Der Sport-Sommer 2020: Alles andere als normal
Von Wolfgang Winheim
Normalerweise käme die Fußball-EM Anfang Juli in die finale Phase. Normalerweise hätte die von Schwarz-Weiß-Denken dominierte Öffentlichkeit Franco Foda und sein Legionärsteam soeben je nach Resultat bejubelt oder verdammt. Normalerweise wäre in Foren diskutiert worden, ob David Alaba (wie von ihm geliebt) im Mittelfeld oder wie bei Bayern Abwehrchef spielen soll.
Jedoch: Corona-bedingt wird das erste Länderspiel des Jahres erstmals seit 1945 im Spätsommer stattfinden. Braucht Foda die Alaba-Frage erst vor der Nations League in Norwegen zu beantworten.
Sky-Deutschland ließ auf den Bildschirmen eine Bundesliga-Elf der Saison einblenden, in der Alaba und Martin Hinteregger (Frankfurt) das Abwehrzentrum bilden. Mit den beiden plus Aleksandar Dragovic (Leverkusen), Stefan Posch (Hoffenheim), Philipp Lienhart (Freiburg), Max Wöber (Salzburg) und Gernot Trauner (LASK) verfügt Foda über ein Verteidiger-Überangebot wie kein Teamchef davor. Konträr dazu der Mangel an Torjägern.
Wenn seit 2013 (Philipp Hosiner) kein Österreicher mehr Schützenkönig der österreichischen Bundesliga wurde, und wenn die Scorer-Liste mit Shon Weissman (Wolfsberg/ Israel 29 Tore), Patson Daka (Salzburg/Sambia, 24) und Taxiarchis Fountas (Rapid/ Griechenland, 19) auch heuer Legionäre anführen, dann kann das kein Zufall sein, dann rächt es sich, dass selbst im Nachwuchs zuerst die Stürmer ausgetauscht werden;
dann treffen Alt-Internationale vielleicht doch ins Schwarze mit ihrem Vorwurf, wonach von Laptop-Trainern hierzulande stets die gleichen Spielertypen gezüchtet werden.
In Pandemie-Zeiten wie diesen freilich hört sich das so an, wie wenn auf einem untergehenden Schiff über die Temperatur des Swimmingpools gestritten wird. Zumal die Fußball-Großfamilie schon demütig aufatmen muss, dass im Jugend- und Amateurbereich ab sofort normal trainiert werden kann. Obwohl jetzt Sommerpause wäre. Normalerweise.