Wissen/Gesundheit

Nie wieder dick? Forscher Penninger entdeckt „Schlankmacher-Gen“

Ein Gen, das sich an- oder ausschalten lässt – und so das Körpergewicht kontrollieren: Klingt zu schön, um wahr zu sein, wird  aber bereits erforscht. Der heimische Spitzenforscher Josef Penninger arbeitet nicht nur an einem Wirkstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Mit einem internationalen Team forscht  er an einem „Schlankmacher-Gen“.

 
Das Team aus Forschern des „Institute of Molecular Biotechnology“ (IMBA) in Wien und der University of British Columbia (Kanada), wo Penninger derzeit forscht, beschäftigte sich mit den  Aufgaben eines speziellen Zellbausteins.

Penninger erklärt die Idee im eMail-Interview mit dem KURIER so: „Wir alle kennen diese Menschen, die essen können, was sie wollen, und dünn bleiben. Genau wie bei Adipositas muss hier auch die Genetik im Spiel sein. Deshalb haben wir den Spieß umgedreht und hier explizit die Genetik der Dünnheit untersucht.“ 

Gehirn-Kreislauf, der Fett verbrennen lässt

Das spannende Ergebnis: Es gibt offenbar nicht nur einen Gehirn-Kreislauf, der unseren Appetit steuert und uns zunehmen lässt – „sondern auch einen Kreislauf, der unser Fett verbrennen lässt“. 
Über die physiologische Funktion des Gens wusste man sehr wenig. „Deswegen wollten wir uns das genau ansehen und haben diesen Mechanismus bei der Maus und anhand von über 40.000 menschlichen Datensätzen einer Biobank aus Estland untersucht.“ Konkret geht es dabei um Mutationen eines speziellen Insulin-Rezeptors namens „Anaplastic Lymphoma Kinase“ (ALK).

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Offenbar  stehen derartige – nicht krankhafte –  Gen-Mutationen auch mit erhöhter Fettverbrennung und Glukosetoleranz in Verbindung  – und führen  zu einer genetisch erklärbaren schlanken Linie.  Das habe die im Fachmagazin Cell veröffentlichte Studie gezeigt.

„Neue Schnittstelle“

„Wir wissen jetzt: Im gesunden Körper wirkt ALK im Gehirn, und kontrolliert Körpergewicht.“ Penninger spricht von einer „vollkommen neuen und wesentlichen Schnittstelle“. Die zudem auch noch evolutionär bedingt sein dürfte: Der Mechanismus zeigte sich auch bei Fruchtfliegen.

Die Möglichkeit, das Gen ein- oder auszuschalten und so nach Bedarf zu nutzen, war ebenfalls Teil der acht Jahre dauernden Forschungsarbeit. „Als wir ALK spezifisch in der Gehirnregion des Hypothalamus deaktivierten, konnten wir dieselbe Gewichtsreduktion wie in Tieren beobachten, bei denen ALK im ganzen Körper ausgeschalten wurde“, erklärt IMBA-Forscher  Michael Orthofer, der an Mäusemodellen forscht.

Neue Therapieansätze

ALK zu hemmen könnte  neue Therapieansätze  gegen krankhaftes Übergewicht bringen – mit interessantem Zugang.  Penninger: „Nicht eine Pille zum Abnehmen, sondern eine Pille, um nicht zuzunehmen.“ Bis dahin wäre es noch ein langer Weg.  Und klar müsse sein: „Dies ersetzt  nicht, dass wir Sport treiben, gesund essen sollen und auf unsere Gesundheit achten.“