Sport/Wintersport

Langläuferin Teresa Stadlober: Ein Jahr zum Davonlaufen

Als Hannes Reichelt am Silvestertag im Sanatorium Kettenbrücke Bilanz über das Jahr 2019 zog, verwendete er den Ausdruck „Scheiß-Jahr! Das trifft es am besten.“ Und wer kann es dem Skistar verdenken, nachdem er sich erst monatelang mit Doping-Ermittlungen herumschlagen musste, um sich dann kurz vor Jahreswechsel in Bormio auch noch schwer am Knie zu verletzen. „Zum Glück ist dieses Jahr vorbei.“

Scheiß-Jahr – so ein Wort würde Teresa Stadlober wohl nie über die Lippen kommen. Obwohl es der Langläuferin im Grunde nicht viel besser ergangen ist als Reichelt, der wie Stadlober ebenfalls aus Radstadt kommt.

Hartes Los

„Ausbaufähig“ sei 2019 gewesen, sagt Teresa Stadlober und damit drückt sie sich eigentlich noch vornehm aus für das, was der Langläuferin von Jänner bis Dezember alles widerfahren ist. Da gab’s Krankheiten, da war die berühmte Dopingaffäre von Seefeld, und dann kam zu schlechter Letzt auch noch eine langwierige Pause wegen einer Mittelfußverletzung dazu. „Es hätte besser laufen können.“

Dabei hätte 2019 ja eigentlich ihr Jahr werden sollen. Mit der Heim-Weltmeisterschaft in Seefeld, die Teresa Stadlober schon vor langer Zeit als Highlight ihrer gesamten Karriere ausgemacht hatte. „Wie oft hat man als Sportler schon die Möglichkeit einer Weltmeisterschaft im eigenen Land“, hatte die 26-Jährige stets betont.

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Keulenschlag

So groß die Vorfreude über Jahre auch war, so groß war schließlich die Ernüchterung: Denn Seefeld stand für Teresa Stadlober von Anfang an unter keinem guten Stern. Am Skiathlon-Bewerb konnte die Salzburgerin wegen den Nachwirkungen einer Erkältung, die sie sich schon bei der Tour de Ski im Jänner eingefangen hatte, nicht teilnehmen. Doch es sollte für Österreichs Vorzeige-Langläuferin bei der Heim-WM dann noch viel schlimmer kommen. Der Dopingskandal rund um die Teamkollegen Max Hauke und Dominik Baldauf war für Teresa Stadlober wie ein Keulenschlag.

Familienangelegenheit

„Ich hätte mir nicht gedacht, dass wir uns nach Sotschi noch einmal so einer Situation stellen müssen“, erklärte die 26-Jährige, die lange brauchte, um den Schock zu verdauen. „Das ist so zermürbend, wenn du jahrelang betrogen und belogen worden bist. Das hat enorm viel Kraft gekostet.“

Vor allem hat der ÖSV als Konsequenz auf die vielen sogenannten Einzelfälle – man erinnere nur an Johannes Dürr oder Harald Wurm – die Langlauf-Sparte aus dem Verband ausgegliedert. Der neu gegründete „Verein zur Förderung des Langlaufsports“ ist seit Sommer die Heimat von Teresa Stadlober und den letzten Langläufern, die es hierzulande noch gibt. „Für mich persönlich hat sich nicht wirklich viel verändert“, berichtet die Jus-Studentin. Tatsächlich hat sie mittlerweile sogar ein kleines Familienteam installiert: Papa Alois fungiert als Trainer, Bruder Luis, der nach Seefeld seine Karriere beendet hatte, ist Trainingspartner, und Mama Roswitha macht für die Langläuferin neuerdings die Pressearbeit.

Achtungserfolg

Gestern durfte die Mutter über einen weiteren starken Auftritt von Teresa Stadlober bei der Tour de Ski berichten. Im Verfolgungsrennen in Toblach (10 Kilometer) spielte die Österreicherin ihre Stärke in der klassischen Technik voll aus und verbesserte sich vom zwölften auf den achten Rang. „Ich bin sehr zufrieden darüber, wie es gelaufen ist“, sagte Stadlober.

Und ihr erklärtes Lieblingsrennen bei der Tour de Ski kommt ja erst. Dann, wenn es am Schlusstag, (5. Jänner), wenn alle Athleten mit ihren Kräften bereits am Ende sind, noch über die steile Skipiste der Alpe Cermis in Val di Fiemme geht. Ein 3.650 Meter langer Anstieg mit bis zu 28 Prozent Steigung und 435 Metern Höhendifferenz.

Als Leichtgewicht kommt Teresa Stadlober diese Tortur entgegen, dass das Tour-de-Ski-Finale in diesem Jahr erstmals als Massenstart ausgetragen wird, ist für die Salzburgerin auch bestimmt kein Nachteil. „Ich rechne mir da schon einiges aus“, sagt Stadlober.