Marc Janko: "ÖFB-Team hat gute Chancen auf den Gruppensieg"
Von Mirad Odobašić
Österreich startet mit drei WM-Qualifikationsspielen in die Vorbereitung auf die EURO, was ich als großen Vorteil für das Nationalteam betrachte. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich kein großer Freund von Testspielen war, in denen es nicht um Punkte geht, in denen es irgendwo auch an Spannung fehlt, wenngleich man fokussiert und konzentriert ist und sich noch so viel vornimmt. Überspitzt formuliert sind diese Spiele für die Fisch’.
Daher habe ich die Spiele in der Nations League begrüßt, auch wenn der Bewerb für Außenstehende anfangs schwer zu verstehen war und sich etwas unübersichtlich darstellte. Dennoch geht es hierbei um Punkte und um Auf- und Abstieg. Die WM-Qualifikation wird der ganzen Vorbereitung auf die EM zuträglich sein, weil selbst das „Aufwärmprogramm“ für den Sommer höchsten Wettkampfcharakter genießt. Denken wir im Vergleich dazu zurück ins Jahr 2016, als wir uns mit wenig berauschenden Testspielen auf die Europameisterschaft in Frankreich vorbereitet haben.
Gründe der fehlenden Euphorie
Generell orte ich noch einen anderen Unterschied zwischen damals und heute, vor allem was die öffentliche Niemand fordert vom österreichischen Team den EM-Titel oder, dass man in der Vorrunde alle Gegner wegschießt. Die Vorfreude auf das Turnier darf man als überschaubar einstufen, es plätschert alles dahin. Das kann gut sein.
Die Gründe dafür sind vielfältig und auch für mich nicht wirklich alle konkret zu benennen. Es gibt jedenfalls einige Theorien. Natürlich spielt dabei auch Corona eine wichtige Rolle, da die Menschen seit einiger Zeit existenzielle Sorgen und Probleme plagen, die einen ungetrübt erfreulichen Blick auf ein Fußballturnier einschränken.
Im Herbst 2015 schafften wir erstmals auf sportlichem Weg die Qualifikation für eine EM. Diese Premiere löste eine Euphorie aus, die man aktuell vergeblich sucht. Vielleicht hat dies auch mit der kommunikativen Außendarstellung des Teams und des ÖFB zu tun, vielleicht auch mit der Spielweise, die nicht zu 100 Prozent attraktiv wirkte, auch wenn die Resultate absolut für Teamchef und Team sprechen.
Chancen auf Platz 1
Man vergisst jedoch gerne, dass auch bei uns damals viele knappe Spiele dabei waren, in denen wir nicht unbedingt ein Fußball-Feuerwerk zündeten. Wir haben auch nicht alle Gegner in Grund und Boden gespielt, und auch Fortuna war während der Qualifikation eine getreue Mitspielerin. Vielleicht war die letztlich entstandene Euphorie nur eine Folge der geringen Erwartungshaltung vor der Quali. Man war gewohnt, dass sich Österreich nicht für eine EM qualifiziert. Danach hat man sehr Vieles sehr gut gesehen. Dafür gibt es auch ein Wort: Verklärung.
Für die bevorstehende WM-Qualifikation bin ich positiv gestimmt, weil ich in dieser Gruppe keinen klaren Favoriten ausmachen kann. Bisher gab es meistens einen ganz starken Gegner wie beispielsweise Spanien oder Deutschland, hinter dem man sich anstellen musste.
Dieses Mal sehe ich Dänemark, Österreich und auch Schottland auf Augenhöhe. Diese drei Nationen werden sich den Sieg in der Gruppe ausmachen, weshalb sich auch Österreich reelle Chancen auf den ersten Platz ausrechnen darf.
Marc Janko ist Fußball-Experte bei Sky – der 37-Jährige spielte 70-mal für das Nationalteam und erzielte 28 Tore.
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