Kunst für den Augenblick: Die besten Städtetrips für den Sommer
Von Ulla Grünbacher
Lange Zeit war Kunst und Kultur im Krisenmodus. Doch gerade in der Pandemie brauchen wir neuen Stoff zum Träumen, Inspirationen und Anregungen. Kunst als Live-Erlebnis ist nach der Zeit, in der Kultur nur online möglich war, eine willkommene Abwechslung. Fast in jeder Stadt sind in den Sommermonaten Freiluft-Installationen zu finden, die dazu einladen, dass man ein Erinnerungsfoto schießt. Wie sehr temporäre Installationen das Publikum anlocken, zeigt die optische Illusion, die derzeit in Paris zu sehen ist. Die Menschen stehen Schlange, um das Kunstwerk aus der Nähe besichtigen zu können und ein Selfie davon zu machen, wie man über die Schlucht springt.
Wer in den nächsten Wochen auf Reisen ist, findet bestimmt die eine oder andere Installation, die es wert ist, einen Augenblick zu verweilen. Auch jene, die im eigenen Land urlauben, gehen nicht leer aus. In Linz gibt es beim „Höhenrausch“ viel zu entdecken, in Wien kann man sich im Theseustempel einen Weg durch durchscheinende Silikonfäden bahnen. Nina Auinger-Sutterlütty, Sprecherin des Kunsthistorischen Museums Wien: „Susanna Fritschers Installation im luftigen Theseustempel bietet gerade jetzt einem breit gefächerten Publikum einen ganz besonderen Kunstgenuss im öffentlichen Raum. Wir freuen uns, dass dies auch als Ort der Kontemplation gesehen wird.“
London
Mitten im Zentrum der britischen Hauptstadt ist anlässlich der London Design Biennale eine grüne Oase entstanden. Die Installation „Forest for Change“ besteht aus 400 Bäumen und über 30 internationalen Pavillons. Im großen Innenhof des Somerset House kann der Wald bis 27. Juni besichtigt werden, Pfade führen zu einer Lichtung mit einer Einrichtung der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. Ein eindringliches Klangstuck von Brian Eno, der Lieder von Morgenvögeln aus der ganzen Welt aufgenommen hat, trägt zum Erlebnis bei. Die Bäume werden Ende Juni an die Boroughs of London gespendet. www.londondesignbiennale.com
Eigentlich sollte der 20. Serpentine Pavillon der Serpentine Gallery beim Kensington Garden bereits im Vorjahr eröffnet werden, doch wie so vieles wurde die Eröffnung verschoben. Der Pavillon des südafrikanischen Architekturbüros Counterspace (im Bild Architektin Sumayya Vally) wurde am 11. Juni eröffnet, und kann bis 17. Oktober bei freiem Eintritt besichtigt werden. Der runde Pavillon besteht aus wiederverwertetem Stahl, Kork und Holz, das mit rosa und braunem Mikrozement bedeckt ist. Für das Design ließ sich die Architektin von Räumen der Stadt inspirieren, die wichtig für Migrantengemeinschaften sind, wie Cafés, Bibliotheken und Friseursalons.
Der amerikanische Designer mit nigerianischen Wurzeln, Ini Archibong, posiert (Bild) vor dem Pavillon „The Shell“ der „African Diaspora“, den er kuratiert hat, während der London Design Biennale im Somerset Haus. Der Pavillon ist inspiriert von der transatlantischen Sklavenroute, das Projekt ist eine monumentale Darstellung der Reisen der Vorfahren. „The Shell“ ist von Muscheln und Kaurischnecken inspiriert. Wenn diese Muschel wie ein Musikinstrument genutzt wird, ertönt ein Schrei. Historisch wurden sie in ganz Afrika für Währung und Handel verwendet. Der Designer will mit der Installation an die Debatte über den Wert schwarzen Lebens anknüpfen. In dem Pavillon ist ein Basar untergebracht. Zu sehen bis 27. Juni beim Kensington Garden. www.londondesignbiennale.com
Paris
Die französische Hauptstadt hat neuerdings einen Grand Canyon: Unter dem Eiffelturm tut sich ein virtueller Abgrund auf, der in kürzester Zeit zum begehrten Selfie-Motiv geworden ist. Die optische Täuschung geht auf den Street-Art-Künstler Jean René alias JR zurück. Er hat auf dem Trocadero-Platz gegenüber des Eiffelturms eine schwarz-weiße Fotocollage angebracht, die den Eindruck erweckt, unter dem Wahrzeichen klaffe eine Schlucht. Wer die Installation live erleben will, hat nur mehr wenige Tage Zeit, denn sie ist nur bis 17. Juni zu sehen. JR hat sie im Auftrag des benachbarten Palais de Chaillot erstellt, der das nationale Tanztheater beherbergt. JR ist einer der weltweit bekanntesten Street-Art-Künstler. Ab Juni ist seinem Werk eine Ausstellung in der Londoner Saatchi-Gallerie gewidmet.
