Wirtschaft

Schutz oder Abschreckung: Streit um Schramböcks Vorstoß

Viele heimische Unternehmen sind durch die Coronakrise geschwächt. Damit Investoren aus Fernost diese Unternehmen nicht schlucken, soll eine Art Schutzwall errichtet werden. „Österreich darf nicht naiv sein“, warnt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und befürchtet, dass ausländische Investoren „Schnäppchen zum Billigpreis“ haben möchten.

Dem will die ÖVP-Ministerin einen Riegel vorschieben: Ein Investitionskontrollgesetz, von Schramböck schon seit Monaten immer wieder angekündigt, soll nun heimische Firmen vor Übernahmen aus dem Ausland besser schützen. Besonders chinesische Einkäufer hat man dabei im Visier.

Der Ministerrat hat das Gesetz bereits passiert, es befindet sich nun in Begutachtung.Was sich wie Krisenabwehr der österreichischen Regierung anhört, ist allerdings nichts anderes als eine fällige Umsetzung einer EU-Verordnung aus dem Vorjahr.

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Allerdings: Hierzulande bedeute „der vorliegende Gesetzesentwurf einmal mehr ein Gold Plating zu Lasten der heimischen Wirtschaft“, heißt es in einer nun dem KURIER vorliegenden Stellungnahme der Wirtschaftskammer.

Hintergrund: Künftig soll es ab einer Anteilsübernahme von 25 Prozent eine Genehmigungspflicht für Investoren aus Drittstaaten geben. In den sensiblen Bereichen Verteidigung, Energie, digitale Infrastruktur, Wasser, Daten, Forschung und Entwicklung werden die Zügel noch viel enger angelegt: Hier soll die Wirtschaftsministerin schon ab zehn Prozent „nein“ sagen dürfen.

Ein Beispiel dafür wäre das erfolgreiche Wiener Unternehmen Themis Bioscience, das Ende Mai vom US-Pharmariesen Merck übernommen wurde. „Das ist genau so ein Fall, wo wirksame Kontrolle schon notwendig gewesen wäre“, sagt Schramböck. Wenige Tage zuvor hatte sie allerdings noch gelobt, dass mit dem Investment der Standort Österreich gestärkt werde.

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Mit ihrer geplanten Investitionskontrolle geht Schramböck weit über das hinaus, was die EU-Kommission vorgibt: In der Brüsseler Screening-Verordnung für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU ist nämlich von keinen Schwellenwerten für die Prüfpflicht die Rede.

Gefordert wird lediglich mehr Kooperation der Staaten untereinander, um Informationen auszutauschen bzw Bedenken auf bestimmte Investitionen zu äußern.

Gegen staatliche Subventionen

Vergangene Woche legte die Kommission allerdings noch einmal nach – vor allem mit Blick auf Investoren aus China: Übernahmen von europäischen Firmen durch unfair staatlich subventionierte Unternehmen aus dem Ausland sollen erschwert werden.

Der Plan: Will ein ausländischer Investor mehr als 35 Prozent einer EU-Firma mit einem Umsatz von mindestens 100 Millionen Euro kaufen, muss die EU-Kommission dies prüfen, sollte der Investor in den vergangenen drei Jahren mehr als (umgerechnet) zehn Millionen Euro Staatshilfe erhalten haben. Nur so, sagte EU-Kommissarin Margrethe Vestager, könnten innerhalb des EU-Binnenmarktes die fairen Wettbewerbsbedingungen erhalten bleiben.

WKO: "Überschießender Eingriff"

Angesichts der verschärften, aber dennoch weit hinter den österreichischen Vorhaben liegenden Plänen Brüssels, legt sich die Wirtschaftskammer umso heftiger gegen Schramböcks Gesetz quer: Es sei ein „überschießender Eingriff in die unternehmerische Freiheit“, ist im brieflichen Statement zu lesen, der „dem Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig schaden wird“.

183 Milliarden Euro haben Auslandsinvestoren im Vorjahr in Österreich eingebracht. 30 Prozent der in der heimischen Industrie Beschäftigten sind in mehrheitlich in auslandskontrollierten Unternehmen tätig. Diese Unternehmen tätigen mehr als die Hälfte aller Forschungsausgaben in Österreich.

Müssten also künftig nahezu alle Einkäufe geprüft werden, warnt die WKÖ, bedeute dies einen riesigen bürokratischen Mehraufwand, schränke die unternehmerische Freiheit ein und könnte künftige Kapitalgeber abschrecken.

Kontrollen und Prüfungen – ja, aber nur bei ausländischen Direktinvestitionen, die Sicherheit oder öffentliche Ordnung gefährden würden, sagt die WKÖ.

Eine 10-Prozent-Schwelle lehnt die Kammer in jedem Fall ab. „Bei einem Erwerb von 10 Prozent der Stimmenanteile kann noch kein entscheidender Einfluss auf das Unternehmen ausgeübt werden“.

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Und was sagt die Industriellenvereinigung? Den „Gedanken“ eines Investitionsschutzgesetzes hält der neu gewählte Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, für „absolut legitim“, wie er vor kurzem in einem Interview mit dem KURIER sagte. Schließlich gehe es um die Frage, wie man kritische Infrastruktur und sensible Technologien in Europa vor Übernahmen aus Drittländern schützen müsse.

Knill sieht dabei in erster Linie die EU gefragt. „Wir müssen das auf eine europäische Ebene bringen. Wir müssen uns klar darüber werden: was wollen wir in Europa produzieren und was nicht? Dazu braucht es auf europäischer Ebene eine Industrie-Strategie.“ Sollte das nicht gelingen, werde Europa „bald ein Problem bekommen.“

Gefährdete Eigentumsrechte

Dennoch sieht auch Knill ein Problem: Eigentumsrechte würden eingeschränkt. „Wenn ich als Unternehmer nicht mehr die Möglichkeit habe, mein Unternehmen oder Teile davon zu verkaufen, weil der Staat dagegen ein Veto einlegt, dann muss der Staat Alternativen schaffen.“ 

Eine Möglichkeit wäre in solchen Fällen eine zwischenzeitliche Beteiligung des Staates. „Aber mit klaren Exit-Strategien“, betont Knill. Denn daraus dürfe nicht folgen, „dass wir dann wieder nach dem starken Staat rufen, der sich bei jedem Unternehmen beteiligen soll. Die Vergangenheit hat klar gezeigt, dass der Staat kein guter Unternehmer ist.“