Wie der Klimawandel Österreichs Wasserversorgung beeinflusst
Es sind recht neue Gedanken, die sich Wasserversorger und Forscher im traditionell wasserreichen Österreich machen, aber der Klimawandel könnte künftig zumindest regional Engpässe bringen. "Das Wetter wird unregelmäßiger, und das ist für die Grundwasserbildung ungünstig", fasste Boku-Forscher Roman Neunteufel am Mittwoch Analysen der vergangenen Jahre zusammen.
Die Wasserversorgung sei gesichert, die Branche mahnte aber Möglichkeiten zur Vorbereitung auf Engpässe ein.
89 Wasserversorger nahmen an Studie teil
Der Wissenschafter vom Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) erstellt seit dem Jahr 2015 im Auftrag der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) Studien zu der laufenden Entwicklung. Die heurige firmiert unter dem Titel "Extremwetterlagen und Stand der Wasserversorgungssicherheit im Jahr 2023" und besteht u.a. aus einer Umfrage, an der 89 Wasserversorger aus dem ganzen Land teilgenommen haben.
Erhöhte Durchschnittstemperaturen
Die insgesamt im Alpenraum bereits jetzt um rund zwei Grad Celsius gegenüber dem langjährigen Schnitt erhöhten Durchschnittstemperaturen begünstigen das Auftreten von Extremwetterereignissen klar. 57 Prozent der befragten Wasserversorger gaben an, im Vorjahr von Trockenheit, Starkregen und Co. betroffen gewesen zu sein.
Kurzfristige Versorgungsprobleme
Zu kurzfristigen Versorgungsproblemen führte das allerdings nur in zwei Fällen, wo es durch überflutete Brunnen infolge von Starkregen zu Verkeimungen oder chemischen Verunreinigungen des Trinkwassers kam, erklärte Neunteufel bei der Studienpräsentation in Wien.
"Gleichzeitig zu trocken und zu nass"
Das liege auch daran, dass sich die Versorger vorbereitet und die "Ausnahmesituation" mit teils großer Trockenheit im ersten Halbjahr 2023 und dem feuchten Jahresende "hervorragend gemeistert" hätten, wie ÖVGW-Präsident Wolfgang Nöstlinger sagte. Tatsächlich habe man die bizarre Situation gehabt, dass das Vorjahr "gleichzeitig zu trocken und zu nass war" - bei insgesamt 2,6 Grad mehr im Vergleich zum Schnitt von 1961-1990, betonte Neunteufel.
Längere Trockenperioden und deutlich weniger Schnee
Auch 2024 befindet sich bekanntlich temperaturtechnisch auf einem ähnlichen Weg, der auch den Pfad in die klimatische Zukunft weist: "Es ist eigentlich schon fünf Minuten nach zwölf für das globale Zwei-Grad-Plus-Ziel" bis Ende des Jahrhunderts, so der Boku-Wissenschafter. Für Europa heißt ein weltweites derartiges Plus, dass es bis zu fünf Grad Celsius bis 2100 zu verkraften geben könnte.
Da man bei der Treibhausgasreduktion "weit außerhalb der Zielwerte" ist, sei das "keine Panikmache, das zeigen einfach die Zahlen". Für die Wasserversorgung bedeutet das im Schnitt längere Trockenperioden, im Wechsel mit Starkniederschlägen und insgesamt deutlich weniger Schnee, der aber für die Bildung von Grundwasser sehr bedeutsam ist.
Seitens der Betriebe habe man laut der Befragung neben Schäden an der Infrastruktur durch Extremereignisse auch Sorge vor regionalen Wasserengpässen, denn "Ressourcen herzaubern funktioniert nicht", so Neunteufel. Schon seit 15 bis 20 Jahren schließen sich Infrastrukturbetreiber daher über Verbindungsleitungen zusammen, um drohende Engpässe oder kurzfristig verschmutztes Trinkwasser mit kühlem Nass aus Nachbargemeinden oder -regionen auszugleichen, erklärte auch Nöstlinger.
Förderung der Länder und des Bundes
Die oberste Prämisse sei "Trinkwasser muss leistbar" und verfügbar bleiben. Dazu brauche es weiter die Förderungen der Länder und des Bundes, um die teils aus den 1950er und 1960er-Jahren stammende Infrastruktur zu erhalten und zu erneuern: "Das kostet Geld" - österreichweit in etwa einen "höheren dreistelligen Millionenbetrag", umriss Nöstlinger von der Welser eww Gruppe. In Wels habe man zuletzt zum Beispiel rund fünf Mio. Euro in einen neuen Hochbehälter investiert.
Nahezu keine Wasserzähler an Brunnen
Der österreichische "Trinkwassersicherungsplan" müsse jedenfalls weitergeführt werden, so der Branchenvertreter. Und man benötige mehr Daten, um wissenschaftlich fundiert feststellen zu können, wie viel Grundwasser tatsächlich entnommen wird. Im landwirtschaftlichen Bereich gebe es bisher nämlich nahezu keine Wasserzähler an Brunnen. Das ist auch nicht vorgeschrieben. Neunteufel und Nöstlinger pochen hier auf Änderungen, denn das Wissen über die tatsächliche Gesamtentnahme werde künftig wichtiger, wenn es etwa in Regionen im Osten des Landes vielleicht einmal um die Abwägung geht, wer die Ressource Wasser in welchem Ausmaß nutzen kann - die Bevölkerung, die Landwirtschaft oder etwa die Industrie.
Man sei hier im Gesprächen mit dem Landwirtschaftsministerium. Um beim "Management" nicht auf Schätzungen angewiesen zu sein, brauche man diese Daten jedenfalls rasch, so Nöstlinger.
Wasser in Zukunft "bewusst einsetzen"
Für das wasserreiche Österreich gelte jedoch weiter: "Wir müssen nicht Wassersparen, es aber bewusst einsetzen." Das sei neu, denn bis vor kurzem war Wassermanagement schlichtweg nicht notwendig, so Neunteufel. Es ist quasi "alles gegangen". Dass diese Sorglosigkeit vielleicht in manchen Regionen nicht mehr so an den Tag gelegt werden kann, ist ein neues Phänomen, mit dem sich die Branche aber aktiv auseinandersetze.
Anfang September mit Hitzewelle konfrontiert
Nachdem man in das Jahr 2023 mit "superniedrigen" Grundwasserpegelständen gegangen ist, war die Lage Anfang 2024 deutlich entspannter. Zuletzt ist es aber in einigen Gebieten schon wieder recht lange sehr trocken, und man ist Anfang September mit einer Hitzewelle konfrontiert. Die Zukunft sind vielleicht rund vier Monate Sommerhitze mit immer wieder Starkregen - darauf müsse man sich vorbereiten, so Neunteufel.
Kurz zusammengefasst:
- Der Klimawandel führt zu unregelmäßigerem Wetter, was die Bildung von Grundwasser erschwert und zu regionalen Wasserengpässen führen könnte, besonders in den Sommermonaten.
- Über 50 % der befragten Wasserversorger berichteten von Trockenheit und Starkregen im letzten Jahr, was in einigen Fällen zu Trinkwasserverunreinigungen führte.
- Um die Wasserversorgung auch in Zukunft zu sichern, müssen alte Infrastrukturen aus den 1950er und 1960er Jahren erneuert werden, was erhebliche Investitionen erfordert.
- Es wird gefordert, mehr Daten über die Grundwasserentnahme zu sammeln, um die Ressource Wasser effizient und gerecht zu verwalten, insbesondere in landwirtschaftlich genutzten Gebieten.