Politik/Inland

Brunners Budgetrede: Welche Schwerpunkte die Regierung 2023 setzt

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hielt am Mittwoch, kurz nach 10 Uhr, seine erste Budgetrede. Titel: „Aus Verantwortung für Morgen – Sicher in die Zukunft“. Brunner setzte zwei große Schwerpunkte. Einerseits wollte er Sicherheit vermitteln, ob im Kampf gegen die Teuerung oder bei der Nachrüstung des Bundesheers. "Kernaufgabe des Staates ist es, seinen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen und Sicherheit zu geben. [...] Der Staat ist da, wenn er gebraucht wird. [...] Wir investieren in die militärische, wirtschaftliche und soziale Sicherheit des Landes."

Andererseits sprach er wiederholt von einer "Transformation": Etwa beim Umbau des Steuersystems, aber auch bei Investitionen in die Energiewende. Seitenhiebe auf die Opposition sparte sich Brunner weitestgehend. Dass es im Kampf gegen die Krise keinen Schulterschluss im Nationalrat gebe, bedauerte er etwa.

Es sei im Budget jedenfalls nicht darum gegangen, einzelne Ressorts glücklich zu stellen, sondern "kluge Schwerpunkte" zu setzen - und damit die Zukunft zu gestalten. Dafür stehen Brunner steigende Einnahmen zur Verfügung, allerdings bei gleichzeitig immer höheren Schulden.

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"Existenzen retten"

"Mit diesem Budget übernehmen wir Verantwortung für Morgen!", sagte Brunner eingangs. Es sei die wahrscheinlich schwierigste Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg. Covid, Krieg, Teuerung: "Ich werde Ihnen nicht sagen, dass die Krise vorbei ist", so Brunner. Was er aber versprechen könne: Dass die Regierung mit dem neuen Budget bestmöglich vorsorge, "falls der Staat wieder im großen Umfang helfen muss, um Existenzen zu retten".

Krieg auf europäischem Festland, "Raketen auf Städte, die näher an Wien sind als Bregenz": Der Ukraine-Krieg sei für die meisten Menschen in Europa "völlig denkunmöglich" gewesen, sagt Brunner. "Und dieser Krieg sorgt, neben allen menschlichen Tragödien, für Unsicherheit bei den Menschen und bei den Unternehmen in Österreich."

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Pandemie, Krieg und Teuerung

Die Budgeterstellung war heuer wegen des Ukraine-Krieges tatsächlich besonders schwierig, da sich die Inflationsprognosen laufend änderten. Dazu kommen immer neue, teure Hilfspakete. Um die Auswirkungen der Pandemie abzufedern, hat die Regierung bereits 46 Milliarden Euro ausgegeben. Die Maßnahmen gegen die Teuerung kosten bis 2026 rund 36 Milliarden. Zur Einordnung: Der Bundeshaushalt eines Jahres beträgt etwas mehr als 100 Milliarden.

Zwar spüre auch Europa die Sanktionen gegen Russland, "aber vor allem treffen sie Russland hart", sagte Brunner. Die russische Wirtschaft sei weitestgehend isoliert, von internationalen Finanzmärkten abgeschnitten. "Es waren nicht die Sanktionen Europas, die den Gashahn zugedreht haben. Das hat Russland bereits ab dem Jahr 2021 getan und deshalb sollte man hier keine andere Geschichte glauben", merkte Brunner an. Er verstehe Rufe, die Sanktionen zu beenden, emotional. Aber niemand habe eine Garantie, dass Russland dann seine Verpflichtungen einhalte.

"Wir dürfen nicht zulassen, dass die Willkür eines Mannes entscheidet, ob unsere Heizungen kalt oder warm sind", sagte Brunner in Richtung des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Staatsverschuldung steigt: "Whatever it takes"

Die Hilfspakete bewirken erstens, dass die Staatsverschuldung stark steigt. 2023 liegt sie bei rund 367 Milliarden Euro. "Egal, wie gut man plant, egal wie viel Puffer man einbaut: Niemand hatte zweieinhalb Jahre Pandemie und einen russischen Angriffskrieg in Europa eingepreist, so ehrlich muss man sein", sagte Brunner. Daher: "Ja, ,whatever it takes!'. Aber in meiner Definition heißt das nicht ,koste es, was es wolle', es heißt, das notwendige zur Verfügung zu stellen." Gleichzeitig gelte es, Steuergeld wieder mehr wertzuschätzen. Die Corona-Krise habe die Relationen verschoben. "Ein paar Millionen auf oder ab sind nicht egal."

