"Wohnschirm" übernimmt künftig auch Energiekosten: "Niemand darf frieren"
Der "Wohnschirm" des Sozialministeriums unterstützt Menschen mit geringem Einkommen ab sofort auch bei der Zahlung von Rückständen von Energiekosten und bei Problemen mit der Höhe der Vorauszahlungen. "Wir erweitern den Wohnschirm um eine Energiesicherung. Es soll, muss und darf in Österreich niemand frieren", sagte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Montag. Dafür wurde das Projekt bereits Ende des vergangenen Jahres auf 134 Millionen Euro bis 2026 aufgestockt.
Laut einer Umfrage der Statistik Austria können rund 500.000 Menschen ihre Wohnung nicht angemessen warm halten, sagte Rauch im Rahmen einer Pressekonferenz. Ebenso viele hätten Rückstände bei Miete, Betriebskosten oder Kreditraten.
Reichen die bestehenden Unterstützungsleistungen der Bundesländer nicht aus, übernimmt der Wohnschirm nun auch Rückstände bei den Energiekosten. Zusätzlich gibt es bei Bedarf eine finanzielle Unterstützung zur Deckung erhöhter Vorauszahlungen. Diese ist nach Haushaltsgröße gestaffelt. So erhält ein Ein-Personen-Haushalt etwa maximal 660 Euro, ein Zwei-Personen-Haushalt bis zu 1.060 Euro und ein Drei-Personen-Haushalt maximal 1.460 Euro. Anspruchsberechtigt sind laut Ministerium Menschen aus dem unteren Einkommensdrittel der Bevölkerung.
"Niemandem die Heizung abdrehen"
"De facto wird in Österreich niemandem der Strom oder die Heizung abgedreht, das ist die Zielsetzung", sagte der Minister, der mit einem "ordentlichen Anstieg der Betroffenen und des Andrangs" rechnet. Um Unterstützung zu erhalten, können sich betroffene Personen an eine von mehr als hundert Beratungsstellen von Volkshilfe, Caritas, Diakonie und Rotem Kreuz in ganz Österreich wenden.
"Die letzten Monate waren bei uns durch einen Anstieg an Beratungen bei Räumungsklagen, Kündigungen und Delogierungsterminen geprägt", berichtete Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe. Allein in Wien habe es im Vergleich zum Jahr davor eine Steigerung um fast 50 Prozent bei den Erstberatungen gegeben. Besonders betroffen seien Alleinerzieherinnen.
"Armut dringt in die Mitte vor"
Von einer "dramatischen Situation" sprach auch Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. "Auch bei uns ist die Anzahl der Beratungen sehr stark gestiegen." Die Anfragen hätten gerade in Bezug auf die Energiekosten zugenommen. Außerdem seien immer mehr Menschen betroffen. "Die Energiearmut dringt in die Mittelschicht vor", stellte Parr fest.
Michael Opriesnig, Generalsekretär des Roten Kreuzes, beobachtete ebenso in den vergangenen Monaten nicht nur einen Anstieg der Beratungen, sondern auch eine Veränderung der Gruppe, die diese in Anspruch nehmen. Die Einmalzahlungen hätten temporär sehr gut gewirkt, viele Menschen hätten vor der Delogierung bewahrt werden können. "Unser Ziel ist eine solidarische Gesellschaft, die die Schwächsten nicht vergisst", sagte er. Er rief außerdem die Energieversorger dazu auf, Ombudsstellen, wie sie etwa die Wien Energie bereits habe, einzurichten.
Der Wohnschirm helfe als "letzter Fallschirm", begrüßte auch Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie, die Maßnahme. Sie betonte aber, dass es vor allem auch eine Erhöhung der Wohnbeihilfe - "hier sind die Länder am Zug" - und eine Reform der Sozialhilfe brauche.
Seit März 2022 werden mit dem Wohnschirm Menschen unterstützt, die von einer Delogierung bedroht sind. Seither wurden laut Ministerium mehr als 2.300 Wohnungen gesichert und damit über 5.200 Menschen vor der Wohnungslosigkeit bewahrt. Die Bundesregierung hat die Mittel dafür im vergangenen Jahr von den ursprünglich geplanten 24 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro bis 2026 aufgestockt.