Neue Frontfrau Birgit Hebein soll rot-grüne Ehe sichern
„Ich geb’s zu, ich bin ein bissl aufgeregt“, sagt Birgit Hebein und blättert die Zettel auf dem Pult vor sich durch. Die 51-Jährige absolvierte am Dienstag ihre erste Pressekonferenz als grüne Spitzenkandidatin.
Dass Hebein die interne Spitzenwahl der Wiener Grünen gewonnen hat, war erst wenige Stunden zuvor verkündet worden. Hebein ist gelernte Sozialarbeiterin, sitzt seit 2010 im Gemeinderat und gilt als Fachfrau für Sozialfragen.
Im Rampenlicht stand sie bisher kaum. Bei ihrem Auftritt strahlt die zweifache Mutter Ruhe aus: Sie spricht langsam, macht viele Nachdenkpausen – eine Gewissenhaftigkeit, die an Alexander Van der Bellen erinnert. Eine Maria Vassilakou – temperamentvoll, polarisierend – ist sie nicht.
Fragt man in der Partei nach ihr, hört man genau das: „Sie ist jene Kandidatin, die am wenigsten polarisiert.“ Klingt fad? Mag sein.
Zu viel Inszenierung
Ganz anders war ihr schärfster Konkurrent im internen Wahlkampf, Peter Kraus. Der 32-Jährige beherrschte die Inszenierung, seine Auftritte waren auf dem Punkt – vor allem in den sozialen Medien. Bei der Basis, den eingeschworenen Ökos, zog das offenbar nicht. Letztlich, heißt es in der Partei, war bei ihm die Suppe inhaltlich zu dünn.
Hebein haftet indes ein Fundi- bzw. Birkenstock-Image an. Zu Unrecht, wie ihr Umfeld betont: Die 51-Jährige sei pragmatisch, eine „gemäßigte Linke“ mit „starkem sozialen Gewissen“. Sie selbst erklärt zu ihren Plänen für die Landespartei, die ökologische (das Ur-Grünen-Thema) stärker mit der sozialen Frage (eher SPÖ-Terrain) verknüpfen zu wollen.
Ihre Nähe zur SPÖ sichert die Koalition – die Bürgermeisterpartei erklärte bereits, man setze die „sehr gute und konstruktive“ Arbeit fort, Neuwahlen seien kein Thema. Polit-Experten warnen aber, Hebein müsse sich thematisch deutlicher abheben, sonst droht sie spätestens im Wahlkampf eine rote Dublette zu werden. Linke aus der SPÖ einzusammeln sei jedenfalls zu wenig.
Termin mit Vassilakou
Hebein wird die Grünen nicht nur in die für 2020 angesetzte Wien-Wahl führen, sondern auch Vizebürgermeisterin werden und die Agenden von Amtsinhaberin Vassilakou übernehmen: Stadtplanung und Verkehr sind zwei hochkomplexe, eher technische Ressorts.
Ob sich die glühende Sozialpolitikerin rasch zurechtfinden wird – da ist man im Rathaus noch skeptisch. Morgen, Mittwoch, wollen Vassilakou und Hebein bei einem Treffen die Übergabe besprechen.
Bis Sommer 2019 will sich Vassilakou zurückziehen, kündigte sie zuletzt an. Dass die Entscheidung endlich gefallen ist, wird in der Partei als Erleichterung empfunden. Auch die Stadtregierung atmet auf: Kaum war im Jänner 2018 die Nachfolgedebatte in der SPÖ geklärt, nahm jene bei den Grünen Fahrt auf. Jetzt ist wieder mehr Raum für inhaltliche Arbeit.