Sobotka beklagt "Vernichtungsfeldzug gegen die ÖVP"
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verteidigt die EU-Sanktionen gegen Russland und kritisiert jene, die sich dazu kritisch äußerten, wie zuletzt auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). "Jeder, der von dieser europäischen Einigkeit abweicht, folgt letztlich dem russischen Narrativ. Die Sanktionen zeigen Wirkung in Russland. Wer das Gegenteil behauptet, spielt das Spiel von Putin“, sagt Sobotka im Interview mit dem profil. Nicht Thomas Stelzer sei für die Sanktionen zuständig, sondern die Bundesregierung, so Sobotka.
Der Außenauftritt der ÖVP-Grünen-Koalition ist nach Ansicht des Nationalratspräsidenten unbefriedigend: „Jahrelang wurde die Message-Control der Regierung kritisiert. Jetzt gibt es diese Struktur nicht mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation sind um ein Vielfaches schlechter geworden.“
"Vernichtungsfeldzug gegen ÖVP"
Den Verlauf des ÖVP-Untersuchungsausschusses bewertet Sobotka negativ: „Ich habe den Eindruck, dass es zunehmend eskaliert. Sogar der Verfahrensrichter im U-Ausschuss moniert, man könne leicht den Eindruck eines Tribunals gewinnen.“ Insgesamt werde, so Sobotka, „ein Vernichtungsfeldzug gegen die ÖVP“ geführt.
Die medialen Spekulationen um die Zukunft von Parteiobmann Karl Nehammer etwa seien "klar aus dem Oppositionsbereich" gekommen. Die Regierung sei stabil, aber ihr Außenauftritt ist für Sobotka unbefriedigend.
"Jahrelang wurde die Message-Control der Regierung kritisiert. Jetzt gibt es diese Struktur nicht mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation sind um ein Vielfaches schlechter geworden", meint Sobotka. Er vermisst "Kommunikationsstrategien, auch in Bezug auf Menschen und Unternehmen, die Unterstützung bekommen".
Nehammer-Debatte
Einen "Vernichtungsfeldzug gegen die ÖVP" sieht er jedoch nicht nur da - sondern auch in der Debatte über Bundeskanzler Nehammer im Sommer: "Niemand in der ÖVP hat auch nur im Ansatz Karl Nehammer infrage gestellt. Trotzdem wird im Sommer auf einmal eine Obmanndebatte losgetreten. Damit ist klar: Das steuert jemand", meint Sobotka - und machte "Spuren" aus, dass dies "klar aus dem Oppositionsbereich" gekommen sei: "Faktum ist: Es läuft ein politischer Angriff gegen die Volkspartei."
Nach wie vor findet Sobotka es "bedenklich, unter welchen Bedingungen Kurz schlussendlich weichen musste": "Dass man eine Regierung mit bloßen Anzeigen allein fast stürzen kann, irritiert mich doch sehr. Ich hätte gern Beweise für ein belegbares Fehlverhalten am Tisch."
"Mir wird alles vorgeworfen"
Dass ihm selbst - im U-Ausschuss - Parteilichkeit vorgeworfen wird, kommentiert Sobotka trocken: "Mir wird alles vorgeworfen. Ich bin in meinen 40 Jahren in der Politik unzählige Male angezeigt worden. Nie ist etwas rausgekommen. Es ist ein klares Muster, es heißt: Der Kurz muss weg. Der Blümel muss weg. Die Köstinger muss weg. Dieser Widerling Sobotka sitzt noch immer da."
Kritik an seinen publik gewordenen politischen Interventionen wies Sobotka in dem Interview neuerlich zurück: "Ich interveniere bis heute - in dem Sinn, dass ich mich für Menschen einsetze, die an mich herantreten, das ist letzten Endes meine Aufgabe als gewählter Mandatar." Er selbst habe nie jemanden bevorzugt, weil dieser ÖVP-Mitglied sei.
In der Corona-Politik habe die Bundesregierung nun "einen Weg wie die Schweiz eingeschlagen", so Sobotka. Dies begrüße er sehr: "Nüchtern betrachtet hat die Schweiz bei gleichem Ergebnis weniger Geld für Corona-Hilfen verbraucht. Daraus müssen wir lernen."