Wirtschaft

Mehr Frauen an die Spitze - auch in vermeintlichen "Männerdomänen"

Der Weltfrauentag am 8. März ist jedes Jahr Gelegenheit, besonders laut auf Ungerechtigkeiten wie den Gender Pay Gap, die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit zu Lasten von Frauen hinzuweisen.

Den diesjährigen Frauentag nahmen Dienstagabend auch sieben erfolgreiche Damen zum Anlass, zum Thema "The Women of Wall Street" zu diskutieren. Nicht nur zu Frauen in der Finanzwelt, sondern auch in Diplomatie und im Tech-Bereich - alles Sparten, die lange als Männerdomänen galten und zum Teil noch immer gelten. Die Veranstaltung wurde von der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft ÖAG in Kooperation mit dem KURIER organisiert.

Nicht ein goldener Lösungsweg

Gleich vorneweg: "The one single thing, das uns helfen wird, das gibt es nicht" - ist sich Christine Antlanger-Winter, Chefin von Google Österreich, sicher. Es brauche vielmehr ein Bündel an Maßnahmen - die Finanzbildung von Frauen zu erhöhen, zum Beispiel. Mehr Rolemodels zu schaffen. "Also die zeigen, die Inspiration zeigen und Austausch fördern", so Antlanger-Winter. Und: "Jeden dort abholen, wo die natürlichen Interessen gelagert sind, und das mit Technologie verknüpfen", sagt sie in Hinblick auf einen Fachkräfte- und vor allem Frauenmangel in ihrer Branche. "Die Technologie ist ja ohnehin Teil des Lebens, wie auch die Finanz."

Möglichkeiten für Unternehmen

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Maßnahmen - die durchaus auch Unternehmen in der Hand haben, wenn sie das wollen, auch abseits von direkten Quotenregelungen. Natalie Westerbarkey, Director bei der Fondsgesellschaft Fidelity International, nannte ein Beispiel: Auch die Unternehmen, in die man investiert, müssen laut einer neuen Policy in ihrem Unternehmen unter anderem mindestens 30 Prozent der Aufsichtsratspositionen mit Frauen besetzen. "Wenn das Unternehmen die Quote nicht erfüllt, gehen wir ins Gespräch und geben die Chance, nachzubessern", sagte Westerbarkey. Eine sofortige Veräußerung der Titel hält sie bei Nichterfüllen der Quote nicht für zielführend, weil "man ja auch nur einwirken kann, wenn man investiert bleibt". Aber: "Die Ultima Ratio ist auch das Veräußern", sagte sie, wenn die Unternehmen nicht gewillt sind, die Policy von Fidelity International umzusetzen.

Interessante Initiative

Eine andere Idee nannte Anita Frühwald, Country Head Austria & CEE bei BNP Paribas Asset Management, einer Tochter der gleichnamigen französischen Großbank. Ihr Unternehmen sei vor einigen Jahren einer Initiative beigetreten, die übersetzt "nicht ohne sie" heißt. "Unsere Executive Committee-Members der gesamten BNP Paribas-Gruppe haben sich dazu verpflichtet, nicht zu einer Diskussionsrunde zu gehen, wenn die Diskussionsrunde mehr als drei Teilnehmer hat und keine Frau dabei ist." Die Moderatorin gelte übrigens nicht. Damit begegne man in ihrem Unternehmen dem Phänomen, dass Frauen bei der Einlagung zu Diskussionsveranstaltungen zögern, Männern leicht den Vortritt ließen oder Frauen schlicht zu wenig eingeladen werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Frühwald hob auch das Arbeits- und Sozialrecht in Frankreich hervor, das vor allem gutverdienende Frauen dazu ermutigt, nicht lange in Karenz zu bleiben. Nach 6 bis maximal 12 Monaten ist die Karenzzeit in Frankreich vorbei. Hier werde man auch nicht Rabenmutter genannt, so Frühwald, wenn man das Kind in eine Kinderkrippe bringt. "Das Wort existiert im Französischen gar nicht." Und: Das französische Steuersystem bevorzugt die, die viele Kinder haben. "Je mehr Kinder sie haben, desto weniger Steuern zahlen sie", erklärte Frühwald. "Muttersein behindert eine Karriere nicht."

Zu lange Karenz, zu früh in Pension

"In Österreich glaubt man, für Karriere auf Kinder verzichten zu müssen", ergänzte zu dem Thema auch KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon. Sie selbst ist sicher, dass Frauen zu lange in Karenz bleiben. Diese Entwicklung hätte die Pandemie noch verschärft. Außerdem gingen Frauen für ihren Geschmack zu früh in Pension. "Ich bin mit 58 Jahren Chefredakteurin geworden. Seither fragt mich alle paar Monate die Leute, wann ich eigentlich in Pension gehe. Einen 58-jährigen Mann würde das niemand fragen." Jetzt sei sie übrigens 61,5 Jahre alt - und noch immer Chefredakteurin, fügte sie hinzu. Und. Männer würden viel selbstbewusster Gehalter fordern, erzählte sie aus ihrer eigenen Erfahrung aus mittlerweile 20 Jahren in Führungspositionen.

Mentoringprogramm

Astrid Harz, österreichische Botschafterin in den Niederlanden, stellte bei der Diskussion das von ihr ins Leben gerufene Mentoringprogramm "Mentoring4future" vor, das sich an junge Frauen in der Diplomatie und im internationalen Recht richtet. "Arrivierte Frauen geben dabei an jüngere Kolleginnen ihre Erfahrungen weiter", so Harz. Das Programm ist kürzlich gestartet, aktuell gibt es über zehn potenzielle Mentorinnen und 30 interessierte junge Frauen, die sich als Mentee beworben haben.

Einigkeit herrschte am Podium darüber, wie wichtig neben Frauenförderprogrammen wie Mentoring auch Frauennetzwerke für die Karriere von Frauen sind. "Ich netzwerke sehr, sehr gern", sagte etwa Barbara Katzdobler, Fondsmanagerin bei Matejka & Partner Asset Management. "Ich finde auch, dass das Netzwerken von Frauen unterschätzt wird. Es ist sehr wichtig, am Wiener Finanzmarkt vernetzt zu sein." Ein Nachsatz von Natalie Westerbarkey dazu: "Ich halte es aber für genauso wichtig, geschlechterübergreifende Netzwerke zu betätigen. Wir finden die Lösung nur, wenn beide Geschlechter sich der Situation bewusst sind und sie verändern wollen", meinte sie in Hinblick auf mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Der goldene Rat

Zum Abschluss der Diskussionsveranstaltung wurden die Diskutantinnen von Moderatorin Monika Rosen, Vizepräsidentin der ÖAG, um ihren goldenen Rat an junge Frauen gefragt. Diese reichen von "nicht den Mut verlieren" (Natalie Westerbarkey) über "tu Gutes und sprich darüber" (Anita Frühwald) bis hin zu "Mut haben, aus der Reihe zu tanzen und aktiv Entscheidungen zu treffen" (Barbara Katzdobler).

Rosen selbst formulierte zum Abschluss des Events den besten Rat, den sie selbst bekommen hat: "Bevor ich in die Schule gekommen bin, hat mein Vater einen einzigen Satz zu mir gesagt: 'Du brauchst dir von niemandem etwas gefallen lassen.' Ich hoffe, ich bin dem gerecht geworden."

Die Veranstaltung zum Nachsehen:

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