Wissen/Gesundheit

Ernährung: Gibt es Lebensmittel, die "Feinde" für das Herz sind?

Mit einem Anteil von 36 Prozent sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Österreich noch immer die häufigste Todesursache. Der Großteil davon ist auf Atherosklerose zurückzuführen, deren Auftreten wiederum durch die Art der Ernährung mitbestimmt wird. Italienische Wissenschafter haben jetzt eine Neubewertung der vorliegenden wissenschaftlichen Daten zu Nahrungsmitteln und Herzgesundheit vorgenommen: Vor allem die Dosis ist entscheidend, pflanzliche Kost sollte überwiegen.

"Es gibt keinen Hinweis, dass irgendein Nahrungsmittel in Sachen Herz-Kreislauf-Risiko 'giftig' ist. Es ist eine Sache der Quantität und der Häufigkeit ihres Konsums", stellte Gabriele Riccardi von der Universität von Neapel "Friedrich II." zu der jetzt erschienenen Übersichtsarbeit (Riccardi G, Giosue A, Calabrese I, Vaccaro O. Dietary recommendations for prevention of atherosclerosis. Cardiovasc Res. 2021. doi:10.1093/cvr/cvab173) fest.

In der Vergangenheit sei es da zu Fehleinschätzungen gekommen. Der italienische Stoffwechsel- und Diabetesexperte: "Wir haben in der Vergangenheit den Fehler gemacht, einzelne Nahrungsmittel als 'Feind' zu betrachten - und als einzigen Faktor, den man jeweils ändern sollte. Stattdessen sollten wir unsere gesamte Ernährung betrachten. Wenn wir dann die Menge eines Bestandteils reduzieren, ist es wichtig, einen gesunden Ersatz zu wählen."

Die Geschichte solcher einseitiger Interventionen ist lang. So wurden jahrelang Eier als 'Cholesterinbomben' verdammt, Kohlenhydrate kamen genauso in Verruf wie fettreiche Kost. Das Pendeln zwischen den Extremen scheint nicht sehr effizient beim Zurückdrängen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewesen zu sein. Immerhin ging ein Großteil der verringerten Mortalitätsraten durch Herzinfarkt & Co. weniger auf einen gesünderen Lebensstil der Menschen in den westlichen Industriestaaten als auf verbesserte Therapiemöglichkeiten im Krankheitsfall zurück.

Was allgemein gilt

Natürlich gelten einige grundlegende Dinge ganz allgemein. "Insgesamt gibt es durchgängig wissenschaftliche Hinweise, dass für gesunde Erwachsene ein geringer Konsum an Salz und Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs - bei einem erhöhten Konsum von pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkornprodukten, Obst, Gemüse und Nüssen - mit einem geringeren Risiko für Gefäßverkalkung verknüpft sind. Das gilt auch für den Ersatz von Butter und anderen tierischen Fetten durch Pflanzenfette nicht-tropischen Ursprungs wie Olivenöl", schrieb die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zu der neuen Publikation.

Während rotes Fleisch und verarbeitete Produkte (z.B. Wurstwaren) mit einem höheren Herz-Kreislauf-Risiko in Verbindung zu bringen sei, bestehe ein solcher Zusammenhang für Geflügel nicht. Hühnerfleisch etc. Sei bei Mengen von bis zu dreimal hundert Gramm pro Woche unbedenklich. Rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) sollte nicht öfter als zweimal pro Woche (je 100 Gramm) konsumiert werden. Speck, Wurst, Salami & Co. Sollten hingegen die Ausnahme sein.

Für die Gesundheit kommt es aber bei einer Veränderung der Ernährungsgewohnheiten vor allem auf den richtigen Ersatz an. Bis zu viermal je 180 Gramm Gemüse pro Woche können jedenfalls rotes Fleisch als Proteinquelle gut ersetzen. "Für moderaten Fischkonsum (zweimal je 150 Gramm pro Woche) gibt es aktuelle Daten über einen schützenden Effekt gegen Herzkrankheiten. Aber das kann auch eine Frage der Nachhaltigkeit sein", schrieb die ESC. Geflügel könne auch eine gute Alternative zu rotem Fleisch sein, aber nur in Maßen.

Die stärkste Empfehlung gibt es für Obst und Gemüse: täglich bis zu 400 Gramm. Gleichzeitig gebe es für gesunde Menschen derzeit keine Hinweise auf einen positiven Effekt von fettreduzierten Nahrungsmitteln, das sollte eher durch geringere Mengen "normaler" Produkte erreicht werden.

Fermentierte Milchprodukte

Eine Änderung hat sich offenbar bei Milchprodukten ergeben. "Kleine Mengen von Käse, zum Beispiel dreimal je 50 Gramm pro Woche und regelmäßiger Joghurt-Konsum (200 Gramm pro Tag) werden mit einem schützenden Effekt verbunden. Das liegt an ihrer Fermentation. Wir verstehen jetzt, dass die Darmbakterien eine wichtige Rolle beim Herz-Kreislauf-Risiko darstellen. Fermentierte Milchprodukte enthalten 'gute' Keime, welche die Gesundheit fördern", erklärte Riccardi.

Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index (GI) sind für den Diabetologen kritisch zu betrachten, weil sie sehr schnell den Blutzucker erhöhen. Als Ersatz sollten vor allem Vollkornprodukte dienen und Nahrungsmittel mit einem niedrigen GI (Teigwaren, gekochter Reis etc.) dienen.

"Bis zu drei Tassen Kaffee oder Tee werden mit einem geringeren Herz-Kreislauf-Risiko in Verbindung gebracht, Softdrinks - inklusive kalorienreduzierte Varianten - hingegen mit einem höheren und sollten durch Wasser ersetzt werden", stellte die ESC fest. Schließlich sind bis zu zwei Glas Wein für Männer pro Tag bzw. ein Glas für Frauen mit einem geringeren Herz-Risiko korreliert. "Wenn man aber den Effekt von Alkohol insgesamt betrachtet, sollten das die Maximalmengen, keinesfalls Empfehlungen sein", stellte Riccardi fest. "Essen sollte insgesamt ein Vergnügen sein, Änderungen sollten am besten langfristig erfolgen." Überhaupt gehe es auch um die Wiederentdeckung kulinarischer Traditionen - wovon die mediterrane Ernährung eben eine mit köstlichen Varianten sei.