Arbeitsmarkt: Was andere Länder besser machen
Noch im ersten Halbjahr des Jahres will Arbeitsminister Martin Kocher Reformen für den Arbeitsmarkt vorlegen. Im Mittelpunkte stehen etwa eine Umgestaltung des Arbeitslosengeldes und eine Veränderung des Zuverdienstes.
Fast 400.000 Menschen sind derzeit ohne Job in Österreich, 100.000 könne gar nicht nachbesetzt werden, weil qualifiziertes Personal fehle. "Das ist ein Trend, den wir schon seit knapp 10 Jahre beobachten", sagt der Direktor der Agenda Austria Franz Schellhorn. Der Thinktank hat Beispiele aus den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Großbritannien analysiert, mit denen die Situation in Österreich verbessert werden könnte. Die Themen sind Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderbetreuung, Bildung und Steuern.
Besteuerung
Bei Letzterem will man sich Schweden zum Vorbild nehmen. Dort wurde der Faktor Arbeit vor 20 Jahren noch höhere besteuert als in Österreich, graduell ist die Steuerlast aber gesunken. Würde man hierzulande so besteuern wie in Schweden, würde den Durchschnittsverdienern 182 Euro netto mehr übrig bleiben, rechnet Agenda-Austria-Ökonom Hanno Lorenz vor. Der Punkt: "Die kalte Progression hat man in Schweden abgeschafft", so Lorenz.
Auch die Langzeitarbeitslosigkeit habe man in Schweden besser im Griff als hierzulande. Während in Österreich jeder vierte (in Wien jeder zweite) Arbeitslose länger als ein Jahr auf der Suche ist, ist es in Schweden nur jeder achte. Eine Antwort würde ein Dänisches Modell bieten: "Flexicurity".
Fördern und Fordern
Die Zusammensetzung aus den Worten „Flexibility“ (Flexibilität) und „Security“ (Sicherheit) ist eine Kombination aus staatlicher Unterstützung jener, die ihre Arbeit verlieren und einem niedrigem Kündigungsschutz. Zu Beginn sei die staatliche Unterstützung hoch und zeitlich begrenzt, was den Druck erhöhe, schnell wieder eine neue Stelle anzunehmen.
Länger im Berufsleben bleiben
Ein weiteres Thema, das der Thinktank aufgreift, ist die Beschäftigung für Menschen über 50. In Österreich sind 55 Prozent der 55- bis 64-Jährigen im Berufsleben, in Schweden sind es fast 78 Prozent, in den Niederlanden 71 Prozent. In den Niederlanden löse man das mit dem sogenannten "Experiece-Rating".
Darunter versteht man "ein System, das Menschen Anreize bietet, länger im Berufsleben zu bleiben", so Lorenz. Die gesundheitspolitische Verantwortung soll dabei gleichermaßen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilt werden. Das heißt, Firmen würden für ihre Mitarbeiter präventive Maßnahmen ergreifen, um Krankheit und Invalidität zu vermeiden. Das entlaste auch den Sozialstaat.
Kinderbetreuung
Entlasten wolle man auch Frauen bei der Kinderbetreuung, um das Problem der geringen Frauenbeschäftigung in Angriff nehmen zu können. Laut Umfragen abreiten 40 Prozent der Frauen Teilzeit, weil sie ihre Kinder betreuen müssen. Dadurch würde hochqualifiziertes Personal verloren gehen, so Lorenz.
Die Lösung soll die Ganztagsbetreuung bringen. Während in Österreich 47 Prozent der Frauen Teilzeit arbeiten, sind es in Dänemark 33 Prozent. In Dänemark sind 66 Prozent der unter Dreijährigen in Ganztagsbetreuung, in Österreich acht Prozent.
Bildung
Nicht zuletzt müsse man, geht es nach der Agenda, bei der Bildung ansetzen. Fördern solle man sozial schwächere Schichten. In Großbritannien wurden damit bestimmten Schulen mehr Geld zur Verfügung gestellt. Fördert man sozial schwächere Schichten früh, dann könne man bestimmte Defizite schon früh aus dem Weg räumen, so die Agenda. Schlussendlich würde man langfristig über mehr qualifiziertes Personal am Arbeitsmarkt verfügen.