Singapur
„Glass In Bloom“ heißt die Ausstellung in Singapurs „Gardens by the Bay“ und im „Bayfront Pavilion“ , die aktuell zu sehen ist. Gezeigt werden Glasskulpturen wie „Setting Sun“ und „Fiori Verde“ (Bild) sowie Installationen des amerikanischen Künstlers Dale Chihuly (80). „Glass in Bloom“ ist die erste große Gartenausstellung des Künstlers in Asien. 25 seiner farbenfrohen Werke werden gezeigt, außerdem mehr als 80 Skulpturen auf Sockeln sowie zwei überdimensionale Arbeiten. Diese Ausstellung zeigt die Vielseitigkeit der Glaskunst und bietet einzigartige Szenarien durch die Mischung aus Kunst und Natur. Die Arbeiten des Künstlers sind weltweit in mehr als 200 Museen vertreten. Zu sehen bis 1. August. Mehr Infos und Tickets unter: www.chihulyinbloom.com
Wien
Ein Parcours aus Tausenden durchscheinender Silikonfäden, die sich vom Boden des Theseustempels des KHM bis an die Decke erstrecken: Die zwischen bemalten Stahlstrukturen gespannte Installation von Künstlerin Susanna Fritscher soll durch den Luftstrom in eine „sanft vibrierende Schwingung“ versetzt werden und so einen „eigenen Atem“ entwickeln. „Die Luft hat nun eine Textur, einen Glanz, eine Qualität; wir nehmen ihren Fluss, ihre Bewegung wahr“, beschreibt die Künstlerin ihr Werk. Bis 3. Oktober kann man den Tempel bei freiem Eintritt besuchen. www.khm.at
Linz
Das Ausstellungsformat „Höhenrausch“ im OÖ Kulturquartier und über den Dächern von Linz widmet sich 2021 dem Thema „Wie im Paradies“. In der von Martin Sturm und Rainer Zendrom kuratierten Ausstellung geht es um Träume, Glück, das Paradies als Leitvorstellung des Lebens, umgesetzt von 40 Künstlern. Auf der Stahlkonstruktion im voestalpine open space lässt Eva Schlegel ein Naturparadies aus Kirschblüten, Glyzinien und Elefantengras entstehen, durch Spiegelungen entsteht die optische Täuschung. Zu sehen bis 17. Oktober. www.hoehenrausch.at
New York
Eingekleidete Bäume, tanzende Kürbisse und viele bunte Punkte: Die Werke der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama (92) sind seit Kurzem im Botanischen Garten von New York bei der Ausstellung „Kusama: Cosmic Infinity“ zu sehen. Im Bild: Dancing Pumpkin. Die Schau in der Grünanlage in der Bronx soll sich vor allem um Kusamas Engagement für die Natur drehen und zwischen mehr als einer Million Pflanzen zahlreiche Skulpturen und Installationen der Künstlerin zeigen. Kusama, die vor allem mit ihren „Polka Dots“ berühmt geworden ist, hat bereits auf der ganzen Welt ausgestellt und ist zu einer der erfolgreichsten Künstlerinnen ihrer Generation geworden. In Tokio hat sie inzwischen ein eigenes Museum. Zu sehen bis 31. Oktober. Infos & Tickets: www.nybg.org
Duisburg
Der Emscherkunstweg befindet sich in Duisburg, die Stadt ist Teil der Metropolregion Rhein-Ruhr mit zehn Millionen Einwohnern. Der Kunstweg ist eine ständige Sammlung von Kunst im öffentlichen Raum entlang des Flusses Emscher. Heuer ist das neunzehnte Kunstwerk entstanden: „Neustadt“ von Julius von Bismarck in Zusammenarbeit mit Marta Dyachenko. Die 23 Gebäudeskulpturen von einst real im Ruhrgebiet existierenden Häusern im Maßstab 1:25 erzählen von der Nachkriegsarchitektur und der Stadtentwicklung in der Metropolregion. Die Stadt aus abgerissenen Häusern, Wohntürmen, Schulen und Schwimmbädern, ist Erinnerungsmaschine und Utopie zugleich. Die Installation ist beim Landschaftspark Duisburg-Nord zugänglich. www.emscherkunstweg.de