Nobelpreis-Reaktionen: "Vielleicht der größte Erfolg der letzten Jahre"
Von Ingrid Teufl
In der Vergabe des Medizin-Nobelpreises 2023 an die beiden mRNA-Forscher Katalin Karikó und Drew Weissman sahen am Montag viele Wissenschafter ein deutliches Signal für die Weiterenwicklung jener Technologie, die die Entwicklung einer Impfung gegen das Covid-Virus erst ermöglichte. Gewürdigt wurde auch der Forschergeist der beiden, die über Jahrzehnte an ihr Thema glaubten und ihm trotz vielen Widerständen treu blieben.
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Infektiologe Herwig Kollaritsch: "Mehr als verdient"
"Das sind zwei Menschen, die den Preis mehr als verdient haben. Es war hoch an der Zeit", sagte der Infektiologe Herwig Kollaritsch, Mitglied des Nationalen Impfgremiums, in einer ersten Reaktion zum KURIER. Sie hätten gezeigt, dass mit mRNA immunologische Prozesse in Gang gesetzt werden können. "Das ermöglicht unglaubliche Möglichkeiten. Diese Technologie wird nicht nur uns, sondern auch unseren Nachfolgegenerationen von Nutzen sein." Das Potenzial schätzt der Impfexperte hoch ein. "Es ist noch gar nicht abschätzbar. Es wird in vielen Bereichen möglich sein, Therapien zu entwickeln. Aber nicht in allen."
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Mögliche Einsatzgebiete sieht er etwa in der Entwicklung von Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten, "ein Universalimpfstoff gegen die Influenza könnte entwickelt werden, aber auch konventionelle Impfstoffe könnten zumindest teilweise durch mRNA-Impfstoffe ersetzt werden".
Das größte Betätigungsfeld sieht er allerdings in einer "Impfung gegen Krebs", was auch ursprünglich Karikós Forschungsansatz war. "Da kann man gezielt immunologische Prozesse in Gang bringen." Ohne die Pandemie hätte es aber noch länger gedauert, bis sich die Technologie durchsetzt, glaubt Kollaritsch. "Durch die Covid-Impfstoffe wurde der Beweis erbracht, dass dieses Konzept funktioniert."
Virologe Florian Krammer: "Da kommt noch sehr viel"
Beide sind "wahnsinnig gute Wissenschafter, man hätte schwierig bessere Kandidaten finden können", betonte der österreichische Virologe Florian Krammer, der an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Spital in New York forscht. Gegenüber der APA betonte er die Wichtigkeit der Technologie-Grundlagen für die Impfung durch die Modifikation der RNA. "Das ist aber nicht das Ende der Geschichte." Vor allem im Bereich der Krebstherapien "tut sich wahnsinnig viel. Ich glaube, dass da noch sehr viel kommt, und die beiden haben das ermöglicht".
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Pharmakologe Markus Zeitlinger: "Wenn nicht der größte Erfolg der letzten Jahre"
Ein Nobelpreis "für etwas, das uns so unmittelbar betroffen hat" - das ist für Markus Zeitlinger von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien "ein bisschen außergewöhnlich". Die Auszeichnung an Katalin Karikó und Drew Weissman zu vergeben findet er "ein wunderschönes Signal". Die beiden ermöglichten die Produktion eines "hoch effektiven Vakzins, das von der Effektivität her alle anderen in den Schatten gestellt hat", sagte Zeitlinger am Montag auf Anfrage der APA.