Türkis-grüne Einigung: Ausstieg aus Russen-Gas bis 2027
Bis zum Jahr 2027 soll Österreich unabhängig sein von russischem Erdgas. Darauf hat sich die türkis-grüne Regierung dem Vernehmen nach nun geeinigt.
Das Datum deckt sich mit den EU-Zielen und soll in der neuen österreichischen Sicherheitsstrategie (ÖSS) festgeschrieben werden.
Der Ausstieg war eine zentrale Forderung der Grünen - und der letzte offene Punkt in den Verhandlungen über die neue Sicherheitsstrategie, die die Regierung eigentlich schon Ende 2023 abliefern wollte.
Die Arbeiten sollen nun vom Bundeskanzleramt finalisiert werden, damit die fertige Strategie in den nächsten Wochen präsentiert werden kann.
Wie aber kam es nun - nach monatelanger Blockade - zu der Einigung? Aus grünen Kreisen ist zu hören, dass die Einigung "Teil der Gespräche rund um den österreichischen EU-Kommissar" gewesen sei.
Wie berichtet, haben die Grünen diese Woche dem Wunsch der ÖVP, Finanzminister Magnus Brunner zu nominieren, entsprochen. Im Gegenzug sollen die Grünen (unter anderem) den Ausstieg aus dem Russen-Gas gefordert haben. Für sie ist die jetzige Einigung ein Erfolg.
Ukraine-Krieg über Gas mitfinanziert
Der Anteil von russischem Erdgas in Österreichs Leitungen liegt laut jüngsten Schätzungen bei 80 bis 90 Prozent. Im Vorjahr soll Österreich demnach rund vier Milliarden Euro an Gazprom überwiesen haben. Viel Geld, das in Präsident Wladimir Putins Kriegskasse gespült wird.
Die Abhängigkeit sei, so eine weitere Überlegung aus der Regierung, eine Gefahr für die Wirtschaft. Ein einseitiges Drosseln der Lieferungen habe steigende Gaspreise für heimische Haushalte und die Industrie zur Folge. Ein Risiko, das durch einen kontrollierten Ausstieg gemindert werden könne. Dieses Ziel soll nun in der Sicherheitsstrategie fixiert werden.
Offene Projekte auf Halde
Wie Österreich den Ausstieg bis 2027 schaffen soll, ist im Zuge der Einigung nicht überliefert – aber es gibt Projekte auf Halde: Etwa das Erneuerbare-Gase-Gesetz vulgo Grüngasgesetz, das zuletzt an der SPÖ gescheitert ist. Die Grünen hoffen im September noch auf eine Einigung bei dem Gesetz, das unter anderem die Beimischung von Biogas vorsieht.
Zudem hat Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) eine Kommission eingesetzt, um zu prüfen, wie die OMV aus dem Liefervertrag mit Gazprom, der von der türkis-blauen Vorgänger-Regierung bis 2040 verlängert worden war, herauskommen könnte.
Und dann wäre da noch das Gasdiversifizierungsgesetz. Dieses sieht u.a. vor, dass Gasversorger ab kommendem Winter 40 Prozent nicht-russisches Gas an ihre Kunden weitergeben.
Gewessler hat im April einen Entwurf vorgelegt. Aus ihrem Büro heißt es am Samstag, es brauche „Bewegung vom Gegenüber“, sprich: der ÖVP. Man sei aber im Gespräch.
Das steht in der Einigung
Dem KURIER liegt die Einigung zum Aus fürs Russland-Gas im Volltext vor. Dieser lautet:
Die Grundlage für wirtschaftliche Sicherheit ist eine widerstandsfähige und sichere kritische Infrastruktur und die Stärkung der Resilienz kritischer Einrichtungen. Im Sektor Energie ist der Einsatz des netzgebundenen Energieträgers Gas so rasch wie möglich zu reduzieren und die Infrastruktur für den Einsatz erneuerbarer gasförmiger Energieträger für schwer zu dekarbonisierende Sektoren zu etablieren.
Österreich will im Einklang mit den Beschlüssen des Europäischen Rates die Abhängigkeit von russischen Energieeinfuhren beenden, um dadurch Wirtschaft und Haushalte vor neuerlichen Preis- und Versorgungsrisiken zu schützen. Der Anteil der Gaseinfuhren aus Russland in die EU konnte von 2021 auf 2023 von 45% auf 15% reduziert werden.
Ein vollständiger Ausstieg ist nach den Plänen der Europäischen Kommission durch eine Reduktion des Gasverbrauchs, die Diversifizierung der Lieferquellen und den Ausbau der heimischen erneuerbaren Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen deutlich vor 2030 möglich. Die Präsidentin der Europäischen Kommission hat sich zum Ziel eines europaweiten Ausstiegs aus russischen Erdgaslieferungen bis 2027 bekannt.
Auch Österreich bekennt sich zu diesen Zielen. Der Ausstieg aus russischem Gas soll im Rahmen einer Gesamtstrategie zur Transformation des Energiesystems erfolgen, die Dekarbonisierung, Versorgungssicherheit und Leistbarkeit für Haushalte, Gewerbe und Industrie gleichermaßen berücksichtigt. Dabei ist besonderer Augenmerk darauf zu legen, dass Haushalte und Wirtschaft bei diesem Wandel bestmöglich unterstützt werden.