Politik/Inland

Antisemitismus: Laut Studie "besorgniserregende Entwicklungen" bei Jugendlichen

„Die Israelis behandeln die Palästinenser im Grunde auch nicht anders, als die Deutschen im Zweiten Weltkrieg die Juden“ – mittlerweile 39 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 27 Jahren können dieser unter Experten als klar antisemitisch eingestuften Aussage zustimmen. Das sind um acht Prozentpunkte mehr als noch 2022 - also noch vor der Terrorattacke der Hamas auf Israel.

Es sind Ergebnisse wie diese, die die Autoren einer aktuellen Studie im Auftrag des Parlaments zum Thema Antisemitismus bei Jugendlichen von „besorgniserregende Entwicklungen“ sprechen lassen. Ziel war es zu untersuchen, wie sich das Problem im Vergleich zu einer ähnlichen Erhebung vor zwei Jahren verändert hat.

Befragt wurden dafür im Juli 500 Personen. 

Israel mit NS-Regime gleichgesetzt

Neben der wachsenden Gleichsetzung israelischer Handlungen mit Verbrechen des Dritten Reichs ortet Eva Zeglovits vom IFES-Institut, das die Studie durchführte, die zunehmende Ablehnung der moralischen Verpflichtung, den Juden in Österreich wegen ihrer Verfolgung in der NS-Zeit beizustehen. Dafür stehen aktuell 42 Prozent ein, vor zwei Jahren waren es hingegen noch 49 Prozent. 

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Ein weiteres Beispiel: 28 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sich heute wieder in wachsendem Ausmaß Macht und Einfluss der Juden in internationaler Presse und Politik zeige. 2022 waren es erst 20 Prozent.

Menschen, die generell eine höhere Affinität zu Verschwörungsmythen haben, tendieren auch eher dazu, antisemitischen Äußerungen zuzustimmen. Dies gilt tendenziell auch stärker für Menschen mit geringer Bildung. Weiters ist unter Befragten aus Wien der Antisemitismus stärker verbreitet. Wie sehr Migration dabei eine Rolle spielt (Stichwort: „Importierter Antisemitismus“) wurde bei dieser Studie nicht explizit untersucht. 

Vor allem ein Ort sei besonders gefährlich, da dort viele antisemitische Stereotype verbreitet würden. „Die Leute, die klassische Medien konsumieren, sind viel weniger antisemitisch als jene, die sich über Social Media informieren“. Gerade TikTok sei ein „Brandbeschleuniger“, so Projektkoordinator Thomas Stern.

Doch wie gegensteuern? Stern plädiert unter anderem für Aufklärung an Schulen, zudem für die Thematisierung der Shoah. Auch der Zivilgesellschaft komme beim Kampf gegen Antisemitismus eine wichtige Rolle zu, etwa Vereinen, aber auch dem Bundesheer und den Religionsgemeinschaften.

Sobotka-Breitseite gegen ORF

Scharfe Kritik an der ORF-Berichterstattung rund um den 7. Oktober  - dem Jahrestag des Hamas-Terrorangriffs – übt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Rahmen der Studienpräsentation.  

So sei am Montag mehrfach Salah Abdel Shafi, palästinensischer Botschafter in Wien, interviewt worden. Im Rahmen von Einzelgesprächen und – in der ZiB2 – gemeinsam mit dem Sprecher der israelischen Streitkräfte. „Es ist ein absolut unzulässiges Verhalten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einem Antisemiten ein Podium gibt“, so Sobotka, der Shafi „Dämonisierung und Delegitimierung Israels“ sowie eine „Täter-Opfer-Umkehr“ vorwirft. Und weiter: „Ich entschuldige mich bei allen Juden, dass dies im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stattgefunden hat.“

Seine Kritik habe er bereits in einem offenen Brief an den ORF geäußert, so Sobotka. 

Eine Stellungnahme des ORF ist noch ausständig und wird bei Vorliegen beigefügt.