Graz: KPÖ stellt Bedingungen

Graz: KPÖ stellt Bedingungen
Wahlsiegerin Elke Kahr will Konzepte sehen, bevor sie über Bereichskoalitionen nachdenkt. Ansprechpartner ist die VP.

Die Graz-Wahl und ihre Nachwehen: Die Koalitionsbildung in der zweitgrößten Stadt Österreichs ist angesichts des Wahlergebnisses vom vergangenen Sonntag kein leichtes Unterfangen. Die einzig tragfähige Zwei-Parteien-Mehrheit ergäbe sich aus VP und KP – und hier zeichnen sich klarerweise Schwierigkeiten ab.

KP-Chefin Elke Kahr stellt in diesem Zusammenhang jetzt Bedingungen – vor allem an VP-Chef Siegfried Nagl: Die KPÖ habe großes Vertrauen bekommen, "da erwarten sich die Menschen auch, dass wir ernsthaft in die Gespräche gehen", so Kahr. Sie werde als Vizebürgermeisterin kandidieren und erwarte sich auch Bewegung von den anderen, insbesondere von Nagl. "2003 haben wir den Fehler gemacht, dass wir unsere Vorstellungen präsentiert haben, die dann von den anderen zerpflückt wurden. Jetzt wollen wir auch die Konzepte der anderen auf dem Tisch sehen." Kahr glaubt an Bereichskooperationen, die auch tragfähig sein könnten: "Die anderen Parteien wissen sehr genau, was mit uns geht und was nicht".

Gegen Privatisierungen

"Weitere Ausgliederungen städtischer Betriebe, Verkäufe und Belastungspolitik, das geht nicht mit uns", so die KPÖ-Politikerin im Interview mit der APA. Nicht zufällig richtete sich ihre ersten Aussendung nach der Wahl auch gegen die "Privatisierung des LKH Graz-West". Bei den Gemeindewohnungen sei es gelungen, Veräußerungen zu verhindern: "Das Abkommen mit ÖVP und Grünen hat gehalten. Da hat die Volkspartei Handschlagqualität bewiesen. Das war nicht selbstverständlich."

Anders die Situation beim "Haus Graz", der Ausgliederung und Zusammenführung von Stadtwerken und Beteiligungen, die unter Schwarz-Grün "schmerzhafte Umstrukturierungen für die Bediensteten" mit sich gebracht habe: "Die Geschäftsführer residieren gut und toll, für die Beschäftigten sind die Abwicklungen komplizierter geworden." Man habe zu wenig auf die Leute gehört, die "die Handarbeit machen."
Miet-Debatte

Was aber nach wie vor großes Anliegen ist: "Die Entscheidung über Gebührenerhöhungen muss wieder in die Hände des Gemeinderates kommen und nicht jedes Jahr automatisch erhöht werden". Es dürfe nicht alles gleichzeitig erhöht werden, Mieten, Wasser, Strom usw., "vor allem nicht so, dass es den Menschen wehtut". Ein No-Go seien auch teure Prestigeprojekte wie im Kulturhauptstadtjahr 2003 die Murinsel und das Kunsthaus am heutigen Standort.

Die Behauptung der Mitbewerber, die KPÖ drücke sich vor Verantwortung, weist die Stadträtin zurück: "Wir sind bereit über das Wohnen hinaus Gesamtverantwortung zu übernehmen." Dies gelte auch für das Budget, wo man immer wieder in Teilbereichen mitgestimmt habe, obwohl auch das von ihr geführte Wohnungsamt Kürzungen erfahren habe. Keine klare Antwort gibt Kahr auf die Frage, ob man dem Budget insgesamt zustimmen könnte - gelingt keine Mehrheit, drohen Neuwahlen: "Ah, das darf man nicht herbeireden."

