Regierung einigt sich auf "Strompreis-Bremse" ab Herbst
Die Bundesregierung traf sich heute, Mittwoch, im niederösterreichischen Mauerbach zum traditionellen Sommerministerrat. Russland drosselt die Gaslieferung, die Teuerung schreitet voran: Sowohl die Frage der Energiesicherheit, als auch weitere Maßnahmen gegen die hohe Inflation standen am Programm. "Sind wir in der Lage, wenn die russischen Gaslieferungen stoppen, weiterhin unsere Wohnungen zu heizen? Ist die Industrie in der Lage, weiterhin zu produzieren?", fragte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im anschließenden Statement.
Die Regierung beantwortete diese Fragen bis zu einem gewissen Punkt mit: Ja.
Abhängigkeit von Russland sinkt
Die Regierung setze nun alles daran, die heimischen Speicher so rasch wie möglich zu befüllen und den Gaseinkauf zu diversifizieren. Insgesamt 20 Terawattstunden Erdgas sollen bis 1. November als staatliche Gasreserve eingelagert werden. Das Gas steht im absoluten Ernstfall zur Verfügung. Ein großer Teil davon wird ab 1. August in Haidach eingespeichert. 8,5 Terawattstunden (TWh) der Gasreserve werden explizit aus nicht-russischem Erdgas angelegt.
Dieser Speicher stehe seit dem Abschluss des "Use-it-or-lose-it-Verfahrens wieder zur Verfügung". "Das gibt Sicherheit und hilft uns auch beim Erreichen unseres Speicherziels", betonte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne).
Zudem hat Österreich um knapp 3 Mrd. Euro weitere 12,3 TWh Gas gekauft. Mit dem Zuschlag zur zweiten Ausschreibung der strategischen Gasreserve habe die Austrian Gas Grid Management AG die Beschaffung des letzten Sicherheitspuffers abgeschlossen.
Auch bei der Diversifizierung der Gasversorgung sieht Gewessler Fortschritte: Mit der Sicherung von 40 TWh Leitungskapazitäten für nicht-russisches Erdgas durch die OMV und die Eigenproduktion von 10 TWh sei die Unabhängigkeit von Russland gesunken, aber: "Wir sind nicht am Ziel." Dennoch sieht Gewessler das Speicherziel von 80 Prozent "aus heutiger Sicht weiter erreichbar".
"Putin ist ein völlig unberechenbarer Diktator und will Europa mit erpresserischen Methoden spalten. Wir lösen uns Schritt für Schritt, Kubikmeter für Kubikmeter aus der Abhängigkeit von russischem Gas", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).
Strompreisbremse kommt
Zudem präsentierte die Regierung weitere Entlastungen gegen die Teuerung in Form einer "Strompreis-Bremse". Darüber wurde bereits in den vergangenen Wochen diskutiert. Auf Basis eines Vorschlags von Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr soll nun über den Sommer ein praktikables Modell ausgearbeitet ausgearbeitet werden, das ab Herbst wirken soll.
Die Strompreis-Bremse soll laut Regierung:
- Den Basisverbrauch – also eine Grundversorgung – zu einem gesicherten, günstigeren Preis auf Vorkriegsniveau für jeden Haushalt sicherstellen
- Möglichst unbürokratisch abgewickelt werden
- Bundesweit einheitlich sein
- Mittelfristig inflationsdämpfende Effekte haben
Ziel sei es, dass der notwendige Strombedarf der Haushalte leistbar bleibe, während gleichzeitig zum Energiesparen animiert werde, da der darüberhinausgehende Strom zu Marktpreisen abgegolten werde, heißt es. Details, wie genau das umgesetzt werden soll, ließ die Regierung am Mittwoch offen.
Kogler bat um "mehr Seriosität" in der Debatte. Ein "Holladaro-Strompreisdeckel" würde Unsummen kosten und nicht viel bringen.
Kogler: "Jetzt geht's los"
"Energie darf in einem Land wie unserem kein Luxus sein. Insbesondere, wenn es darum geht, die eigene Wohnung zu beleuchten oder auf dem eigenen Herd zuhause zu kochen", sagte Nehammer. "Direkthilfen, Energiehilfen: Ja, es hat ein wenig gedauert. Aber jetzt geht's los", so Kogler.
Die Regierung hat bisher drei Entlastungspakete gegen die Teuerung präsentiert. Kurzfristig soll etwa ein 600-Euro-Teuerungsausgleich Menschen mit niedrigem Einkommen helfen. Zudem wurde der Klimabonus für alle in Summe auf 500 Euro erhöht. Weitere Maßnahmen, wie die Teil-Abschaffung der kalten Progression, wirken ab 2023.
Die Pakete seien wesentlich größer als in anderen Staaten und auch schneller beschlossen worden, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
Bund soll als Vorbild dienen
Zudem gibt es - wie gewohnt - auch ein neues Gremium. Eine interministerielle Arbeitsgruppe soll Bundesbedienstete mit Vorträgen und Handbüchern auf energiesparendes Verhalten sensibilisieren. Bei der Bereitstellung von Wärme und Einrichtungen, die Energie verbrauchen, soll die Gruppe zudem "Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und einen Ausstiegspfad aus fossilen Energieträgern" erarbeiten.