Sinn: Staatsgebiet zu schützen sei "Aufgabe Merkels"

Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.
Der Ökonom tritt ab. Zuvor kritisiert er Fehlentscheidungen in der Flüchtlingspolitik.

Ende März tritt der Mahner der deutschen Nation ab. Hans-Werner Sinn, bekannt für seinen "Käpt'n-Ahab-Bart" und scharfe Analysen, geht als Präsident des Münchner Ifo-Instituts in Pension. In einem Interview mit der deutschen Tageszeitung Die Welt übt Sinn scharfe Kritik an den politischen Entscheidungen Angela Merkels.

Die EU-Länder sind untereinander zerstritten, kämpfen um eine einheitliche Linie in der Flüchtlingspolitik. Am 7. März findet der nächste Sondergipfel statt. Schengen soll wieder in Kraft treten. Grenzkontrollen hätten auch Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel - und letztlich den europäischen Binnenraum. Oder ist das alles übertrieben?

"Jedes Fabrikgelände ist durch Schranken und Zäune geschützt"

Es sei ihm "schleierhaft", so Sinn, warum die EU scheitern solle, wenn man Grenzen kontrolliere. Die EU habe es schließlich auch "schon ohne Schengen" gegeben, so Sinn im Zeitungsinterview. Wenn bisherige Maßnahmen nicht reichten, "dann muss Deutschland eigene deutsche Kontrollen vornehmen. Jedes Fabrikgelände ist durch Schranken und Zäune geschützt." Auch Staaten müssten sich vor einer unberechtigten Zuwanderung schützen können.

"Willkommenssignal schwerer politische Fehler"

Zudem sei kein gemeinsames Asylrecht mit Quotensystem vereinbart worden, das sei ein Fehler. Und die Länder an der Schengen-Grenze kämen ihrer Kontrollfunktion nicht nach. "Das Willkommenssignal in die weite Welt zu senden war ein schwerer politischer Fehler". Mit seiner Kritik zielt er direkt auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel: "Dass die Kanzlerin sagt, sie könne die Grenzen nicht kontrollieren, hat mich verwundert." Das sei ihre Aufgabe.

Zur Person

Sinn: Staatsgebiet zu schützen sei "Aufgabe Merkels"
ABD0041_20150630 - WIEN - ÖSTERREICH: Hans-Werner Sinn, Ökonom und Präsident des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, am Dienstag, 30. Juni 2015, im Rahmen einer Veranstaltung der Agenda Austria zum Thema "Europas Wirtschaftskrise" in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
1999 ließ sich der Westfale beknien, das ausgelaugte Forschungsinstitut neu aufzubauen; er machte es in Folge zu einem weltweiten angesehenen Zentrum für Wirtschaftsforschung. Im Dezember des Vorjahres wurde der 67-Jährige vom Deutschen Hochschulverband zum "Hochschullehrer des Jahres" gekürt, als "Wissenschafter, der allein der Rationalität verpflichtet ist und politischen Opportunismus nicht kennt. Andere kritisierten ihn hingegen als "Boulevardprofessor", bezogen dies etwa auf seine Kritik an den Griechenland-Rettungspaketen.

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