Politik/Inland

Herbert Kickl: "Jetzt will ich es wissen, Herr Bundespräsident"

Während ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer, Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler oder der neue SPÖ-Chef Andreas Babler von der breiten Öffentlichkeit relativ unbemerkt durch die Bundesländer touren, wie es im Sommer Usus ist, wählt FPÖ-Chef Herbert Kickl am Monatsletzten im Juni die große Bühne. 

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Freitagabend lädt er mit Bezirksparteiobmann Marco Triller und Steiermarks Landesparteiobmann Mario Kunasek zur Großkundgebung auf den Hauptplatz von Leoben - mit dem Ziel "Leoben schützen, Völkerwanderung stoppen". In dieser Form kein Novum mehr bei den Blauen.

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Die Freiheitlichen haben sich der "Festung Europa" verschrieben, hatten bereits Mitte Dezember im steirischen Kindberg zur Großdemo geladen, um gegen ein Asylheim zu demonstrieren. 

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In Leoben soll eine Baumax-Halle, die bereits als Unterkunft für Asylwerber diente, revitalisiert werden. Dagegen will die FPÖ mobil machen. Triller macht den Anfang, spricht von früher, davon dass "Tausende von Flüchtlingen bereits einquartiert wurden, ohne dass die Leobener gefragt wurden". Und er spricht von der Zukunft und von einem "Landeshauptmann Kunasek" und einem "Volkskanzler Kickl", die dereinst die "besten Innen- und Verteidigungsminister aller Zeiten" gewesen seien.

Es gehe darum, "Herr im eigenen Land zu sein", schließt Kunasek an Triller an. Der ehemalige Verteidigungsminister spricht von "500 Asylunterkünften in der Steiermark", die auch ein Sicherheitsrisiko darstellten. "Es braucht einen radikalen Richtungswechsel in diesem Land, wo der Österreicher im Mittelpunkt steht."

Kunasek steht in der Steiermark derzeit im Focus der Staatsanwaltschaft wegen der Finanzcausa der FPÖ Graz und seines privaten Hausbaus und mutmaßlichen Finanzierungen über die Partei.

In der "roten Stadt" bemüht sich Kunasek im Stakkato Stimmung für den blauen Parteiobmann zu machen, da graue Wolken aufziehen, wie er Richtung Bierbänke am Hauptplatz sagt. Die SPÖ stehe für "Massenmigration" und nicht hinter den Menschen. 

Kickls "geiles Gefühl"

Unter stehenden Ovationen, schwenkenden Fahnen und "Herbert, Herbert"-Rufen betritt Kickl die Bühne. Es sei "ein geiles Gefühl auf einer Bühne zu stehen". Er, der als "unbeliebtester Politiker" gelte, sei eben unter den Menschen und anders als jene Politiker, die sich nicht mehr "ohne Cobra-Begleitung vor die Türe" trauen. 

Er wisse es zu schätzen, dass sich die Sympathisanten eingefunden haben und leitet "daraus ab, dass man die eigenen Grenzen schützen und die Bevölkerung verteidigen muss". Die ÖVP betreibe hingegen eine "Hände im Hosensack"-Politik. Es gehe der FPÖ um "die eigene Identität" und das "Heimatrecht der österreichischen Bevölkerung". 

"Österreichs Politik auf Kriegsfuß mit dem Hausverstand"

Die türkis-grüne Regierung arbeite und agiere gegen die Bevölkerung, während der Pandemie sei "Psychoterror" betrieben worden, hätte man Menschen "in die Nadel hineingejagt". Zeit, so Kickl, könne man sich nicht kaufen. Selbiges gelte für "Hirn und Hausverstand. Auch Herzensgüte kann man nicht kaufen. Wenn man bei der Erstausstattung leer ausgegangen ist, dann hat man ein Problem. Und die österreichische Politik hat ein Problem", so Kickl.

Die Grünen würde eine Politik gleich einer "Weltuntergangssekte" betreiben. Die Neutralität würde zerstört und Österreich sei "Europameister der Idiotie" nicht nur in punkto Migration geworden.

