Zwischen "Dreck am Stecken", "Umsetzungszwerg" und "Nordkorea-Statur"
Von Johanna Hager
Es gehört zur freiheitlichen Tradition, den politischen Aschermittwoch zu begehen - mit Bier, Heringsschmaus und Reden, die anderswo so nie fallen würden. Die auffallen, im Gedächtnis bleiben und in die Geschichtsbücher eingehen. So geschehen 2001.
Da stellt Jörg Haider auf der Rednerbühne die Frage: "Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann". Die Angriffe auf den damaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, haben ein gerichtliches Nachspiel und eine Verurteilung zur Folge.
Mehr als zehn Jahre später befindet FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: "Unser Herr Bundespräsident (Anm. Heinz Fischer) hat offenbar nicht nur die Statur eines Nordkoreaners, sondern auch die Gesinnung eines KP-Funktionärs.“
Über den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann sagt er 2012: "Als Reformator wird er nicht in die Geschichte eingehen, höchstens als Inserator.“
Drei Jahre später ist die Migration das bestimmende Thema.
Für Strache ist "der Islam kein Teil Österreichs“ und: "Der Islamismus ist der neue Faschismus". Ob der Terroranschläge in Paris und Kopenhagen hält er fest: "Es sind keine Rechtsextremisten, die Juden auf offener Straße bespucken.“
ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz "wird im Ausland immer gefragt, warum er nicht in der Schule ist“.
2016 stellt Strache in der Rieder Jahnturnhalle den Kanzleranspruch. Das Argument, mit den Flüchtlingen kämen top-qualifizierte Arbeitskräfte ins Land, gelte nur, wenn man "syrische Fußpfleger bei uns als Orthopäden akzeptiert“.
Straches Vorbild sei vielmehr der „ungarische Schützer der Staatsgrenzen Viktor Orban“.
Und: "Der Halbmond ist wunderschön, wenn er am Himmel steht oder wenn er als Vanillekipferl daherkommt. Ab als Symbol für Österreich brauche ich ihn wirklich nicht.“
2017 beschreibt Strache Kurz als "Ankündigungsriese", der aber ein "Umsetzungszwerg" sei. Ein Jahr später ist Kurz Kanzler, Strache Vizekanzler der türkis-blauen Koalition.
2018 schießt sich der FPÖ-Chef und Vizekanzler nicht auf die ÖVP ein, sondern auf den ORF. "Mich wundert es ja nicht mehr, wenn Leute sagen: Dem ORF glaub ich nicht einmal mehr die Uhrzeit."
Die 2023 wieder aktuellen GIS-Gebühren kommentiert Strache damals wie folgt: "Die Gebühren sind ein medienpolitischer Anachronismus, der im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren hat.“
2019 bleibt der FPÖ-Chef auf dem Thema: "Mancher ORF-Moderator schaut ja heute noch drein, als ob er auf eine saure Zitrone beißen würde, wenn er einen von uns interviewen muss" und wettert gegen europäische Staatschefs wie Emmanuel Macron und Angela Merkel.
"Ihr kennt ja wahrscheinlich alle den Film 'Fluch der Karibik'. Das erinnert doch an die EU. Der Käptn steht schwankend am Steuer, und der Merkel-Macron-Kurs steuert gnadenlos auf ein Riff zu.“
2020 ist Strache als FPÖ-Obmann wegen des Ibiza-Videos Geschichte und Norbert Hofer an der Spitze der Freiheitlichen Partei.
Hofer lässt in Ried wissen, was er vom ehemaligen Regierungspartner und dessen Koalitionspartner hält. "Was ist der Unterschied zwischen einem Theater und der türkis-grünen Bundesregierung?“
Antwort: "In einem Theater werden gute Schauspieler schlecht bezahlt“.
Strache an der Spitze der "Allianz für Österreich" (DAÖ), später "Team HC Strache", zieht in seiner eigenen Aschermittwochsveranstaltung einen historischen Vergleich: "Jörg Haider hat damals die FPÖ verlassen. Bei mir ist es umgekehrt. Mich haben meine bisherigen Wegbegleiter verlassen und haben selbst eine Spaltung verursacht."
Mit der Pandemie wandelt sich auch der blaue Aschermittwoch. 2021 gibt es eine Online-Plauderei zwischen Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner und Norbert Hofer. Haimbuchners Fazit: "Die Regierung hat nicht das Land durch die Krise geführt, sondern die Krise durch das Land.“
2022 entfällt der Aschermittwoch zur Gänze und damit fällt Herbert Kickl um seine erste Aschermittwochsrede an der Spitze der Partei um. Selbiges wird er am 22.Februar 2023 nachholen.