Politik/Inland

Kurz in Wahlarena: "Was Sie da machen, ist höchst manipulativ"

Vier Wochen noch bis zur Nationalratswahl, dann werden die politischen Weichen in Österreich eventuell neu gestellt. In sämtlichen Umfragen derzeit meilenweit voraus - etwa im Schnitt 15 Prozent - ist die ÖVP von Sebastian Kurz.

In der Puls4-"Wahlarena" verteidigte er zuerst seine prominente Unterstützerin Christiane Hörbiger, die in einem Wahlkampf-Video für die ÖVP geworben, respektive Pamela Rendi-Wagners Beteiligung am Sturz der Kurz-Regierung als "völlig verblödet" bezeichnet hatte.

"Ich hab mich gefreut über diese prominente Unterstützung. Sie hat nicht Pamela Rendi-Wagner persönlich beschimpft. Die Abwahl der gesamten Regierung war verblödet", verteidigte Kurz Hörbiger. Auf seiner Wahlkampftour habe er noch "deftigere Worte" erlebt, versicherte Kurz und kritisierte, dass es eine "massive Herabwürdigung" seiner Unterstützerin in Internetforen gegeben habe.

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Ibiza: Moderatorin wollte nicht mit Kurz wetten

Zu Vorwürfen im Zuge der Schredder-Affäre, dass die ÖVP an der Erstellung des Ibiza-Videos beteiligt gewesen sei, meinte Kurz in Richtung der Moderatorin Corinna Milborn: "Was Sie da machen, ist höchst manipulativ." Sie bringe das Video mit der Schredder-Affäre in Verbindung, was abwegig sei.

Es sei "vollkommen absurd zu glauben, dass es da einen Zusammenhang gibt". Kurz wollte gar eine Wette mit Milborn eingehen, was diesen Zusammenhang betrifft. Milborn lehnte die Wette grundsätzlich ab.

Großspendern wird "automatisch Schlechtes unterstellt"

Deftige Kritik musste die ÖVP zuletzt wegen einer publik gewordenen Liste an Großspendern einstecken, darunter Heidi Göess-Horten, die der ÖVP insgesamt 931.000 Euro in Tranchen von 49.000 Euro gespendet hatte. Erst ab der Grenze von 50.000 Euro haben Parteien nach damaliger Rechtslage Spenden sofort an den Rechnungshof melden müssen.

"Es wundert mich, dass Menschen, die sich für uns einsetzen, automatisch etwas Schlechtes unterstellt wird", sagte Kurz.

Ärzte auf Landflucht: Studienplätze verdoppeln

Mit einer unerwarteten, thematischen Ansage, ließ Kurz aufhorchen: Die ÖVP will für Medizinstudenten in Österreich die Studienplätze verdoppeln, um dem drohenden Mangel von Landärzten zuvor zu kommen. Derzeit sind es 1.700 Studienplätze. Ein Platz kostet rund 60.000 Euro pro Jahr. Es bräuchte ein massives Investitionsprogramm.

Hilfreich für die Finanzierung dieser Maßnahme soll die Sozialversicherungs-Zusammenlegung sein - die zumindest bisher allerdings mehr Geld gekostet als gebracht hat.

"Natürlich hat eine Strukturreform nicht mit dem ersten Tag die volle Wirkung", versuchte Kurz zu beruhigen. Mit "jeder Kündigung eines Generaldirektors, den es nicht mehr braucht", gäbe es mehr Geld. Bisher kostete die Zusammenlegung allerdings nur, und zwar zwischen 300 bis 400 Millionen Euro.

Kopftuchverbot: "Religionsneutral auftreten"

Präsentiert wurde Kurz von Puls4 dann eine Dame mit Kopftuch, die Lehrerin werden möchte und Kurz vorwarf, „die Gesellschaft zu spalten“, weil sich die ÖVP für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst einsetze. „Warum verbauen Sie mir und vielen anderen Musliminnen die Zukunft?“, fragte die 18-Jährige.

"Es gibt kaum ein Land auf der Welt, das jungen Menschen so viele Möglichkeiten bietet", widersprach Kurz. Er finde es jedoch "durchaus legitim, dass es gewisse Regeln des Zusammenlebens gibt". Richter sollten "religionsneutral auftreten" und nicht in einem "Jesus-T-Shirt" oder Kopftuch. Dasselbe gelte auch für Lehrer.

