Politik/Ausland

Zwischen Krieg und Kooperation: Interpol wird 100

Es waren israelische Polizisten, die sich der Hamas am 7. Oktober als Erste in den Weg stellten. 57 Polizeibeamte verloren an diesem Tag an der Grenze zum Gazastreifen ihr Leben. „Sie waren direkt in die Kampfhandlungen einbezogen, deshalb ist der Krieg dort für die Polizei ein sehr emotionales Thema“, weiß Sicherheitsexperte Nico Lange

Dem renommierten deutschen Politikwissenschafter zufolge verhält es sich im Russland- Ukraine-Konflikt ähnlich, denn dort seien zu Kriegsausbruch zahlreiche Polizisten mobilisiert worden.

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Vor diesem konfliktreichen Hintergrund findet in Wien – dort, wo die kriminalpolizeiliche Organisation vor 100 Jahren gegründet wurde, ab heute, Dienstag, die viertägige Interpol Generalversammlung statt. Zu dieser werden Delegationen aus 194 Mitgliedsstaaten erwartet – darunter auch Russland, die Ukraine, Israel sowie Palästina.

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Interpol Executive Director Stephen Kavanagh kommentierte die angespannte Lage im KURIER-Gespräch schon im September: „In einer konfliktreichen Welt wie heute wäre es wohl unmöglich, Interpol zu gründen. Wir wollen aber dafür sorgen, dass die Welt zumindest bei der Strafverfolgung zusammenhält.“

195 Mitgliedsstaaten
So viele Länder sind Teil der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol. In jedem der Länder befindet sich ein eigenes Ermittlungsbüro

100 Jahre
Interpol wurde am 7. September 1923 gegründet, somit ist die Organisation vor Kurzem 100 Jahre alt geworden

1.100 Mitarbeiter
Experten aus 120 Nationen bekämpfen für Interpol das Organisierte Verbrechen. Insgesamt verteilen sich auf die einzelnen Standorte 1.100 Mitarbeiter

Ruf nach Suspendierung

Ähnlich argumentiert Interpol, wenn es um die Frage geht, warum Russland nach dem Angriff auf die Ukraine nicht suspendiert wurde. Zahlreiche Mitglieder forderten im Zusammenhang mit angeblichen Kriegsverbrechen einen Ausschluss. Das Exekutivkomitee, in dem autoritäre Staaten wie die Vereinigten Arabischen Emirate, China oder die Türkei maßgeblich mitentscheiden, erteilte dieser Forderung allerdings eine Absage. Betont wurde in einer Erklärung die Neutralität, weiters: „Solange Interpol nur ein Opfer von Kindesmissbrauch retten kann [...] ist es unsere Pflicht, die Kommunikationskanäle offenzuhalten.“

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Kritiker hingegen halten der internationalen Polizeiorganisation vor, dass die „offenen Kommunikationskanäle“ teils Machtmissbrauch ermöglichen – etwa durch internationale Fahndungsaufrufe, die sogenannten „Red Notices“.

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„Es ist ein großes Problem, wenn autoritäre Regime das instrumentalisieren, um die Opposition oder Journalisten zu verfolgen“, hält Sicherheitsexperte Lange fest. Zudem stelle sich die Frage, wie gut die Zusammenarbeit mit Ländern im Krisenzustand überhaupt funktioniere. Österreichische Ermittler erzählen unter vorgehaltener Hand, dass mit Russland seit Kriegsausbruch kaum Zusammenarbeit stattfinde.

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Dass die Interpol Generalversammlung eine unpolitische Veranstaltung ist, bekräftigt das österreichische Bundeskriminalamt (BK), das mit der Organisation betraut ist, dennoch. „Interpol ist ein Zusammenschluss internationaler Polizeibehörden, das wird keine diplomatische Veranstaltung. Dort tauschen sich Polizisten aus“, sagte BK-Direktor Andreas Holzer im Vorfeld.

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„Spannungen denkbar“

Sicherheitsexperte Lange, der seit Jahren in die Organisation der Münchner Sicherheitskonferenz involviert ist, hat hingegen Zweifel, dass eine Trennung von Kriminalität und Krieg möglich ist. „Meiner Meinung nach ist mit Spannungen zu rechnen. In München haben wir beobachtet, dass die Länder Propaganda für die eigene Sache betreiben. Die Gegenseite fühlt sich dann bemüßigt, sich zu verteidigen.“

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Für möglich hält er es zudem, dass Unterstützer der jeweiligen Konfliktparteien die Konferenz stören könnten. Mit Kundgebungen rechnen auch die Organisatoren. Dementsprechend eng ist der Verfassungsschutz in die Planung eingebunden. „Risikoanalysen haben zur Folge, dass Delegationen oder Personen in höherem Maße geschützt werden.“ Das gehe bis zum Personenschutz durch die Cobra, heißt es aus dem Innenministerium, das in den kommenden Tagen 600 österreichische Polizisten abstellt, um die Sicherheit der insgesamt 1.500 internationalen Polizeigäste zu gewährleisten.