Der FPÖ-Chef spricht die Teuerungsrate an, die Sicherheit und die Bildung. Man lerne in der Schule nicht mehr lesen, schreiben und habe keine Höflichkeitsformen mehr - "dafür können sie alle gendern", so Kickl, der die Gründe für die Bildungsversäumnisse allen Parteien zuschreibt. Die FPÖ ausgenommen - natürlich.

"Selbsternannte Elite vs. Bodenständige"

Auch das Zusammenspiel zwischen Politik und "etablierten Medien" findet Platz in Kickls Rede. "Die einen lügen wie gedruckt, die anderen drucken die Lügen", sagt Kickl und bekommt dafür Applaus. Er richtet sich an die "normalen Leute, an die Bodenständigen, die mit beiden Beinen am Boden stehen" und nicht an die "selbsternannte Elite", die sich frage "Wie kann man diesen Kickl stoppen?"

Der FPÖ-Chef gibt sich selbst die Antwort: "Gar nicht! Wenn wir mehr zusammenrücken und mehr werden, dann kann uns nichts mehr stoppen. Keine Medienwalze, noch Parteien - aber auch kein Bundespräsident", wird Kickl immer lauter. "Jetzt will ich es wissen, Herr Bundespräsident." 

Die FPÖ höre sich die Sorgen und Ängste der Menschen an, sie schüre keine Angst, wiederholt Kickl in unterschiedlichen Formulierungen. "Ich bin nicht nur Politiker, sondern selber auch Familienvater."

"Mehr Paprika"

Eine "wichtige Botschaft" hat Kickl für die Leobener, die gegen das Asylwerber-Quartier. Es ist dieselbe Botschaft, die er vor sechs Monaten den Kindbergern zurief. Es sei weder "rechtsextrem" noch "schlecht oder böse", wenn man gegen Asylquartiere auftrete. "Lasst Euch keine Millisekunde von irgendjemandem in der Politik, in den Medien, in der Kirche oder der sogenannten Zivilgesellschaft ein schlechtes Gewissen machen".

Wenn Kickl in "spätestens einem Jahr Volkskanzler sei", dann, so verspricht er nach einer guten halben Stunde Redezeit, werde "die Halle in Leoben zugedreht". Dann habe das "jahrelange Elend ein Ende" und würden auch Einrichtungen in "Spital am Semmering, in Kindberg und an vielen anderen Orten" geschlossen. Dafür brauche es "politischen Willen und Mumm" - und beides habe Kickl, wie er sagt. 

Von freiheitlichen Funktionären verlange der Parteichef "bedingungslose Hingabe zur Bevölkerung", von Institutionen wie EU oder WHO müsse man sich abwenden. 

Vorbild Orban

Österreich müsse vehement gegen das Schlepperwesen vorgehen, sich ein Beispiel an Viktor Orban nehmen. "Orban macht alles richtig, Nehammer macht alles falsch".  Geht es nach Kickl, dürfen Asylwerber keine Geldleistungen mehr erhalten. "Österreich muss mehr ungarischen Paprika in das Asylwesen bringen". Man dürfe in Österreich überhaupt keinen Asylwerberantrag mehr annehmen. Das Gegenteil sei aber der Fall. "Der ÖVP-Innenminister verfolgt 365 Tage im Jahr den Tag der Offenen Tür an den Staatsgrenzen." Nach knapp einer Stunde schließt Herbert Kickl mit dem Aufruf, ihn und die Partei zu unterstützen. Es gehe um einen "Befreiungschlag gegen die EU-Hörigkeit, Befreiungsschlag gegen den Genderwahnsinn und die Völkerwanderung."

Es gehe ihm selbst um kein Amt, sondern darum "dass das kleine Glück und Zufriedenheit überwiegen über die Sorgen und Nöte". Aber natürlich, so Kickl süffisant, gehe er voran und werde vor dem Bundeskanzleramt nicht stoppen, sondern "hineingehen" und "Volkskanzler" sein, wenn er die nötige Unterstützung erhalte.