Insolvente Familie Benko Privatstiftung: Gläubiger fordern 2,279 Milliarden Euro
„Nachdem sich der KSV1870 als Gläubigervertreter einen ersten Überblick über die wirtschaftliche Gebarung der Insolvenzschuldnerin vor der Insolvenzeröffnung machen konnte, verstärkt sich der Eindruck, dass die Insolvenzschuldnerin über Jahre als eine Art Finanzierungsvehikel innerhalb der SIGNA-Gruppe genutzt wurde. Der Insolvenzverwalter hat bereits angekündigt, dass er sich auch im Hinblick auf den Stiftungszweck ansehen werde, ob etwa Darlehensgewährungen an Herrn Benko oder Gesellschaften der SIGNA-Gruppe ohne entsprechende Besicherungen in der Stiftungs- oder Stiftungszusatzurkunde Deckung finden“, sagt KSV1870-Experte Klaus Schaller.
Laut Creditreform wurden bisher 2,279 Milliarden Euro Forderungen angemeldet, aber Forderungen in Höhe von 2,23 Milliarden Euro werden bestritten. „Einige Gläubiger aus der Gläubigerliste haben überhaupt noch nicht angemeldet – obwohl die Forderungen wohl bestehen“, so Creditreform. So gibt es auch noch keine Forderungsanmeldung des Finanzamts, das erst Informationen einsammelt. Die Vorstände der Familie Benko Privatstiftung erklärten im Insolvenzeröffnungsantrag, dass es Verbindlichkeiten in Höhe von rund 854 Millionen Euro geben würde.
Indes ist laut Creditreform nicht genügend Vermögen vorhanden, um die Massekosten seit Verfahrenseröffnung abzudecken. Der Insolvenzverwalter hat deshalb Masseunzulänglichkeit angezeigt.
Detail am Rande: Laut Masseverwalter Matzunski sind sowohl Benko als auch Familienmitglieder Begünstigte der Stiftung.
Der Hintergrund
"Die Schuldnerin wurde im Jahr 2001 von den Stiftern René Benko und dessen Mutter Ingeborg Benko errichtet. In den Jahren 2007, 2010 und letztmalig 2013 gab es Änderungen in der Stiftungs- oder Stiftungszusatzurkunde. Demnach soll das Stiftungsvermögen dem Erhalt der Signa-Unternehmensgruppe dienen. Daneben soll die Versorgung der Begünstigten, das ist bis zu dessen Ableben Herr René Benko und danach seine Nachkommen bzw. Verwandte, sichergestellt werden", so der KSV1870. "Nach Angabe der Stiftungsvorstände habe die Insolvenzschuldnerin ab dem Jahr 2013 keine Ausschüttungen mehr an den Begünstigten René Benko getätigt. Wie sich im Insolvenzverfahren des Herrn René Benko nun aber herausstellte, wurden in den vergangenen Jahren Darlehen in Millionenhöhe von der Familie Benko Privatstiftung an Herrn Benko persönlich gewährt."
Nicht werthaltig
Die Familie Benko Privatstiftung hat ein Darlehen in Höhe von rund 22 Millionen Euro René Benko gewährt ohne Besicherungen. Der Insolvenzverwalter hat diesen Betrag bereits im Insolvenzverfahren des Einzelunternehmers René Benko geltend gemacht. Dieser Anspruch sei dort anerkannt worden, so der KSV1870.
"Daneben hat die Familie Benko Privatstiftung einen Anspruch aus einem Darlehen gegen die SIGNA Holding GmbH in Höhe von etwa 75 Millionen Euro in deren Insolvenzverfahren angesprochen. Diese Forderung ist aktuell jedoch bestritten, wobei erhebliche Gegenforderungen von der SIGNA Holding GmbH gegenüber der Familie Benko Privatstiftung geltend gemacht werden", heißt es weiter. "Der Insolvenzverwalter erklärte heute weiter, dass zusätzlich Kredite an mehrere Gesellschaften der SIGNA-Gruppe in Höhe von etwa 200 Millionen Euro von der Familie Benko Privatstiftung gewährt wurden. Diese Ansprüche dürften – nach einer ersten Einschätzung – zum überwiegenden Teil nicht werthaltig sein."
Die Insolvenzursachen
Die Familie Benko Privatstiftung hat als Mitgesellschafterin der mittlerweile insolventen SIGNA Holding GmbH mehrere Kapitalerhöhungen mitgemacht, um den Erhalt der Signa-Gruppe zu sichern. Auch, um den an der SIGNA-Holding GmbH gehaltenen Gesellschaftsanteil von 10,1 Prozent nicht zu verwässern. "Gelang die Finanzierung dieser Kapitalerhöhungen anfangs noch auf Basis von Ausschüttungen aus der Signa-Sphäre, wurden in den vergangenen Jahren zunehmend Kredite bei Banken oder privaten Geldgebern von der Familie Benko Privatstiftung aufgenommen", heißt es weiter.
1,25 Milliarden Euro Steuern
"Aus Sicht der gesamten SIGNA-Gruppe kommt der Familie Benko Privatstiftung eine ganz zentrale Funktion zu. Im Fall eines Weiterverkaufs von Liegenschaften nach Ablauf der Behaltefrist von 10 Jahren durch - der Signa Holding GmbH nachgeschalteten - Gesellschaften werden bei der Beteiligung einer „Altgesellschafterin“, wie sie die Familie Benko Privatstiftung an der Signa Holding GmbH darstellt, keine Grunderwerbsteuern vom Fiskus vorgeschrieben. Die Insolvenzschuldnerin fungiert in diesem Konstrukt sohin als eine Art „Steuerblockerin“, so der KSV1870. "Dabei ist von einer möglichen Steuerbelastung von insgesamt rund 1,25 Milliarden Euro in Österreich bzw. Deutschland auszugehen. Es ist sohin verständlich, dass der Erhalt der Beteiligung der Familie Benko Privatstiftung als „Altgesellschafterin“ an der SIGNA Holding GmbH im Ausmaß von 10,1 Prozent für die wirtschaftliche Lage der gesamten SIGNA-Gruppe wesentlich war und immer noch wesentlich ist."