Sport/Tennis

Visum ungültig: Australien schickt Melbourne-Titelverteidiger Djokovic zurück

Australien hat dem am Flughafen in Melbourne gestrandeten Tennis-Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic die Einreise verweigert und sein Visum für ungültig erklärt. Dem 34-jährigen Serben wurde in einem Regierungsbescheid mitgeteilt, dass er das Land am Donnerstag verlassen muss. Damit kann der Titelverteidiger beim Australian Open nicht auf Rekordjagd gehen. Allerdings sollte am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) noch eine Gerichtsanhörung zur Causa stattfinden.

Nach der abschlägigen Entscheidung wurde Djokovic am Donnerstagvormittag (Ortszeit) in ein Quarantänehotel gebracht, in dem auch Dutzende Flüchtlinge interniert sind. Dort sollte er die Zeit bis zu seinem Rückflug abwarten. Weil er gegen die verweigerte Einreise in Berufung ging, setzte ein Gericht für 16 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MEZ) eine Anhörung an.

"Das Visum für Novak Djokovic wurde gecancelt", teilte der australische Gesundheitsminister Greg Hunt am Donnerstagvormittag (Ortszeit) mit. Trotz einer zuvor erteilten - und höchst umstrittenen - medizinischen Ausnahmegenehmigung habe die australischen Grenzschutzbehörde die Einreise untersagt, berichtete die australische Nachrichtenagentur AAP. Djokovic habe keine geeigneten Beweise zur Erfüllung der Einreisebestimmungen vorgelegt, daher sei "das Visum anschließend storniert" worden, hieß es in der Erklärung der Grenzschutzbehörde.

Vor dem Quarantänehotel versammelte sich am Vormittag eine Gruppe von Anhängern des Weltranglistenersten, aber auch Flüchtlingshelfer. Sie machten auf das Schicksal von Migranten aufmerksam, die dort schon seit Monaten ausharren müssen. Pikanterweise gab es in dem Hotel auch schon einen massiven Coronaausbruch.

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Das Vorgehen der australischen Behörden sorgte auch für massive Verstimmung mit Serbien, dessen Präsident Aleksander Vucic sich persönlich in die Angelegenheit einschaltete. Vucic bezeichnete Djokovic als Opfer von Behördenwillkür und zitierte den australischen Botschafter ins Belgrader Außenamt. In Serbien wurde indes offenbar schon ein triumphaler Empfang für den Tennisstar vorbereitet. Entsprechend ließ sich ein Aufruf von Djokovic' Vater Srdjan deuten. "Unser Stolz, unser Novak kehrt zurück. Wir alle müssen ihn so empfangen, wie es sich gehört", schrieb er auf Instagram.

Der australische Premierminister Scott Morrison verteidigte die Entscheidung am Donnerstagvormittag in einer Pressekonferenz. Dem australischen Tennisverband sei schon im November schriftlich mitgeteilt worden, dass nur doppelt geimpfte Personen einreisen dürfen, betonte er. Der Verband könne Djokovic das Antreten in Melbourne gestatten, doch über die Einreise entscheiden einzig und allein die Grenzbehörden, sagte der konservative Politiker. Er wolle keine Details über die Gesundheit von Djokovic preisgeben. "Was ich sagen kann ist, dass die vorgelegten Unterlagen für eine medizinische Ausnahme als unzureichend eingestuft wurden", so Morrison. Zugleich wies er Vorwürfe zurück, die Behörden seien schikanös gegenüber Djokovic vorgegangen seien. Ähnliche Regelverletzungen seien wiederholt festgestellt worden.

Der neunmalige Melbourne-Sieger hatte zuvor noch grünes Licht für eine medizinischen Ausnahme-Regelung erhalten, die ihn bei der Einreise von der Impfpflicht gegen Covid-19 befreit und ihm somit ermöglichen sollte, bei den Australian Open in Melbourne an den Start gehen. Der Weltranglisten-Erste war am Mittwoch mit einem Flieger aus Dubai kurz vor Mitternacht (Ortszeit) in Melbourne gelandet. Djokovic wurde nach seiner Ankunft mehrere Stunden auf dem Flughafen der Metropole festgehalten, nachdem die Grenzschutzbehörden erste Bedenken hinsichtlich des Einreisevisums geäußert hatten.

Die Dokumente, die Djokovic vorgelegt hatte, sahen Medien zufolge medizinische Ausnahmen für Ungeimpfte gar nicht vor. Die daher kontaktierten Behörden des australischen Bundesstaats Victoria verweigerten ihm die Unterstützung. Sein Sohn sei stundenlang in einem bewachten Raum festgehalten worden, beklagte Srdjan Djokovic gegenüber serbischen Medien.

In die Causa schaltete sich am Abend auch Serbiens Präsident Vucic ein, er bot dem Tennisstar in einem Telefonat seine Hilfe an. "Ganz Serbien ist mit Novak und unsere Behörden tun alles, um diese Schikane sofort zu beenden", erklärte Vucic. Morrison erwiderte, dass niemand über dem Gesetz stehe. "Regeln sind Regeln, speziell wenn es um unsere Grenzen geht. Niemand steht über diesen Regeln", twitterte er. Auch Innenministerin Karen Andrews sprach Klartext: "Jede Person, die nach Australien einreisen möchte, muss unsere strengen Grenzbestimmungen einhalten", betonte sie.

Schon vor der Ankunft des 34-Jährigen in Australien hatte sich eine Welle der Empörung im Gastgeberland des ersten Grand-Slam-Turniers der Saison aufgebaut. Die Ausnahme-Erlaubnis für Djokovic sorgte für "Zorn und Konfusion", wie es der Sender ABC nannte. Andere Äußerungen reichten von "Ohrfeige für alle Australier" bis "Schlag ins Gesicht für Millionen von Australiern".

 

Australien hatte in der Pandemie auf besonders strikte Maßnahmen wie monatelange Lockdowns bei vergleichsweise moderaten Infektionszahlen gesetzt, verbunden mit strengen Einreisekontrollen. "Unsere starken Grenzregeln haben entscheidend dazu beigetragen, dass Australien zu den Staaten mit der niedrigsten Zahl an Covid-Toten zählt, und wir werden weiter wachsam bleiben", betonte Morrison.

Turnierdirektor Craig Tiley verteidigte die umstrittene Entscheidung, bat den 20-maligen Grand-Slam-Sieger aber um Aufklärung. Das Turnier startet am 17. Jänner in Melbourne. Nur Spieler und Spielerinnen, die gegen das Coronavirus geimpft sind oder eine medizinische Ausnahmegenehmigung erhalten haben, dürfen daran teilnehmen.

Am Dienstag hatte der weltbeste Tennisspieler nach wochenlangem Schweigen und Zaudern mitgeteilt, dass er nun dank genau einer solchen Ausnahmegenehmigung nach Australien fliegen werde. Seinen Impfstatus hat er bisher nicht öffentlich gemacht. Djokovic hat die Australian Open bereits neunmal gewonnen und wollte als Titelverteidiger antreten. Bei einem Sieg würde er seine Konkurrenten Roger Federer und Rafael Nadal mit Grand-Slam-Triumph Nummer 21 hinter sich lassen.