Politik/Inland

Kogler sieht Kurz "nicht mehr amtsfähig" - Kanzler sieht das anders

Erst avisiert Werner Kogler ein Pressestatement abgeben zu wollen. Wenige Minuten später kommt das Aviso, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz zeitgleich zur Zeit im Bild vor die Medien treten will.

Kurz nach 19 Uhr 30 ist es soweit. ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz tritt im Kanzleramt ans Rednerpult. Die Rede dauert nur wenige Minuten. Es werde derzeit sehr vieles miteinander vermischt, leitet Kurz sein Statement ein. Es gebe einerseits SMS aus dem Jahr 2016, die er heute nicht mehr so schreiben würde. Und dann gebe es strafrechtliche Vorwürfe, betont Kurz. 

Kurz: "ÖVP ist handlungsfähig und handlungswillig"

Der Bundespräsident habe in seiner heutigen Rede am Abend angesprochen, so Kurz, dass für jeden Bürger die Unschuldsvermutung gelte. Er sei froh, die Vorwürfe in einem Verfahren widerlegen zu können. Er werde alles tun, um schnellstmöglich für Aufklärung zu sorgen.

Es stelle sich nun aber die Frage, wie es in der Republik weitergehen könne. "Die ÖVP", sagt Kurz, sei "als Demokraten überzeugt davon, dass es zu akzeptieren ist, dass es im Parlament andere Mehrheiten gibt". Die ÖVP ist "handlungsfähig und handlungswillig." 

Kurz befindet: "Es wird zu wenig miteinander gesprochen". Deshalb werde er alles tun, um "Gespräche mit dem Bundespräsidenten und den anderen Parteien zu führen". Der ÖVP-Chef
dankt allen, die sich unterstützend an ihn gewandt hätten. Dann geht er ab, ohne Fragen zuzulassen.

Kogler: "Der Kanzler ist nicht mehr amtsfähig"

Grünen-Chef Werner Kogler sagt mit Klubchefin Sigrid Maurer an seiner Seite kurz vor 20 Uhr das genaue Gegenteil. Der Vizekanzler hält den Regierungschef nicht mehr für amtsfähig.

Die Grünen haben in der Regierungskrise am Freitag versucht, den Ball an die ÖVP zurückzuspielen und die Ablöse von Sebastian Kurz als Kanzler verlangt. "Die ÖVP ist aufgerufen, eine untadelige Person zu finden, die dieses Amt ausführen kann", sagte Klubobfrau Sigrid Maurer.

Ihm gehe es darum, mit Verantwortung für Stabilität und Ordnung sorgen und die Vorwürfe aufzuklären, sagt der Vizekanzler weiter. Es gehe nicht nur um Vorwürfe der WKStA sondern darum, was aus den Chats herausspringt. Kogler wiederholt: "Der jetzige Kanzler ist nicht mehr amtsfähig." Ob die Grünen einem Misstrauensantrag zustimmen werden, lässt Kogler offen.

Rückblick:  Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler befand sich am Freitag in Gesprächen mit allen Fraktionen. Zur am Donnerstag erfolgten Festlegung der ÖVP auf Kurz meinte er, dies sei dem Regierungspartner unbenommen. Die ÖVP als staatstragende Partei habe aber mehrere Möglichkeiten der Personalauswahl, bei der nicht jahrelang schwere Gerichtsverfahren drohten. Maurer sah das ähnlich. Es stünden schwere Vorwürfe, etwa Korruption und der Missbrauch von 1,3 Mio. Euro an Steuergeld im Raum. Kurz werde künftig ständig damit beschäftigt sein, diese Vorwürfe zurückzuweisen. "Es ist ganz klar, dass so jemand nicht mehr amtsfähig ist", sagte sie.

Dass die ÖVP niemanden anderen nominiere, löst für sie die nunmehrigen Gespräche aus. "Offensichtlich weigert sich die ÖVP, eine solche untadelige Person bereitzustellen, deswegen reden wir mit den anderen Parteien", sagte Maurer. Ob die Grünen also beim Misstrauensantrag der Opposition am Dienstag mitgehen werden, wenn Kurz nicht ausgetauscht wird, ließ sie offen.

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