Politik/Inland

Nach Platter-Vorstoß: Abschaffung der "kalten Progression" nicht spruchreif

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sorgte am Sonntag mit einer Ansage für Aufsehen. Als erster hochrangiger ÖVP-Politiker forderte er mit Nachdruck die Abschaffung der "kalten Progression". Nun, "wo die Inflation Rekordwerte erreicht und viele wertvolle Entlastungen vom Preisanstieg wieder aufgefressen werden" sehe er die Zeit gekommen, "dieser steuerlichen Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen", so Platter.

Sie beschreibt den Effekt, dass jährliche Lohnerhöhungen zu einer steuerlichen Mehrbelastung beim Einkommen führen. Wer durch die Anpassung des Lohnes an die Inflation mehr verdient, kann aber in eine neue Tarifstufe aufsteigen und muss somit auch mehr Steuern zahlen. Um das zu verhindern, sollen die Tarifstufen automatisch an die Inflation angepasst werden.

Ein Beispiel der Agenda Austria: In den vergangenen fünf Jahren (2016 bis 2021) machte die Inflation in Summe acht Prozent aus. Wer beim Gehalt immer die Inflation ausgeglichen bekommen hat, verdient jetzt um diese acht Prozent mehr. Dieselbe Person zahlt heute jedoch um elf Prozent mehr Lohnsteuer. Das ist so, weil die Schwellenwerte, ab denen die Tarifstufen bei der Lohnsteuer greifen, eben nicht an die Inflation angepasst werden.

Platter forderte: Ein bundesweiter Diskussionsprozess müsse starten. Das Finanzministerium (BMF) evaluiert zurzeit weitere Maßnahmen gegen die Teuerung. Die Abschaffung der kalten Progression wurde von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) dabei zuletzt als Möglichkeit bezeichnet. Denkbar ist aber auch eine Senkung der Lohnnebenkosten oder eine weitere Senkung der Tarifstufen - die ersten drei Einkommensstufen wurden bereits im Zuge der ökosozialen Steuerreform gesenkt. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr schlug etwa auch vor, Sozialleistungen automatisch an die Inflation anzupassen. Das ist im BMF derzeit aber kein Thema.

Demnach ist also nichts spruchreif, doch es wäre in den vergangenen Wochen nicht das erste Mal - Stichwort "Impfpflicht" - dass die ÖVP-Länder der Bundesregierung den Takt vorgeben. Wie kommt Platters Vorschlag also bei den Partei- und Amtskollegen an?

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Diesmal handelt es sich aber um einen Vorstoß Tirols, den zumindest in dieser Deutlichkeit noch niemand bekräftigen will, wie ein Länder-Rundruf des KURIER zeigt.

"Sicherlich ein Diskussionspunkt"

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ist einer Abschaffung der kalten Progression zumindest nicht abgeneigt: "Jede Form der spürbaren Entlastung ist in einer Zeit wie jetzt willkommen", sagt sie zum KURIER. "Die Abschaffung der kalten Progression ist sicherlich ein Diskussionspunkt", sagt auch Thomas Stelzer, Oberösterreich. Jetzt gehe es aber um rasche Hilfe gegen die Teuerung, wofür die Bundesregierung bisher zwei Entlastungspakete in Höhe von vier Milliarden Euro beschlossen hat. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner hat sich in der Vergangenheit immer wieder für die Abschaffung der kalten Progression ausgesprochen.

Deutlich passiver zeigen sich der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und der Salzburger Wilfried Haslauer. Beide verweisen auf den Arbeitsprozess im Finanzministerium und wollen Vorschläge erst bewerten, wenn diese vorliegen. Schützenhöfer verweist zudem auf ein Statement gegenüber ORF Steiermark, wo er an die Sozialpartner appellierte, "in den Lohnverhandlungen darauf zu achten, den in den Kollektivverträgen verankerten Mindestlohn anzuheben". Dieser solle auch für jene Branchen verankert werden, in denen es noch keine Mindestlöhne gebe, so Schützenhöfer.

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