Infektiologe zu Massentests: "Wir testen nicht die richtigen Personen"
Mehr als zwei Millionen Teilnehmer verzeichneten die Massentests in ganz Österreich, 4.200 Infizierte wurden dabei "herausgefischt".
Hat sich der Aufwand ausgezahlt? Nein, sagt Florian Thalhammer, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten im ORF-Report am Dienstagabend. Er gibt zu bedenken, dass zahlreiche Antigen-Schnelltests falsch positiv waren und mittels PCR-Test nachgeprüft werden mussten.
"Antigen-Tests haben ihre Berechtigung, aber nicht bei asymptomatischen Personen. Wir testen nicht die richtigen Personen", erklärt der Mediziner. Für die breite Masse sei der Aufwand dafür, was bei der Aktion herausgekommen ist, zu groß gewesen.
In der Slowakei, Vorbild für die österreichische Aktion, haben wesentlich mehr Menschen teilgenommen - was aber daran lag, dass jene, die sich nicht testen ließen, automatisch in Quarantäne mussten. Aber auch in der Slowakei, wo man wesentlich schärfer vorgegangen ist, konnte man das Virus nicht lange eindämmen. Die Zahlen steigen auch dort wieder.
"Die Tests sind immer eine Momentaufnahme. Wenn, dann müsste man sie zwei bis drei Mal wöchentlich machen", sagt Thalhammer.
In Österreich brachte der zweite harte Lockdown auch nicht das erwünschte Ergebnis - die Zahlen gingen bei weitem nicht so stark zurück wie beim ersten Lockdown. Es sei davon auszugehen, dass die Menschen jetzt, wo die Maßnahmen gelockert wurden, wieder "die Sau rauslassen", sagt Thalhammer.
Um einen dritten Lockdown zu vermeiden, müsse die Regierung nun "an dem ein oder anderen Schräubchen drehen" - zum Beispiel, indem sie dafür sorgt, dass Masken tatsächlich getragen werden, wo es vorgeschrieben ist.
"Das können Politiker nicht"
Politologe Peter Filzmaier, ebenfalls im Studio als Interviewgast zugeschaltet, sagte: "Wir müssen schon selbstkritisch sein, das mit der Eigenverantwortung war kein Publikumserfolg." Er nimmt aber auch die Regierung in die Pflicht: Sie habe Muster befolgt, die sich in Wahlkämpfen bewährt hätten, zur Krisenkommunikation aber nicht taugen würden. "Politiker sind verdammt gut darin, eigene Zielgruppen anzusprechen. Jetzt geht es aber darum, jene zu überzeugen, die ihnen mit Misstrauen begegnen. Das können Politiker nicht."
Daran solle die Regierung denken, wenn es zur ersten Impf-Aktion kommt und man über eine Impfpflicht nachdenkt. "Ich glaube, die Bevölkerung muss Vertrauen in den Impfstoff gewinnen - das wird die einzige Lösung sein", so Infektiologe Thalhammer.
"Müssen Vertrauen schaffen"
"Ich werde mich sicher impfen lassen, weil ich von den Impfstoffen überzeugt bin. Aber die Bevölkerung werden wir nicht überzeugen, wenn wir dieselbe Diskussion führen wie um die Maskenpflicht", betont er. Rund um die Einführung gab es widersprüchliche Aussagen, ob die Maske nun nützt oder nicht. Jetzt stehe aber laut Studien fest, dass sie nützt.
Kurzum: Politiker und Fachleute müssten "Vertrauen schaffen, damit die Leute uns glauben, was wir sagen".