Wirtschaft

Brexit: Viele Traditionsmarken sind schon von der Insel gesprungen

Mit Sicherheit britisch, kann doch gar nicht anders sein – das könnte man bei vielen Marken und Produkten denken, die unter dem Union Jack groß und bekannt geworden sind. Etliche davon haben allerdings mittlerweile Eigentümer, die nicht auf der Insel zu Hause sind. Schon lange vor dem Referendum hat der Brexit etlicher Marken stattgefunden. Einige Beispiele dafür:

 

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Abenteuerlich wie Agent 007 war auch sein Lieblingsauto unterwegs. Die ersten Aston Martins wurden vor mehr als 100 Jahren gebaut. 1987 bis 1994 schluckte US-Autoriese Ford das britische Unternehmen Schritt für Schritt. In den 2000er-Jahren verkaufte er es wieder. Zuletzt gehörte Aston Martin mehrheitlich zwei kuwaitischen und einem italienischen Fonds. Im Vorjahr kam ein kleiner Teil an die Londoner Börse.

 

  • Financial Times

Dem Namen „London Financial Guide“ war kein langes Leben beschieden: Am 10. Jänner 1888 erstmals veröffentlicht, schon am 13. Februar in Financial Times umbenannt. Dabei ist es jedoch bis heute geblieben. Allerdings ist die Wirtschaftszeitung, die weltweit täglich 930.000 Leser erreicht, seit 2005 japanisch: Sie gehört der Nikkei Group.

 

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  • Beefeater

Für viele Österreicher steht Beefeater Gin für London und den Tower. Aus gutem Grund, ist er doch nach den Ordnungshütern der Festung – umgangssprachlich „Beefeater“ – benannt. Seit 1987 ist die Marke im Eigentum des französischen Spirituosenkonzerns Pernod Ricard. Die Franzosen schluckten mittlerweile auch die schottische Whiskey-Marke Chivas Regal.

 

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  • Harrods

Das Warenhaus gilt als britische Ikone, wechselte aber immer wieder den Besitzer. 1959 wurde es vom schottischen Rivalen House of Fraser und 1985 von den ägyptischen Al Fayed-Brüdern übernommen. 2010 ging es für zwei Milliarden US-Dollar in das Eigentum des Staatsfonds von Katar über.

 

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Als die britischen Chemiker John Wheeley Lea und William Henry Perrins 1837 eine Würzsauce kreieren wollten, ging das völlig daneben. Sie mochten den Geschmack ihrer Kreation nicht, das Fass wurde verräumt und vergessen. 18 Monate später stolperten sie wieder darüber, die Sauce schmeckte fantastisch – durch die Fermentierung war sie viel milder geworden. 1988 wurde die Marke an Danone verkauft, heute erfreut sich der US-Gigant Heinz an der Worcestershire-Sauce.

 

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  • Cadbury

Auch heimische Naschkatzen schätzen die bekannte Schokolade und Schokoriegel. Cadbury wurde 1824 in Birmingham gegründet und fusionierte 1969 mit dem Getränkehersteller Schweppes. 2008 trennten sich die Wege wieder; 2010 übernahm der US-Konzern Kraft den Süßwarenhersteller um 16,25 Milliarden US-Dollar.

 

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  • Jaguar

Shocking! Die Briten waren fassungslos, als die Traditionsmarke – Hoflieferant des Königshauses – 1989 sogar mit Zustimmung der Regierung an Ford verkauft wurde. Ausschlaggebend waren geringe Verkaufszahlen und sinkende Gewinne. 2008 schlitterte Ford selbst in Schwierigkeiten und verkaufte Jaguar und die weitere britische Marke Rover an die indische Tata-Gruppe.

 

  • Manchester City

Die Premier League, die höchste Spielklasse im englischen Fußball, ist fest in ausländischer Hand. So war der amtierende Meister ManCity, gegründet 1880, bis Ende 2006 mehrheitlich in britischem Besitz, dann kaufte ihn ein früherer Premierminister Thailands. Seit Herbst 2008 gehört er dem Unternehmer Khaldoon Al Mubarak aus dem Emirat Abu Dhabi, 13 Prozent hält die China Media Capital. Stadtrivale Manchester United (gegründet 1892) war übrigens bis 2002 britisch und gehört seitdem der US-Verlegerfamilie Glazer.

 

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  • Bass Pale Ale

Wenn Bierbrauer Wasser „burtonisieren“, dann denken sie an das Städtchen Burton-upon-Trent, wo 1777 erstmals Bass gebraut wurde, lange Zeit das erfolgreichste Bier der Welt. So erfolgreich, dass das markante rote Dreieck 1876 als erstes britisches Markenzeichen registriert wurde und Bass 1935 zu Londons dreißig wichtigsten Börsefirmen zählte. Seit 2000 gehört die Marke dem globalen Bier-Giganten AB InBev, der seinen Sitz im belgischen Leuven hat.

 

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  • Leicester City

Der Fußballmeister der Saison 2015/16 wurde 1884 gegründet und war bis Ende 2006 in englischer Hand, dann übernahm ein serbisch-amerikanischer Milliardär das Ruder. Seit August 2010 gehört der Klub der thailändischen Milliardärsfamilie Srivaddhanaprabha. Familienoberhaupt Vichai verunglückte Ende Oktober 2018 bei einem Hubschrauberabsturz beim King Power Stadion in Leicester tödlich.

 

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  • Madame Tussauds

Als Marie Tussaud 1835 in Londons Baker Street ihr Museum eröffnet, weiß noch niemand, dass damit der Grundstein für einen Welterfolg gelegt ist: Als besondere Attraktionen erweisen sich das Horrorkabinett und die Wachsfiguren berühmter Personen. Britisch ist das Unternehmen längst nicht mehr. 2005 wurde es erst nach Dubai verkauft und 2007 von Merlin Entertainment geschluckt, die der US-Investmentgruppe Blackstone gehört.

 

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  • Rolls-Royce

1998 verlor die britische Fahrzeugindustrie mit dem Verkauf an BMW ihren letzten unabhängigen Hersteller (Tochter Bentley ging an VW). Grund waren hohe Investitionen, die der damalige Eigentümer, Maschinenbauer Vickers, nicht stemmen konnte. Auch Mini gehört seit 1994 zu BMW.

Die Empörung ist stets groß, wenn Traditionsmarken den Besitzer wechseln. Britische Ökonomen sehen das entspannter: Studien der Universitäten Stanford und Birmingham kamen zum Schluss, dass Firmen in ausländischer Hand besser gemanagt werden, mehr für Forschung ausgeben und produktiver sind. Laut OECD sind dort auch die Löhne im Schnitt um fünf Prozent höher als in britischem Eigentum.