Wirtschaft

Websummit: Wie österreichische Start-ups das Festival für sich nutzten

Die Schlange vor dem Park der Nationen in Lissabon ist mehrere Hundert Meter lang. Knapp eine Stunde vor der Eröffnung des Websummits am vergangenen Montag tummeln sich Tausende Leute am Vorplatz des Geländes, auf dem in den nächsten drei Tagen eine der größten Technologiekonferenzen der Welt über die Bühne gehen wird. Insgesamt werden sich mehr als 70.000 Besucherinnen und Besucher durch die fünf Pavillons gedrängt und auch Stargästen wie Wikipedia-Gründer Jimmy Wales oder Kuo Zhang, dem Chef des chinesischen Online-Riesen Alibaba gelauscht haben.

Nach einem Eklat, das Websummit-Gründer Paddy Cosgrave durch israel-kritisches Posting in sozialen Medien auslöste, haben große Technologieunternehmen - darunter Amazon, Google und Meta - ihre Teilnahme abgesagt. Cosgrove entschuldigte sich und trat zurück. Mehr als 2.600 Start-ups fanden schließlich doch den Weg nach Lissabon. Auch rund 200 Start-ups aus Österreich sind bei der Veranstaltung vertreten. Sie stellen am Websummit aus, nehmen an Wettbewerben teil und tauschen sich mit anderen Gründern und Investoren aus. 

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Eines davon ist Uptraded, dass eine App betreibt, auf der Teenager T-Shirts und Hoodies tauschen können. „Wir wollen Konsumbedürfnisse mit Klimaschutzzielen vereinen“, erzählt Anna Greil. Am Websummit hat sie potenzielle Geldgeber getroffen. „Die hätten wir sonst nie erreicht“, erzählt die Gründerin.

„Wir wollen den nächsten Schritt bei der Internationalisierung machen“, sagt Kosima Kovar vom Wiener Start-up Ada Growth, das eine App anbietet, die Unternehmen hilft, weibliche Talente zu fördern. Ihr Start-up ist bereits in Österreich, Deutschland und der Schweiz vertreten und erkundet jetzt neue Märkte. Am Websummit könne man viele spannende Unternehmen kennenlernen, auch über Europa hinaus, sagt Kovar:„Alle sind darauf aus, von hier etwas mitzunehmen.“ 

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Philip Miglinci hat mit seinem Start-up Glasskube am Wettbewerb des Festivals teilgenommen. Glasskube entwickelt Software, die Unternehmen dabei hilft, Anwendungen in Online-Umgebungen sicher zu betreiben. „Jury und Publikum waren sehr interessiert“, erzählt Miglinci. Für die nächste Runde hat es nicht gereicht. Aus zahlreichen Kontakten zu Entwicklern sollten im Nachgang des Start-up-Festvials aber konkrete Projekte entstehen, hofft der Gründer.

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Inspiration für Firmen

FirmenNach Lissabon gereist sind auch zahlreiche heimische Investoren und rund 100 Vertreter von etablierten österreichischen Unternehmen. Sie lassen sich von den Start-ups inspirieren, erzählt Michael Otter, Leiter der Außenwirtschaft Austria, die mit einem Stand den rund 500 österreichischen Besuchern eine Anlaufstelle bieten will. 

Österreich habe viel zu bieten, sagt Kambis Kohansal Vajargah, der in der WKO für Start-ups zuständig ist. „Wir haben ein gutes Start-up-Ökosystem und international orientierte junge Firmen in vielen Bereichen - von der Klima- und Gesundheitstechnologie bis zur Mobilität. „Das Websummit ist eine gute Gelegenheit, das auch zu zeigen.“ 

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Rund 24.000 IT-Fachkräfte fehlen aktuell am österreichischen Arbeitsmarkt.  Auf einer der größten Technologiekonferenzen der Welt, wo sich Spezialisten aus 153 Ländern tummeln, nach  Programmierern und Systemadministratoren zu suchen  liegt also auf der Hand. Auch am Österreich-Stand am Websummit in Lissabon wurde um Fachkräfte geworben. 

Ins Treffen werden dabei nicht nur innovative heimische Unternehmen, die Forschungsquote von 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sowie der hohe Anteil der Industrie an der heimischen Wirtschaftsleistung geführt. Auch hohe soziale Standards, leistbares Wohnen, 13 Feiertage und trinkbares Leitungswasser werden angeführt. „Das gibt es in vielen Ländern nicht“, hieß es bei einer Präsentation der Austrian Business Agency (ABA)

Um Fachkräfte wirbt die Wirtschaftskammer heuer schwerpunktmäßig in sechs Ländern, darunter Albanien, Brasilien und Indonesien. Bei den IT-Job Days werden nächste Woche auch österreichische Firmen mit IT-Talenten aus der ganzen Welt online zusammengeführt. Laut der WKO haben sich bereits über 700 Fachkräfte dafür angemeldet. 

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Vernetzt haben sich heimische Start-ups auch am Rande des Groß-Events. Etwa bei dem von der Außenwirtschaft der WKO veranstalteten Format Superconnectors. Dort warb Franz Drack um Unterstützung. Sein Unternehmen hat den legendären österreichischen Ausflugsrucksack Kamarg wiederbelebt.  Nach einem coronabedingten Rückschlag will man jetzt neu durchstarten. Dazu sucht der Gründer Kontakte zu Händlern.  Aus dem Publikum erhielt er viele Angebote.

Fündig wurde auch Uptraded-Gründerin Greil. Das britische Start-up Bandi verfolgt mit seiner App ähnliche Ziele wie sein österreichisches Pendant und hat ebenfalls eine Tausch-App für Kleidung ins Leben gerufen.  „Es ist schön, zu sehen, dass auch an anderen Plätzen solche Ideen verfolgt werden“, sagt Greil. Gut möglich, dass sich auch eine Zusammenarbeit ergibt:„ Sie sind offen für Kooperationen.“