Deutsch: "Das ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten"
Die SPÖ hat die Mitgliederbefragung zur Parteispitze bereits durchgeführt. Sie endete am 10. Mai, bis 22. Mai werden die Stimmen ausgewertet. Am Donnerstag, ein Paukenschlag: Harry Kopietz, Leiter der 20 Köpfe umfassenden Wahlkommission, trat zurück. Offiziell wegen gesundheitlicher Gründe, jedoch bezweifelte das so manches Kommissionsmitglied auf KURIER-Anfrage.
➤ SPÖ-Entscheidung: Was hinter dem überraschenden Rücktritt steckt
Vergangenen Sonntag verschickte außerdem ein Kommissionsmitglied ein eMail mit mehreren Anträgen und Feststellungen. In besagtem eMail wird festgehalten, dass „trotz eindringlicher Bitten keine ordentliche Protokollierung der Sitzungen der Kommission“ erfolgte, und „auf diverse Fragen von Kommissionsmitgliedern keine Antworten gegeben wurden“.
Deshalb sehe man sich gezwungen, in einem Umlaufbeschluss festzuhalten: Es werde ein „externer Informatiker“ zur Überprüfung des Abstimmungsprozesses zugezogen und die beiden USB-Sticks, auf denen der Präsident der Notariatskammer die elektronisch abgegebenen Stimmen verwahrt, werden ebenfalls von einem „unabhängigen Informatiker“ überprüft.
Deutsch ist empört
Diese Darstellungen weist Christian Deutsch, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, in einer Stellungnahme vehement zurück: „Dass anonym gegenüber der Öffentlichkeit angezweifelt wird, ob Harry Kopietz tatsächlich aus Gesundheitsgründen seine Funktion als Leiter der Wahlkommission niedergelegt hat, ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten.“
Auch der Umlaufbeschluss als Grund für Kopietz’ Rücktritt sei die Unwahrheit, meint Deutsch. Kopietz sei bereits am 8. Mai im Krankenstand gewesen – bevor die SPÖ-Bundesgeschäftsstelle über einen Umlaufbeschluss informiert worden sei. Und: Der Beschluss sei nicht wirksam, weil ihn die Kommission einstimmig beschließen müsste.
Das Problem dabei: Im Parteistatut ist das nicht festgehalten.
Weitere Widersprüche
Und auch in einem anderen Punkt widersprechen belastbaren Recherchen den Behauptungen von Deutsch: Laut Deutsch hat Kopietz nach der Mitgliederbefragung 2020 nicht sofort veranlasst, dass alle Daten, die im Zusammenhang mit der Befragung über die Leistung von Pamela Rendi-Wagner standen, vernichtet werden. Laut Deutsch wurden die Daten erst im Juni 2021 geschreddert.
Ein dem KURIER vorliegendes eMail widerspricht Deutsch: Demnach hat Kopietz nicht erst im Juni 2021, sondern schon am 20. Mai 2020 die Löschung veranlasst.