Freies Spiel der Kräfte

Die Befürchtung, dass das freie Spiel der Kräfte mit Bereichskoalitionen - etwa bei Bildung, Verkehr, Integration - teuer werden könnte, sieht Kahr nicht: "Ich bin ja eine Träumerin, aber ich würde keine Forderungen stellen, die die Stadt Graz nicht stemmen kann. Und bei den Einnahmen? Eine Nahverkehrsabgabe sei vernünftig, aber Sache des Landes. Die KPÖ sei immer für sanfte Mobilität und den Ausbau der Öffis. Die Nahverkehrsabgabe solle - wie in Wien die U-Bahn-Steuer - von den Unternehmen kommen.

Zum künftigen Aufgabenbereich gibt sich die Grazer KPÖ-Chefin zugeknöpft, sie will den Verhandlungen nicht vorgreifen: "Wir werden auf jeden Fall darum kämpfen, das Wohnressort zu halten". Das sei keine schöne Bühne, sondern sehr intensiv: "Manche tun, als ob das so leicht wäre. Ich handhabe das so, dass ich dabei auch auf die Menschen treffe. Leicht ist das nur, wenn man sich das spart."

Vorhalte zur Rolle der KP in der Vergangenheit nimmt Kahr gelassen, auch die Forderung, die KPÖ müsse sich ändern: "Ich brauche mich nicht zu verstellen, ich lebe das. Ich muss mich auch nicht verbiegen, wenn ich sage, die Invasion in der CSSR 1968 ist zu verurteilen. Fakt ist, dass man Frieden nicht mit Panzern einfahren kann. Wir haben uns mehrfach distanziert. Der KPÖ kann man Verbrechen an Menschen nicht vorwerfen, eher im Gegenteil."

Stimmenzuwachs

Den Wahlerfolg kann sie sich u.a. damit erklären, dass viele Einkommensschwache die KPÖ gewählt hätten: "Ich merke, dass zum Beispiel gar nicht so wenige Selbstständige unsere Politik zu schätzen wissen." Zur mitunter belächelnden Nothelfer-Rolle und einer "politischen Caritas" steht Kahr: "Ich habe noch nie ein Problem mit engagierten Christen gehabt. Im Gegenteil, jede Kommune kann froh über solche Menschen, die fangen viel von ihren Aufgaben ab."

Die Hilfsaktivitäten finanziere man über zwei Schienen - über die Beiträge der Angestellten, wobei sie selbst sich von 4.800 Euro 1.800 selbst behalte. Die Hälfte der Aufwandsentschädigung der Gemeinderäte (rund 1.500 Euro) und der Bezirksfunktionäre sowie Verfügungsmittel gingen in Hilfsprojekte an NGOs und den Mieternotruf. Ja, in bestimmten Positionen verdienten Politiker zu viel, ist Kahr überzeugt: Nicht die Bürgermeister am Land, aber die Landes- und die Grazer Stadtregierung zum Beispiel: "Wir Politiker verlangen den Leuten viel ab, da muss man ein Zeichen setzen, dass man sich dem Durchschnittsverdienst der Menschen nähert."

Stolz mache sie, dass die KPÖ Graz heute ein breit aufgestelltes Team aus allen Bereichen habe. Personalnöte wie nach dem Wahlerfolg von 2003, als man Bezirksfunktionen nicht besetzen konnte, gehörten der Vergangenheit an. Die von der Bundespartei erhoffte Wirkung für die Nationalratswahl 2013 will die Grazer Wahlsiegerin nicht überbewerten: "Ich hoffe, dass wir den Schwung mitnehmen können - aber dazu müsste man österreichweit personell gut aufgestellt sein, sonst geht es nicht." Selbst habe sie keine Ambitionen, in der Bundespolitik mitzumischen: Ihr Platz sei in Graz und in der Steiermark, wo sie z.B. im Frühjahr in Trofaiach - wo Neuwahlen nach der Fusion mit zwei anderen Gemeinde notwendig sind - als Wahlhelferin agieren werde.

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