Färöer-Verbandschef: "Irgendwann an einem Turnier teilnehmen"
Christian Andreasen lenkt den Fótbóltssamband Føroyaden schon viele Jahre. Der 61-jährige Jurist war als Jugendlicher Tormann, als Erwachsener dann Rechtsberater der Regierung. Heute ist er für Unternehmen tätig. Der KURIER traf ihn im Nationalstadion von Tórshavn.
KURIER: Wie ist der Status quo des Fußballs der Färöer auf Nationalteam-Ebene?
Christian Andreasen: Unser A-Team hat seit zwei Jahren einen neuen Trainer und entwickelt sich seitdem sehr gut. Wir haben unsere Gruppe in der Nations League vor Malta, Lettland und Andorra gewonnen. Generell ist der Fußball auf Färöer auf dem Weg nach oben. Wir haben aktuell ein starkes U-21-Team, von dem wir uns einiges erwarten. Da könnten gute Spieler für die Zukunft nachkommen.
Welches Ziel verfolgen die Färöer auf Sicht? Sich irgendwann für ein großes Turnier zu qualifizieren?
Natürlich, irgendwann in der Zukunft. Unser Hauptziel ist, dass wir uns stetig verbessern, was sich auch in den Resultaten niederschlagen sollte. Wir wollen das Interesse für Fußball steigern, auch wenn Fußball schon die Sportart Nummer 1 hier ist. Unser Fokus liegt auch auf dem Frauen-Fußball. In diesem Bereich leisten wir aktuell Aufbauarbeit. Unsere Strategie ist bei Männern wie Frauen, die Jugend gut auszubilden. Wir brauchen so viele Spieler und Spielerinnen wie möglich, um an der Spitze besser zu werden.
Ist es auch in Ihrem Interesse, dass Spieler vom Fußball hier als Profis leben können? Oder müssen sie diesbezüglich ins Ausland wechseln?
Es ist schon unser Ziel, wir unterstützten dabei auch die Klubs. Viele Spieler gehen noch ins Ausland, vor allem in die skandinavischen Länder. Es ist aber auch Teil unserer Strategie, Spieler gut auszubilden, damit sie für bessere Ligen im Ausland interessant sind.
Österreich verehrte lange, vielleicht zu lange die Córdoba-Helden. Verehren die Färöer immer noch ihre Helden von 1990?
Ja, sie werden immer Helden bleiben. Landskrona war etwas ganz Besonderes für uns. Es war unser erstes offizielles Länderspiel in einem Bewerb. Damals hatten wir davor noch die Diskussion, ob wir überhaupt international spielen sollten. Die Hälfte der Klubs sprach sich dagegen aus. Nach 1990 hatten wir viele Aufs und Abs, in letzter Zeit konnten wir wieder gute Resultate erzielen. Die junge Generation kann mit den Helden von damals immer weniger anfangen, das dreht sich. Auch, weil das jetzige Team Siege feiern kann. Wir haben Griechenland hier geschlagen, wir haben Dänemark vor ein paar Wochen bis zum Schluss geärgert.
Wie sehr hat die Corona-Pandemie den Fußball auf Färöer getroffen? Die Liga konnte ja recht flott weiterspielen damals.
Wir mussten kurz unterbrechen und starteten wieder im Mai 2020. Die Liga wurde dann bis in den Dezember verlängert. Uns hat es die Augen geöffnet, dass wir auch im Winter spielen können.
In Österreich haben viele Vereine durch die Corona-Lockdowns ihre Talente verloren. Wie war das hier?
Die Färöer sind sehr isoliert. Sie können mit dem Flugzeug oder der Fähre kommen. Wir hatten ein gutes Testsystem und lange Zeit gar keine Corona-Fälle. Jetzt steigen die Zahlen etwas, weil es am Flughafen keine Testpflicht mehr gibt. Corona hat unseren Fußball daher nicht so getroffen.
Die Impfrate ist hier deutlich höher als in Österreich, wo es eine heftige Diskussion gibt. Liegt es an der nordischen Mentalität?
Vielleicht, aber auch hier gab es rund ums Impfen Diskussionen. Vor allem von Seiten religiöser Menschen, die die Impfung generell zurückweisen. Dennoch werden wir in ein paar Wochen zwischen 80 und 90 Prozent liegen.
Beschreiben Sie bitte den typischen Färinger.
Sie sind sehr ruhig, zurückhaltend, sie reden nicht so viel. Vielleicht sind sie auch schüchtern und zeigen deswegen recht wenige Reaktionen. Wir sind keine extrovertierten Menschen, aber wenn einmal das Eis gebrochen ist, dann lassen wir die Menschen schon an uns heran. Die Körpersprache ist bei uns sehr wichtig. Und die Religion hat einen hohen Stellenwert, viele Menschen sind religiös, die Kirchen sind bei den Messen sehr gut besucht.
Sie gingen nach Kopenhagen zum Studieren und kamen wieder zurück. Wie hält es die heutige Generation?
Ich konnte damals hier nicht Jus studieren und musste nach Dänemark gehen. Aktuell steigt unsere Bevölkerungszahl an. Vielleicht auch, weil sich Wirtschaft und Handel hier gut entwickeln. Es gibt so gut wie keine Arbeitslosigkeit. Interessant ist, dass vermehrt Männer wieder zurückkehren auf die Färöer. Viele Frauen, die ins Ausland gehen, heiraten dort auch. Was zur Folge hat, dass es bei uns mehr Männer als Frauen gibt.
Die junge Generation ist aber durchs Internet mit der Welt verbunden. Ganz anders im Vergleich zu Ihrer Jugend.
Absolut. Ich kann Ihnen verraten, dass wir unseren ersten Fernseher im Jahr 1984 hatten. Als junger Bub war ich nur im Freien. Fußballspielen und andere Aktivitäten. Es gab lange Zeit kein TV und auch keine Computer.
Hat die junge Generation bessere Chancen jetzt?
Ja, wenn sie die Chance auch vernünftig wahrnimmt. Ich sage immer zu Jus-Studenten, dass sie sich nicht zu Anwälten googeln können. Ein Blick in die Bücher ist nicht falsch.
An welchen Ländern orientieren sich die Färöer in der internationalen Politik?
Natürlich an Dänemark, mit dem wir ja stark verbunden sind. Wir sind kein EU-Mitglied, aber Mitglied der NATO. Ich würde sagen, wir sind Teil der sogenannten westlichen Welt. Umgekehrt treiben wir auch intensiven Handel mit Russland.
Wie sehen Sie die Waljagd auf Färöer und das Schlachten von 1.400 Delfinen vor einigen Wochen? War das ein heftiger Imageschaden?
Ja, das schadet sehr wohl unserer Reputation.
Die Waljagd hat eine Tradition über Jahrhunderte.
Das stimmt schon, aber nicht die Jagd auf Delfine. Das macht doch keinen Sinn. Die Regierung denkt über ein Gesetz nach, das das verbietet.
Für Österreich ist das Spiel der Spiele immer gegen Deutschland. Was ist für die Färöer das „Derby“?
Für lange Zeit war ein Duell gegen Island unser Derby, gegen den großen Bruder. Aber natürlich hat ein Spiel gegen Dänemark eine besondere Bedeutung für uns.
Wann werden die Färöer Europameister?
Das werde ich nicht mehr erleben, das wird es vielleicht nie geben. Aber im Fußball geht es nicht nur um Titel, da geht es schließlich auch noch um viele andere Dinge.