Die gute Nachricht: Parallel zu den Schulden steigt auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – Österreichs Wirtschaftskraft – aufgrund der Inflation massiv. Das führt dazu, dass die Schuldenquote, also der Anteil der Schulden am BIP, in den kommenden Jahren sogar sinkt: von 78,3 im Jahr 2022 auf 76,7 Prozent im Jahr 2023. Danach geht die Schuldenquote weiter zurück, bis auf 73,5 Prozent im Jahr 2026.

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Wer jedenfalls verspreche, die Teuerung für alle auszugleichen, spiele mit dem Feuer, so Brunner: "Die Inflation werden wir nie für alle ausgleichen. Und wir können auch nicht jede Krise der Welt und deren Auswirkungen zu 100 Prozent kompensieren." Dennoch wolle er nicht - wie etwa der deutsche Vizekanzler Robert Habeck - nicht von Wohlstandsverlusten sprechen. "Wir wollen Österreich mit neuer Kraft aus der Krise führen, und dafür müssen wir schon in der Krise die Weichen stellen."

Brunner lobte noch budgetierte, aber auch bereits beschlossene Hilfen gegen die Teuerung - auch den Klimabonus. Dass manchmal einzelne Bevölkerungsgruppen - etwa Niederösterreicher, die von Maßnahmen des Landes zusätzlich profitieren - höhere Entlastungen erhalten, sollte man nicht "gegeneinander hochrechnen", so Brunner. "Die Teuerung hält sich nicht an Bundesländergrenzen und trifft alle von West nach Ost. Deshalb mein Appell: Lassen wir uns in der Krise nicht spalten."

Defizit bis 2026

Der Budgetpfad verdeutlicht, warum vor allem künftig auch aufgrund der weitreichenden Entlastungen Sparmaßnahmen unabdingbar sein werden. Heuer hat das Finanzministerium rund 23 Milliarden Euro zu viel ausgegeben – also noch mehr als in den Pandemiejahren 2021 und 2022.

Dieses Defizit soll in den folgenden Jahren wieder zurückgehen, sollte sich die Krise nicht verschärfen. Vom Vorkrisenniveau ist man aber auch in diesem Positiv-Szenario weit entfernt.

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Erster Schwerpunkt: Energiewende

In Summe habe man "die größte Transformation des Steuersystem umgesetzt, die es jemals gab", sagte Brunner: von Automatismen wie der automatischen Abschaffung der kalten Progression, bis zur CO2-Steuer und weiteren Anreizen für die ökologische Wende. "Klimaschutz ist einer der zentralen Aufgaben unserer Generation", betonte Brunner. Dafür brauche es vollen Einsatz und Hausverstand: "Wir wollen nicht von der Energiewende träumen, sondern sie konsequent umsetzen."

Um den Standort Österreich ökologischer zu gestalten, stehen bis 2026 rund 4,9 Milliarden zur Verfügung. Für die Gasdiversifizierung sind bis 2025 bis zu 300 Millionen vorgesehn.

1,4 zusätzliche Milliarden Euro fließen bis 2026 in den öffentlichen Verkehr, 336 Millionen in die Digitalisierung, 3,6 Milliarden in die Bildung und 1,7 Milliarden für die Umsetzung der Pflegereform.

Zweiter Schwerpunkt: Sicherheit

Auch im Bereich der Sicherheit - ein zweiter großer Schwerpunkt des Budgets - steigen die Ausgaben.

Bis 2026 werden zusätzlich auch eine Milliarde für Asyl und Fremdenwesen, sowie 1,7 Milliarden für die Polizei ausgegeben.

Um das Bundesheer nachzurüsten, werden bis 2026 zusätzlich 5,3 Milliarden in die Hand genommen. Das sei die "bisher größte und über die Jahre konstanteste Budgetaufstockung für das Bundesheer", so Brunner.

Zinsen steigen

Für 2023 wird ein Defizit von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angepeilt und damit die Maastricht-Kriterien knapp eingehalten. Danach soll das Defizit aber wieder sinken, auf rund 1,6 Prozent des BIP bis 2026.

Die schlechte Nachricht: Die Zinsausgaben steigt von 4,3 auf fast neun Mrd. Euro im Jahr 2023. Die Zinszahlungen steigen somit kräftig und belasten das jährliche Budget. Österreich spielte beim Rating seiner Staatsschulden immer in der gleichen Liga wie Deutschland. Das hat sich geändert, nun liegen die Niederlande, Belgien und Frankreich vor Österreich, das auf Platz 5 der Eurozone abgerutscht ist.

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Beschluss am 17. November

Brunners Budgetrede dauerte rund eine Stunde und fiel damit etwas länger aus, als die bündigen Vorträge seines Vorgängers Gernot Blümel. Im Parlament beschlossen wird das Budget am 17. November.

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