OMV: Araber wollen milliardenschwere Sonderdividende
Von Andrea Hodoschek
Souverän, authentisch und glaubwürdig. So schildern Manager und Mitarbeiter des teilstaatlichen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns den ersten Auftritt ihres neuen Chefs vor der Belegschaft. Alfred Stern, 56, steht erst seit 1. September an der Spitze der OMV, bringt aber jetzt schon Aufbruchstimmung in Österreichs größtes Industrie-Unternehmen.
Diese braucht die OMV dringend. Der Konzern steht „vor dem größten Wandel der Unternehmensgeschichte“, erklärte Stern anschließend vor Medien. Die gesamte Branche werde sich verändern, „in den nächsten zehn Jahren wird kein Öl- und Gasunternehmen so aussehen wie heute“.
Die wesentlichen Säulen der Transformation seien Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und das Bekenntnis zu den Pariser Klimazielen, erklärte Stern. Derzeit arbeitet der Vorstand eine neue Strategie aus, die Ende 2021 stehen und im ersten Quartal 2022 veröffentlicht werden soll. Der KURIER berichtete bereits online.
„Mit Kritik umgehen können“
Stern will nicht nur die OMV strategisch zum Nachhaltigkeitskonzern umbauen, sondern auch eine andere Unternehmenskultur etablieren, als sie sein Vorgänger Rainer Seele pflegte, der tiefe Gräben im Unternehmen aufgerissen hatte. Die Unternehmenskultur sei ein „essenzielles Element der Transformation“. Am wichtigsten dabei sei der Aufbau einer „Vertrauens- und Lernkultur“. Man müsse mit Kritik umgehen können und brauche den Diskurs, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Auch nach außen hin will Stern das Klima verbessern. Beispielsweise, indem er gegenüber Greenpeace und anderen Stakeholdern auf den Dialog setzt.
„Man spürt regelrecht das Aufatmen, das durch die Firma geht“, sagt ein OMV-Manager gegenüber dem KURIER. In der ersten und zweiten Führungsebene spricht man von einem „vertrauensvollen Beginn. Jeder weiß jetzt im Haus, dass sich viel verändert und da ist Vertrauen ganz wichtig“. Auch die Zusammenarbeit mit Vize-CEO Johann Pleininger scheint gut zu funktionieren.
Spannend wie ein Krimi
Sterns Kür zum Vorstandsvorsitzenden war bis zuletzt spannend wie ein Krimi. Pleininger ist seit mehr als 40 Jahren im Konzern und wäre der logische Nachfolger gewesen. Doch Seele hatte beim Miteigentümer Mubadala (31,5 Prozent) seinen Schützling Thomas Gangl favorisiert und, wie man hört, gegen Pleininger interveniert. Sodass die Abu Dhabis Pleininger als Nummer eins ablehnten und für Gangl votierten. Seele hatte Gangl mit einem für OMV-Standards unüblich attraktiven Vertrag noch schnell als CEO in die Borealis gesetzt.
Der gut vernetzte Pleininger wiederum hatte die ÖVP mit Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hinter sich, galt aber als traditioneller Öl- und Gasmanager. Die OMV ist ein großer Arbeitgeber in NÖ.
Im Rennen war auch Christina Verchere, Chefin der rumänischen Öl- und Gasgruppe Petrom, an der die OMV die Mehrheit hält. Die Schottin lieferte eine hervorragende Präsentation, spricht allerdings kein Wort Deutsch.
Nach langwierigen Verhandlungen einigten sich die Eigentümervertreter dann auf den damaligen Borealis-Chef Alfred Stern. Die Republik Österreich hat gemäß dem Syndikatsvertrag mit Mubadala das Nominierungsrecht für den CEO.
Abcashen
Stern ließ vor Journalisten die Frage offen, ob die OMV die restlichen 25 Prozent an der Chemie- und Kunststoffgruppe Borealis auch noch übernimmt, wie es ursprünglich geplant war. Für die Aufstockung auf die Mehrheit hatte die OMV an Mubadala rund vier Milliarden Euro gezahlt.
Doch angesichts der hervorragenden Ergebnisse von Borealis dürften die Araber Appetit auf einen noch höheren Kaufpreis bekommen haben. Borealis konnte im ersten Halbjahr 2021 den Nettogewinn auf 821 Millionen Euro fast vervierfachen und lieferte die Hälfte des OMV-Konzerngewinns. Die Preisvorstellungen der Abu Dhabis für den restlichen Borealis-Anteil sollen jedoch viel zu hoch sein, meint man in der Branche.
Die Miteigentümer vom Golf dürften sich eine andere Möglichkeit überlegen, aus der OMV mehr Geld herauszuziehen. Wie man von Insidern hört, möchte Mubadala eine Sonderdividende. Kolportiert wird eine Größenordnung von rund 1,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Für 2020 schüttete die OMV nicht einmal die Hälfte an alle ihre Aktionäre aus, die Dividende betrug 605 Millionen Euro. Wird spannend, ob sich die Araber mit ihren finanziellen Begehrlichkeiten durchsetzen können.
andrea.hodoschek