 1960 gab es in Österreich noch rund 35 Millionen großkronige Obstbäume in der Landschaft. Heute sind es nur mehr etwa 4,5 Millionen Stück und es werden weniger. Die Streuobstbäume sind oft überaltert, in einem schlechten Zustand, wenig gepflegt und es fehlt an Nachpflanzungen, die eine Nutzung langfristig sichern. Dem wollen die Naturparke entgegenwirken.
Naturparke
„Der Aufwand für die Bewirtschaftung ist hoch und der Ertrag ist unsicher“, sagt Thomas Böhm vom Regionalmanagement Burgenland, der für die Naturparke zuständig ist. Deshalb plant er Bewirtschaftungsgemeinschaften, um die Bestände zu pflegen und gemeinsam Produkte zu vermarkten. Dazu wurde auch das EU-Projekt Balance for Nature and People (Interreg Slowenien-Österreich) gestartet, um ein Managementkonzept für die Streuobstwiesen auszuarbeiten.
20 Tonnen Äpfel verarbeitet
In den drei südlichen Naturparken gab es bereits Workshops mit jeweils 30 Teilnehmern, um Ideen zur gemeinsamen Pflege, Bewirtschaftung und Produktentwicklung zu sammeln. „Wir haben im Vorjahr eine mobile Presse organisiert und 20 Tonnen Äpfel von Privatleuten verarbeitet“, sagt Böhm. Die Kooperation unter den Streuobstwiesenbesitzern oder Bewirtschaftern trage zur Erhaltung des Lebensraums bei.
"Biri ist Schutzgebiet
Einen „Garten Eden“ finden Naturliebhaber auch am Noplerberg im mittelburgenländischen Stoob. Auf rund 110 Hektar Fläche bietet das „Biri“ eine burgenlandweit einzigartig hohe Dichte an zusammenhängenden Streuobstwiesen und gemähten Wiesenflächen. 2013 wurde das Gebiet von der Burgenländischen Landesregierung zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.
"Stoober Birtschtla"
Bis zu 250 verschiedene Obstsorten findet man im „Biri“, darunter mindestens 45 Apfel- und 35 Birnensorten. Ziel ist es, dass die Bevölkerung das Obst verwertet, sagt Nick Wukovits, einer der Organisatoren des „Biri-Teams“, das etwa Obstsammel-Aktionen organisiert.
Im Herbst haben die Bewohner mehr als 13.000 Äpfel geerntet, das Obst wurde gepresst. Im Rahmen eines von Leader Plus geförderten Projektes wurde daraus ein Apfel-Cider namens „Stoober Birschtla“ produziert.
Eigentlich hätte der Birschtla zum Ersten "Internationalen Tag der Streuobstwiesen" am heute, Freitag, verkostet werden sollen. Coronabedingt wurde daraus nichts. Dafür hat Nick Wukovits ein Video gestaltet: Der "lachende Grünspecht" geleitet dabei die Zuseher durch das Biri.
Beim Bauernmarkt
Beim Bauernmarkt am 15. Mai wird die Stoober Jugend das Getränk erstmals ausschenken. Auch nach Auslaufen des Förderprojektes soll der Saft aus den Früchten des „Garten Edens“ vermarktet werden. Damit für Nachschub gesorgt ist sollen im Herbst Hunderte neue Obstbäume gepflanzt werden.
Zwergohreulen fliegen auf Streuobstwiesen
Der Naturschutzbund Burgenland und BirdLife Österreich sowie die ARGE-Streuobst starteten im Vorjahr das Projekt für die Ansiedelung der Zwergohreule. Nur mehr 60 Brutpaare gibt es in Österreich, rund 17 leben im Gebiet von Limbach-Kukmirn und Deutsch Kaltenbrunn. „Die Streuobstwiesen werden extensiv bewirtschaftet und bieten ideale Bedingungen für die Futtersuche der Zwergohreule“, sagt Naturschutzbund Burgenland Geschäftsführer Klaus Michalek. Auch Hecken und alte Bäume sowie der Verzicht auf chemische Insektenbekämpfung machen den hoch gefährdeten Zugvögeln das Leben leichter. Seit 23. April hört man die Vögel bereits und bis August werden sie hierbleiben, bevor es über den Winter nach Afrika geht. Gemeinsam mit Freiwilligen haben die Naturschützer bereits mehr als 20 Zwergohreulennistkästen aufgehängt und in den nächsten Jahren sollen noch 300 folgen.