Auch der zweite Studiogast, Peter Pilz, der in dieser Frage ähnliche Forderungen wie Kurz erhebt, durfte einer Dame mit Kopftuch antworten. Die Dame ärgerte sich, dass Pilz ihr "als Mann" vorschreiben wolle, was sie zu tragen habe. Pilz wehrte sich gegen den Vorwurf, ein Patriarch zu sein: "Im öffentlichen Dienst gilt ein Grundprinzip, die religiöse Trennung." Der öffentliche Dienst sei ein religionsfreier Raum und nicht mit religiösen Symbolen wie einem Kopftuch vereinbar. "Ein Kopftuch ist kein religiöses Symbol", antwortete die Dame.

Kurz: Nicht "nur Rassisten" in Weikendorf

Doch vorerst zurück zu Kurz: Überraschungsgast im Studio war jener muslimische Vater, der mit seiner Familie in der niederösterreichischen Gemeinde Weikendorf ein Haus erwerben will. Das Land NÖ hat den Hauskauf genehmigt, der ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde will rechtlich dagegen vorgehen. Kurz bekräftigte, dass er den Hauskauf einer muslimischen Familie in Niederösterreich für legitim halte. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die Weikendorfer, die "nicht alle Rassisten" seien, nur weil sie sich Sorgen wegen muslimischer Zuwanderer machen würden.

Klimawandel entscheidet sich nicht in Österreich

Während die Migrationsfrage offenbar im Notfall auch in Österreich gelöst werden kann, hält Kurz die Klimakrise grundsätzlich für ein "globales Thema". "Ein bisschen wirkt es fast schon so, als wäre die ganze Klimakrise von einer Regierung verursacht worden", meinte Kurz sarkastisch in Richtung seiner Kritiker. Entscheidend sei, wie sich Märkte wie Indien oder China entwickeln würden, wenn es um die Rettung des Klimas gehe, stellte er fest.

Für Österreich wiederholte er seinen Wunsch nach einer Wasserstoff-Offensive. Geht es nach Kurz, sollen künftig Elektroautos auf Kurzstrecken und Wasserfstoffautos auf Langstrecken fahren. Zudem zeigte er sich offen dafür, andere Pläne umzusetzen, sollte jemand bessere Vorschläge haben. Vielleicht eine Einladung an Werner Kogler, sagte Kurz doch auch zu Beginn seines Auftrittes überraschender Weise: "Beim Twinni würde ich grün nehmen."

Pilz über Kurz: "Er ist ein Feigling"

Auf Kurz folgte dann Peter Pilz von der Liste Jetzt als Gast in der Wahlarena. Jener Peter Pilz, mit dem Kurz im Wahlkampf sämtliche persönliche TV-Diskussionsrunden abgesagt hat: "Ich gönne mir den Luxus, mir das persönlich zu ersparen", meinte Kurz und mokierte sich über all das "Skandalisieren" und die Verschwörungstheorien, die Pilz andauernd spinnen würde.

Pilz durfte wenige Minuten später Kontra geben. Das tat er: Kurz verlasse mit dieser Ansage den Boden der parlamentarischen Demokratie, meinte er. "Wenn ihm das zu viel ist, dann ist ihm die Kanzlerschaft auch zu viel", legte er nach. "Ich sage Ihnen ganz deutlich: Er ist ein Feigling", wurde Pilz dann gewohnt deutlich und quittierte die Buh-Rufe aus dem Publikum mit einem Lächeln.

Einen harten Schlagabtausch, respektive ein unterhaltsames Schreiduell, lieferte sich Pilz daraufhin mit einem Interessensvertreter der konventionellen Tierhaltung. "Meiner Meinung nach lassen Interessensvertreter wie Sie die Bauern im Stich", zürnte Pilz. Die Zukunft liege in einer "ökologisierten Landwirtschaft", worauf die Bauern überhaupt nicht vorbereitet seien.

Ehemaliger Unterstützer ärgert sich

Ein ehemaliger Aktivist der heutigen Liste Jetzt - ehemals Liste Pilz - warf Pilz mit persönlichen, konkreten Erzählungen vor, dass er sich nicht für seine eigenen Parteikollegen interessiert habe.

"Ich habe unfassbar wenig Zeit gehabt, mich um Partei und anderes zu kümmern", rechtfertigte sich Pilz. Er habe all seine Zeit für die Untersuchungsausschüsse gebraucht. Mittlerweile sei das allerdings besser geworden. Zur Erinnerung: Drei ehemalige Parteikollegen hatten sich sogar geweigert, für Pilz eine Unterstützungserklärung abzugeben.

Mit der zu erwartenden Frage zur MeToo-Bewegung - Pilz verstand die Anspielung und antwortete souverän - endete ein kurzweiliger Fernsehabend, der dem Kopftuch proportional viel Raum gab.