Sport/Wintersport

Skisprung-Legende Vettori wird 60: Mit dem Schweinskopf auf der Schanze

Ernst Vettori feiert seinen 60. Geburtstag.

Wie berühmt sind Sie? Kennen die Menschen Sie noch?

Ich bin erstaunt, wie viele Leute wissen, wer ich bin. Gerade meine Generation. Gott sei Dank ist es nicht mehr so, wie zu meiner aktiven Zeit. Da war mir der Rummel manchmal zu viel. Ich bin froh, dass ich nie dieser Superstar war, weil dann ist das Leben in der Öffentlichkeit schwierig. Da gehst du dann lieber in den Wald.

Ernst Vettori (*25. Juni 1964) zählt zu den erfolgreichsten österreichischen Skispringern. Der Absamer wurde 1992 in Albertville Olympiasieger auf der Normalschanze.

Vettori gewann 1985/'86 und 1986/'87 die Vierschanzentournee und feierte in seiner Karriere 15 Weltcupsiege. Er ist einer von wenigen Springern, die sowohl im Parallel-Stil, als auch im V-Stil gewinnen konnten.

Bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen holte der Tiroler sieben Medaillen.

Nach seiner Karriere war von 2010 bis 2018 als Nordischer Direktor beim ÖSV tätig.

Was war im Rückblick Ihr wichtigster Erfolg?

Der Olympiasieg 1992 war sicher die Krönung. Aber vom Prestige her sind mir natürlich die beiden Siege bei der Vierschanzentournee extrem wichtig. Die Tournee hat unter Skispringern einfach eine enorme Bedeutung. Und dass ich auch am Holmenkollen gewinnen konnte, macht mich auch ein bisschen stolz. Es war eine runde Karriere.

Sie sind einer von wenigen Springern, die sowohl im Parallel-Stil, als auch im V-Stil gewonnen haben.

Ich war sogar der erste Springer der Parallel-Generation, dem das gelungen ist. Es war damals schon ein Risiko, die Technik umzustellen. Ich war nicht mehr der Jüngste, der Umstieg auf den V-Stil war irrsinnig anstrengend und nicht einfach. Da haben wir lange herumgedoktert.

Was war so schwierig daran?

Wenn du dein Leben lang anders gesprungen ist, dann kosten die ersten Sprünge in einer neuen Technik schon Überwindung. Für mich war es zugleich aber auch ein Jungbrunnen, eine neue Herausforderung. Aber ich habe den V-Stil relativ schnell erlernt.

Wie war das Leben als Skisprungstar in den 1980er-Jahren? Konnten Sie gut davon leben? 

Ich war damals zum Glück Heeressportler. Sonst hätte ich davon nicht leben können. Es gab zu Beginn meiner Karriere noch keine Preisgelder. Da hast du höchstens irgendwelche komischen Sachpreise bekommen.

Komische Sachpreise?

Schweißgeräte. Tiefkühltruhen. Zig Kassettenrecorder. Andreas Felder hat sogar einmal einen Blaumann gekriegt. Es war halt eine andere Zeit.

Heute hätte jemand mit Ihren Erfolgen womöglich ausgesorgt.

Aber das betrifft ja alle Sportbereiche. Fußballer verdienen heute auch viel mehr als noch zu meiner Zeit. Ich habe den Sport nicht gemacht, um reich zu werden, sondern weil es mir Spaß gemacht hat. Und ich bin so viel in der Welt herumgekommen und habe einiges erlebt.

War es unbeschwerter? Ohne Handykameras und Social Media?

Ich habe es richtig genossen. Heute muss sich jeder, der in der Öffentlichkeit steht, anders verhalten. Das heißt jetzt nicht, dass wir damals herumgewütet hätten. Aber wir konnten uns sicher anders bewegen als die heutige Generation. Und es gab Geschichten, die es heute wohl nicht mehr gibt.

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Können Sie eine Anekdote erzählen?

Bei meinem ersten Weltcupsieg in Oberstdorf war hundsmiserables Wetter. Ich habe nach dem ersten Durchgang geführt und war als einziger Springer noch oben. Alle sind verschwunden, weil das Wetter so grausig war. Nur der Liftwart und ich waren noch oben am Turm.

Was ist passiert?

Dann hat sich der Liftwart neben mir ein Bier aufgemacht und einen Schweinskopf ausgepackt und dann hat er gejausnet. Das hat mich so abgelenkt und das fand ich so lustig, dass meine Nervosität verschwunden ist und ich dann zu meinem ersten Sieg gesprungen bin.

War Skispringen zu Ihrer Zeit gefährlicher?

Garantiert. Das war mit heute nicht vergleichbar. Wir hatten beim Skifliegen Luftstände von 10 Metern und mehr. Es gab kein Windnetz, der Schanzenauslauf war nicht richtig präpariert, es gab auch keine gescheite Anlaufspur. Es war eine Kunst, unfallfrei zum Schanzentisch zu kommen.

Was würde passieren, wenn Sie heute auf der Schanze stehen? Kämen Sie noch unfallfrei den Bergisel herunter?

Ich glaube, das würde ich schaffen. Die Bewegungen sind sicher abgespeichert, der Körper wüsste, was er zu tun hat. Entscheidend ist, dass ich noch runter in die Hocke komme, sonst kannst du nicht wegspringen. Mit einem dicken Bauch brauchst du das nicht probieren. Aber keine Sorge, ich werde es nicht versuchen.

Abschließend: Es gab von Ihnen ein legendäres Live-Interview im ORF von der Medaillenfeier 1991 in Val di Fiemme. 

Ich weiß. Ich habe damals gesagt: "Noch ein Fanta bitte".

Aber Sie wollten keine Limonade, oder?

Ich glaube, wir haben damals Jägermeister getrunken. Wir sind Weltmeister im Teambewerb geworden, haben gefeiert und ein Fernsehteam hat uns begleitet. Eine lustige Geschichte.