Wirtschaft

Bilanzschönung: Voestalpine-Aufsichtsratschef über Aufregung verwundert

Weil die Voestalpine Fehlbuchungen im Ausmaß von rund 100 Mio. Euro lediglich weit hinten im Geschäftsbericht erwähnte, aber bei der  Präsentation der Jahresergebnisse Anfang Juni kein Wort darüber verlor, war der Stahlkonzern in die Kritik geraten. 

Thema waren die Bilanzschönungen naturgemäß auch bei der Hauptversammlung des Konzerns am Mittwoch, wo sie breiten Raum einnahmen. Voestalpine-Aufsichtsratschef Wolfgang Eder zeigte sich über die öffentliche Diskussion verwundert. Die Dimension der Bilanzschönung stehe in keiner Relation zu der in den letzten Wochen verbreiteten Stimmung, sagte Eder. 

Zwar seien in den vergangenen 12 Jahren bei einer von 300 Gesellschaften des Konzerns Fehlbuchungen im durchschnittlichen Ausmaß von 8,3 Mio. Euro pro Jahr festgestellt worden, im selben Zeitraum habe die Voestalpine aber einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 20 Mrd. Euro erwirtschaftet, sagte Eder. 

Der Vorfall habe den Konzern zu keinem Zeitpunkt gefährdet, es seien auch keine Mittel abgeflossen, betonte der Voestalpine-Aufsichtsratschef, der sich bei der Hauptversammlung für einen verkürzten Zeitraum von 3 Jahren der Wiederwahl stellt. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchung würden auch keinen Anlass für grundsätzliche Zweifel am internen Kontrollsystems des Konzerns geben. Die Kommunikation hätte zwar besser laufen können, räumte Eder ein, der Vorstand werde aber seine Lehren daraus ziehen.

"In falsches Licht gerückt"

Man hätte aktiver über die Fehlbuchungen informieren sollen, sagte Vorstandsvorsitzender Herbert Eibensteiner. Im Nachhinein sei man aber immer klüger. Die Voestalpine sei in der Öffentlichkeit in ein falsches Licht gerückt worden, gab sich Eibensteiner zerknirscht. Rechtlich habe man sich aber korrekt verhalten.

Man habe sofort nach Bekanntwerden des ersten Hinweises gehandelt. Verletzungen der ad-hoc-Pflichten seien laufend geprüft worden. Die seit 2012 durchgeführten Fehlbuchungen seien mit Ende des Geschäftsjahres richtiggestellt worden. Überprüfungen vergleichbarer Konzerngesellschaften hätten auch keine weiteren Fehlbuchungen ans Tageslicht gebracht. Eibensteiner sprach von einem Einzelfall.

Zu viel Steuer bezahlt

Finanzieller Schaden sei allenfalls aus zu viel bezahlter Steuer entstanden, die der Voest-Chef mit einem "mittleren einstelligen Millionenbetrag" bezifferte. Eine Rückforderung von den Finanzbehörden sei nicht mehr möglich. "Dazu kommen die Kosten für die Aufarbeitung des Falls", sagte Eibensteiner. Die dürften sich nach Angaben des Konzerns auf rund 1,5 Mio. Euro belaufen.

Noch werde die Sache von einer deutschen Anwaltskanzlei und Wirtschaftssprüfern unter die Lupe genommen. Sobald die Untersuchungen abgeschlossen seien, werde man die Öffentlichkeit detailliert informieren, versprach der Voest-Chef. Ob gegen Publizitätsvorschriften verstoßen wurde, prüft auch die Finanzmarktaufsicht FMA. Zuletzt hieß es, dass mit einem Ergebnis  in ein „paar Monaten“ zu rechnen sei.

"Thema noch nicht geklärt"

Das Thema sei noch nicht geklärt, um eindeutige Aussagen treffen zu können, befand  Florian Beckermann vom Interessensverband für Anleger (IVA). Kritik gab es laut dem Anlegerschützer bei dem Aktionärstreffen auch an hohen Nebenkosten:  „Antrittsgelder in Millionenhöhe, Reisekosten des Aufsichtsrats.“  Weil  die Fehlbuchungen ein Einzelfall zu sein scheinen, erwartete Beckermann eine Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats.  

So kam es schließlich auch. Die Hauptversammlung erteilte sowohl dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat die Entlastung und nahm den Dividendenvorschlag von 70 Cent je Aktie an.