Intensivstationen überlastet: Anschober bittet um sofortige Osterruhe
Thomas Staudinger, Leiter der Intensivstationen am Wiener AKH, nahm sich am Freitagabend in der ZiB2 kein Blatt vor den Mund. Er sprach von einer Situation, die man mit folgendem Wort beschreiben könne: "dramatisch". Grund dafür dürfte die britischen Virus-Mutation sein, die deutlich ansteckender und laut neuer Studienlage auch mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent zu einem schwereren Krankheitsverlauf führt.
Die nackten Zahlen zur dramatischen Situation: Binnen 24 Stunden sind in Österreich 3.498 Neuinfektionen mit dem Coronavirus und ein deutlicher Sprung um 41 weitere belegte Intensivbetten hinzugekommen. Die Zahl der schwerkranken Spitalspatienten stieg damit von 463 auf 504.
Wichtige Operationen müssen verschoben werden
In nur einer Woche ist die Zahl der Covid-Intensivpatienten um 110 bzw. 27,9 Prozent gestiegen. Aktuelles Sorgenkind der Nation: Wien. Mehr als die Hälfte der neu mit Covid-Patienten belegten Intensivbetten - exakt 22 von 41 - kamen seit Freitag in der Bundeshauptstadt hinzu.
Hinzu kommen auch Nicht-Covid-Patienten auf Intensivstationen. Hier müssen in Wien bereits planbare Operationen verschoben werden, um Intensivbetten frei zu bekommen. Dazu gehören laut Staudinger etwa auch "große Bauch-Operationen, Tumor-Operationen, komplexe Herz-Operationen, Lungen-Operationen und ähnliche Dinge. Also eigentlich schon Sachen die man in einem normalen Zustand möglichst rasch abarbeiten sollte", betonte der AKH-Arzt. Je nachdem, wie man den Begriff definiere, könnte man bereits von einer Triage sprechen.
Der bisherige Höchststand bei der Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten waren 709 österreichweit am 25. November des Vorjahres.
SPÖ fordert bundesweite Maßnahmen
Wie reagiert die Politik auf die besorgniserregenden Entwicklungen?
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) fordert die Bevölkerung zu einer "Osterruhe" auf. "Starten wir jetzt mit einer Osterruhe, damit wir eine Trendwende bei den Infektionszahlen schaffen", appellierte Anschober in einer Aussendung am Samstag.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner geht das nicht weit genug: "Man darf nicht zuwarten, ob es wirklich so schlimm kommt, wie vorhergesagt. Diese Krise erfordert kein mutloses Warten, sondern Entschlossenheit und Handeln", forderte sie am Samstag via Twitter. Ihre Sprecherin präzisierte: Zweiwöchige bundesweite Maßnahmen seien ab sofort nötig, um die Infektionsdynamik zu bremsen. Die steigenden Infektionszahlen in anderen Bundesländern lassen darauf schließen, dass es österreichweit eine ähnliche Entwicklung wie im "Osten" geben werde.
Geeinigt haben sich Bund und Länder zuletzt allerdings nur auf einen sechstägigen "Osterlockdown" in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland - und auch das erst ab kommendem Donnerstag.
Gesundheitsminister Anschober plädierte angesichts der Situation auf den Intensivstationen dennoch an die Bevölkerung, nicht darauf zu warten, sondern sofort freiwillige Maßnahmen zu ergreifen. Anschober forderte dazu auf, Kontakte zu reduzieren und Reisen über Ostern zu vermeiden. "Jetzt müssen wir alle ein Teil der Lösung werden", so Anschober: "Handeln wir jetzt zum Schutz der Spitäler und der Gesundheit von uns allen."
Weitere Verschärfungen sind vorerst aber nicht geplant, heißt es aus Anschobers Büro auf KURIER–Nachfrage. Der geplante Oster-Lockdown für die östlichen Bundesländer und aktuellen Hotspots – Wien, Niederösterreich und das Burgenland – kommt, die entsprechende Verordnung soll am Montag veröffentlicht werden. In den anderen sechs Bundesländern seien derzeit keine weiteren Maßnahmen geplant, heißt es aus dem Büro Anschober. Man evaluiere die Situation aber gemeinsam mit den Ländern laufend.
Weitere Verordnungen sollen im Laufe der Woche folgen - unter anderem jene, die das Eintrittstesten für den Handel zwischen 7. und 10. April im Osten regeln soll. Laut Gesundheitsministerium muss für diese Eintrittstest auch das Covid-Maßnahmengesetz geändert werden. Die Opposition hat angekündigt, im Bundesrat gegen die Novelle zu stimmen - was ihr Inkfrafttreten um acht Wochen aufschieben würde.