Politik/Inland

Feiertage - seit jeher ein Politikum

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach die österreichische Karfreitags-Regelung (Feiertag nur für Protestanten) diskriminierend ist, hat eine heftige Debatte ausgelöst. Es geht um die Frage, ob der Karfreitag künftig ein allgemeiner Feiertag werden soll. Die Gewerkschaft sagt  ja, Regierung und Wirtschaft sagen nein.

Es ist der heftigste Feiertagsstreit in Österreich seit 1984. Damals erlaubt der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sen. dem Handel, am 8. Dezember (Mariä Empfängnis) offen zu halten - entgegen dem Feiertagsruhegesetz, entgegen einer Weisung des Sozialministers und entgegen dem Konkordat. Dies bringt Haslauer eine - sanktionslose - Verurteilung durch den Verfassungsgerichtshof ein.

Haslauer stirbt 1992 und erlebt nicht mehr, wie 1995 eine Änderung des Landenöffnungsgesetzes den 8. Dezember zum Einkaufstag macht.

Alle Inhalte anzeigen

Ob Karfreitag oder Mariä Empfängnis - für hitzige Debatten sind Feiertage immer gut. Besonders wenn es um ihre Abschaffung geht. Das war nie anders. "In gewisser Weise waren Feiertage immer ein Politikum", sagt Rupert Klieber, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Wien.

Feiertage  kennzeichnen alle uns bekannten Kulturen“, sagt Klieber. Die Basis unserer Feiertage bildet das jüdische Pessach-Fest in Erinnerung an die Befreiung und den Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten. Da Tod und Auferstehung Jesu in die Pessachwoche fallen, schreiben die frühen Christen den jüdischen Festkalender fort: Aus Pessach wird Ostern.

Getaufte Feiertage

„Neben jüdischen wurden auch pagane  Feiertage christlich getauft“, sagt Klieber. So wird die Wintersonnenwende zu Weihnachten.

Mit den Jahrhunderten wächst die Zahl der christlichen Feste, sodass „letztlich der ganze Kalender mit Feiertagen ausgefüllt ist. Welcher wie intensiv gefeiert wird, variiert von Region zu Region“, erklärt Klieber

Maria und Josef

In Österreich gewinnt zum Beispiel die Marienverehrung im 17. Jahrhundert enorm an Bedeutung - auch als Spitze gegen die Protestanten. Zum Dank dafür, dass Wien im Dreißigjährigen Krieg nie besetzt wurde, weiht Kaiser Ferdinand III. Österreich 1646 der Unbefleckt Empfangenen, damit wird Mariä Empfängnis am 8. Dezember zu einem der wichtigsten Feiertage

Gleichzeitig beginnt auch die zunehmende Verehrung des in Südeuropa schon sehr beliebten heiligen Josef. Die Habsburger ernennen ihn zum Hausheiligen, er wird Landespatron (was er in Kärnten, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg bis heute ist) und einer der beliebtesten Namensgeber im deutschsprachigen Raum.

Karfreitag statt Heiligenverehrung

Derartige Heiligenverehrung ist in Protestantischen Gebieten verpönt - folglich werden die entsprechenden Feiertage gestrichen. Dafür erheben die Protestanten den Karfreitag zu einem hohen Feiertag - während ihn Papst Urban VIII 1642 für die katholische Kirche zum gewöhnlichen Werktag erklärt.

Bedeutet die Reformation insgesamt einen Rückgang an Feiertagen, bewirkt die Gegenreformation einen neuen  Schub. Das führt dazu, dass im Barock zum Teil jeder dritte Tag ein Feiertag ist und das Wallfahrtswesen enorm zunimmt.  

Urlaub der kleinen Leute

Nicht nur aus religiösen Gründen, sagt Klieber:  „Feiertage und Wallfahrten waren der Urlaub der kleinen Leute.“ Das führt dazu, dass die Jahresarbeitszeit bis ins 18. Jahrhundert hinein nicht viel höher ist als heute - und das ganz ohne Urlaubsregelung. Gleichzeitig sind Prozessionen immer auch eine katholische Machtdemonstration.

