Steirischer Landeshauptmann Schützenhöfer tritt zurück
"Jetzt ist der Zeitpunkt", sagt Hermann Schützenhöfer. "Ich gehe schweren Herzens, weil ich mit Leib und Seele Landeshauptmann war und bin. Aber ich gehe mit gutem Gewissen, weil mein Nachfolger nicht besser sein könnte." Vier Minuten nach 10 Uhr bestätigt der Steirer: Er werde als ÖVP-Landesparteiobmann sowie als Landeshauptmann zurücktreten, die Regierungsfunktion in knapp einem Monat aufgeben - konkret am 5. Juli, da ist die nächste Sitzung des Landtages. Dann wird Christoper Drexler 51, jedenfalls mit den Stimmen der Koalition - die ÖVP regiert in der Steiermark mit der SPÖ - zum Landeshauptmann gewählt.
Der 70-Jährige hat das Pfingstwochenende dazu auserkoren, seine Amtsübergabe bekannt zu geben. Er wolle eine "geregelte Übergabe", begründet Schützenhöfer. "Nach 1945 waren Rücktritte in der Steiermark und vor allem auch im Bund häufig überfallsartig", begründet Schützenhöfer. "Weil man Wahlen verloren hat, weil man innerparteilich unter Druck war." Die Zukunft brauche "Kraft, Energie und Schwung", Drexler bringe das als 51-jähriger mit. "Und dazu 30 Jahre Erfahrung in der Landespolitik. Er ist ein Neuer an der Spitze, aber alles andere als ein Neuling."
Sechs Minuten dauert Schützenhöfers Presseerklärung, Fragen sind keine erlaubt, die dürfen erst am Nachmittag nach der Sitzung des Parteivorstandes bei einer Pressekonferenz folgen. Doch der Abschied fällt dem 70-Jährigen hörbar schwer. "Politik war mein Beruf, aber auch wenn ich jetzt als Landeshauptmann aufhöre, die Steiermark bleibt mein Leben."
Spekulationen schon seit Monaten
Der Zeitpunkt ist überraschend - und auch nicht. Seit Monaten wird in Graz spekuliert, wann der 70-jährige Partei und Landeshauptmannfunktion übergibt. Am Karmeliterplatz, dem Sitz der steirischen Volkspartei, wird erklärt, Schützenhöfer hätte nach einem überraschenden Moment gesucht. Der ist nun gekommen.
Zudem ist für seinen Nachfolger genügend Zeit, sich als Parteichef und Landeshauptmann zu profilieren - der nächste reguläre Termin für die Landtagswahl ist in der Steiermark 2024.
Schon vor einigen Wochen, bei seiner 70er Feier, die bemerkenswerterweise in den Sälen der Arbeiterkammer stattfand, war mit einem möglichen Rücktritt bzw. der Ankündigung gerechnet worden, dem war nicht so. Bei seiner Dankesrede vor 400 Gästen sagte der Steirer schmunzelnd, er wolle in der Pension kochen lernen. Immerhin seien "Reißverschlusswürstel" seine Spezialität. Als er das zu Hause erzählt habe, sei am Mittagstisch Stille eingetreten. "Meine Frau fürchtet sich davor und fragt nicht mehr danach."
Doch erst am vergangenen Dienstag witzelte Schützenhöfer bei einer Pressekonferenz erneut über den Termin seines Rückzuges: "Stellen Sie mir die Frage jetzt wieder oder soll ich sie selbst stellen?" fragte er die Journalisten. Schützenhöfer antwortete sich selbst: "Ich trete nicht zurück - heute."
Klassische ÖVP-Laufbahn
Schützenhöfer, an sich gebürtiger Niederösterreicher, hat die klassische Laufbahn in der ÖVP hinter sich. Er war JVP-Landesobmann, Kammerrat in der Arbeiterkammer, saß mehrere Legislaturperioden im Landtag. Seit der Wahlniederlage Waltraud Klasnics im Dezember 2005 - die SPÖ unter Franz Voves verdrängte die bis dahin kontinuierlich den Landeshauptmann stellende ÖVP vom ersten Platz - ist er ÖVP-Landeschef in der Steiermark. Zehn Jahre lang war Schützenhöfer Vizelandeshauptmann neben Voves, die erste Periode in einer angriffslustigen, die zweite dann aber in einer amikalen Variante, die zur SPÖ-ÖVP-"Reformpartnerschaft" wurde - bis hin zu einer persönlichen Freundschaft der beiden Parteiobmänner.
2015 wurde dann Schützehöfer selbst Erster im Land: Die ÖVP landete bei den Landtagswahlen zwar noch hauchdünn hinter der SPÖ, doch Voves machte den Weg frei für eine weitere Zusammenarbeit der Parteien - ohne ihn selbst, dafür diesmal unter schwarzer Vorherrschaft. Bei den Neuwahlen 2019 - ausgelöst durch eine Kontroverse über das geplante Leitspital Liezen - wurde die ÖVP dann auch selbst wieder stimmenstärkste Fraktion. Seither regiert Schützenhöfer - mit SPÖ-Vize Anton Lang - in seiner zweiten Legislaturperiode.