Rauch attackiert Bundesländer: "Sie schneiden sich ins eigene Fleisch"
Von Michael Hammerl
Alle vier bis sechs Jahre wird über den Finanzausgleich verhandelt: Dabei geht es darum, wie die staatlichen Einnahmen zwischen Bund, Bundesländern und Gemeinden aufgeteilt werden. Verteilt werden jährlich etwas mehr als 100 Milliarden Euro.
Derzeit stocken die Verhandlungen. Der Grund: Länder und Gemeinden fordern einen neuen Verteilungsschlüssel. Und der Bund? Fordert im Gegenzug für mehr Geld umfangreiche Reformen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat sich am Dienstag vor Journalisten mit einem eindringlichen Appell an die Bundesländer gewandt.
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"Wie ein Irrer"
"Letztlich geht es schon ums Feilschen in einer Situation, in der die Haushalte weniger Budget haben", sagt Rauch eingangs. Das liege unter anderem an den steigenden Zinsen. Die Rahmenbedingungen, die Spiel- und Fiskalregeln, hätten sich radikal geändert.
Deshalb macht der Bund den Ländern ein Angebot, das an Auflagen gebunden ist: Für Reformen im Gesundheits- und Pflegebereich bietet die Bundesregierung zehn Milliarden Euro bis 2028 - also zwei Milliarden pro Jahr. Im Gegenzug müssen die Länder die Reformen verpflichtend durchführen. Und: Der Bund fordert auch Reformen beim Thema Transparenz.
"Wenn wir das jetzt nicht schaffen, dann bleibt fünf Jahre alles wie es ist", warnt Rauch. Das sei gefährlich: "Dann werden wir 2030 sieben Milliarden Euro Mehrkosten im System haben." Deshalb versuche er "wie ein Irrer", Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen zu überzeugen, so Rauch.
Welche Reformen nötig sind
Warum genau braucht es diese Reformen? Österreichs Gesundheitssystem sei spitalszentriert und teuer, die Wartezeiten bei Kassenstellen lang, an Wochenenden gebe es kaum Angebote und in der Pflege bestehe ein Fachkräftemangel. "Wir brauchen eine Entlastung des stationären Bereichs", sagt Rauch. "Es wird immer schwieriger Ärztinnen und Ärzte fürs öffentliche System zu gewinnen."
Dementsprechend sind die zentralen Punkte der Reform: mehr Kassenstellen, ein besseres Angebot zu Randzeiten und eine deutliche Aufstockung des Pflegefonds.
Auch die Gesundheitsvorsorge in Österreich müsse verbessert werden, betont Rauch: "Niemand ist dafür zuständig offensichtlich und alle glauben, es muss nicht stattfinden. Offensichtlich kennt das österreichische Gesundheitssystem nur zwei Aggregatszustände: gesund oder krank."
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"Das bringt nix"
Was Rauch jedenfalls mehrmals als zentrale Botschaft wiederholt: Mehr Geld für die Länder gebe es nur im Gegenzug für Reformen. "Die Mittel müssen so ankommen, dass sie eine strukturelle, reformatorische Wirkung haben", sagt Rauch.
"Was ich nicht machen kann: Frei verfügbares Geld ausschütten und jeder macht damit, was er will." Es könne nicht jeder auf seinen "eigenen, finanziellen Schützengraben" schauen, so Rauch. Er appelliert an die Bundesländer: "Man kann schon versuchen, jetzt in der altbewährten Weise das eigene Geldbörserl aufzufetten und damit Spielgeld zu haben. Das bringt nix. Das bringt den Patientinnen und Patienten überhaupt nichts."
Die Länder würden immer noch darauf schauen, was netto bei ihnen ankomme. "Wenn dieser Finanzausgleich nicht zustande kommt, ist das zum Schaden der Patienten und auch der Bundesländer." Warum? Dann komme überhaupt kein zusätzliches Geld an die Länder: "Null."
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"Gottverdammt"
Wie geht es jetzt weiter? Es werde eine ganze Reihe an Begleitgesetzen gearbeitet, so Rauch. Die Verhandlungen mit den Ländern laufen. Ob er die Gefahr sehe, dass diese scheitern? "Es wird auf die staatspolitische Verantwortung der Landeshauptleute ankommen", antwortet Rauch zurückhaltend.
Um dann noch einmal deutlich zu werden, wie "gefährlich" ein Scheitern wäre: "Sie schneiden sich damit ins eigene Fleisch, sie schaden damit der Republik und den Patientinnen und Patienten", so Rauch. "Irgendwer wird es in dieser Republik ja gottverdammt schaffen müssen, irgendeine Reform zustande zu bringen."