Das ändert sich mit der Aufklärung. „Eine neue Nüchternheit  hält Einzug. Alles wird auf seinen Nutzen reduziert“, so Klieber. Barocker Pomp ist out. Wallfahrten und tagelange Feiern sind Maria Theresia und Josef II. ein Dorn im Auge. Es gilt, "die Wirtshäuser zu leeren und die Kirchen zu füllen". Die strenggläubige Herrscherin will ihrem Volk die "Scheinheiligkeit" austreiben. Wallfahrten werden stark eingeschränkt, zahlreiche Feiertage abgeschafft. 

Alle Inhalte anzeigen

Sehr zum Ärger der katholischen Bevölkerung, stellt es doch einen gewaltigen Eingriff in das Arbeitsleben der Menschen dar. Klieber: "Die Feiertage waren die Urlaubsregelung der Dienstboten, das musste man sich im 19. Jahrhundert mühsam zurückholen."

Mit der Industrialisierung erodiert das Feiertagssystem  weiter: Sonn- und Feiertagsarbeit wird eher zur Regel als zur Ausnahme. Erst eine „Allianz von Kirche und Arbeiterschaft“ (Klieber) führt Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Verbesserung.

Nach der Französischen Revolution tritt in vielen Ländern neben die religiöse zunehmend eine nationale Festkultur. In Österreich passiert das erst nach dem Untergang des Vielvölkerreichs der Habsburger. 1919 werden der 12. November (Ausrufung der Republik) und der 1. Mai (Tag der Arbeit) zu Feiertagen.

Das "unbedenkliche" Konkordat

Im Ständestaat gewinnen religiöse Feiertage wieder mehr Gewicht. Am sichtbarsten wird das im Konkordat, das am 1. Mai 1934, also am selben Tag wie die ständestaatliche Verfassung, in Kraft tritt - und vom austrofaschistischen Regime entsprechend vereinnahmt wird. Tatsächlich wurde der Staatsvertrag zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl schon vor der Ausschaltung der Demokratie ausverhandelt "und die Inhalte sind mit Blick auf den Austrofaschismus unbedenklich", sagt Stefan Schima, Professor für Religions- und Kirchenrecht an der Universität Wien.

Im Konkordat anerkennt die Republik neun kirchliche Feiertage: Neben allen Sonntagen sind das Neujahr, Dreikönig, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Mariä Empfängnis und Weihnachten.

Allerdings hat der Nationalrat schon zuvor, am 27. Jänner 1933, ein Gesetz über die Feiertagsruhe beschlossen, das weiter geht als das Konkordat: So sind darin auch Oster- und Pfingstmontag sowie der Stefanitag enthalten. Die staatlichen Feiertage fehlen hingegen (wobei der 1. Mai ab 1934 unter ständestaatlichen Vorzeichen wieder gefeiert wird).

Alle Inhalte anzeigen

Im Nationalsozialismus werden zahlreiche Feiertage gestrichen. Nach 1945 stellt sich die Frage, ob das Konkordat noch gilt. Dies wird  erst 1957 bejaht.

Peter und Paul bleiben auf der Strecke

Die Feiertage werden freilich schon kurz nach Kriegsende wieder festgelegt - wenn auch nicht alle. Im Feiertagsruhegesetz 1945 fehlen Dreikönige, Mariä Empfängnis und Peter und Paul (29. Juni). Der 6. Jänner wird erst 1949 wieder ein Feiertag, Mariä Empfängnis 1955.  

Für Peter und Paul (29. Juni) gibt es hingegen einen päpstlichen Dispens: Dieser Tag ist in Österreich kein kirchlich gebotener Feiertag mehr.

An staatlichen Feiertagen gibt es in der zweiten Republik den 1. Mai wieder und ab 1965 dann auch der heutige Nationalfeiertag am 26. Oktober.

Konfessionelle "Apartheid"

Am selben Tag, an dem Mariä Empfängnis wieder ins Gesetz kommt, wird übrigens auch der Karfreitag als Feiertag für Protestanten beschlossen. Allerdings gibt es für beide Feiertage eine eigene Novelle des selben Gesetzes. Schima spricht von „quasi Apartheid: Man wollte katholische und protestantische Themen nicht mischen".

Alle Inhalte anzeigen