Politik/Ausland

USA: Präsidiales Quartett attackiert Donald Trump

Es ist ein bisschen so, als hätte jemand „Mount Rushmore“ zum Leben erweckt und die Mundwinkel der in Stein gemeißelten präsidialen Heroen der US-Geschichte (George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt, Abraham Lincoln) nach unten gezogen. Vier ihrer Nachfolger haben nun am selben Tag Stellung bezogen zur systematischen Ungleichheit und rassistischen Ur-Wunde des Landes – und damit zu den Wurzeln der auf Entsetzen und Empörung stoßenden Tötung des Schwarzen George Floyd, der vor elf Tagen in Minneapolis von der Polizei getötet wurde.

Klare Botschaft

Ohne seinen Namen zu erwähnen, wurde deutlich, wen Barack Obama, Bill Clinton, George W. Bush und Jimmy Carter mit ihrer Intervention meinen: Donald Trump. Genauer: dessen Unvermögen oder Unwillen, sich mit Empathie und der Kraft des obersten Versöhners in schwerer Stunde an das gesamte Volk zu wenden, Missstände zu benennen und Gemeinsinn zu stiften, anstatt mit toxischer Polemik die Bevölkerung noch weiter zu spalten, und gar mit einer militärischen Lösung der Krise im Inneren zu drohen.

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Carter (94) erklärte, es sei höchste Zeit, dass sich das Land gegen Diskriminierung in Polizei und Justiz und die „unmoralische“ wirtschaftliche Ungleichheit wehre. Bush, der einzige Republikaner im Quartett, bewertete Minneapolis als Beleg für ein „schockierendes Versagen“ der Institutionen, die viele Schwarze unverändert „Belästigungen und Bedrohungen“ aussetzten. Clinton stellte fest: „Niemand verdient so zu sterben wie George Floyd. Und wenn du weiß bist in Amerika, stehen die Chancen so, dass du es nicht wirst.“ Obama, der direkte Vorgänger Trumps, unterstrich die „Notwendigkeit“ der Proteste. Sie seien Ausdruck „gerechtfertigter Enttäuschung über Versagen“ bei der Reform von Polizei und Justiz.

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Keinen einzigen dieser Aspekte hat Trump bisher auch nur angetippt. Bemerkenswert: Alle Alt-Präsidenten rufen dazu auf, den Protest friedlich zu halten. Aber niemand stimmt in das Law-and-order-Gedröhn und den Vorwurf von galoppierender Anarchie ein, mit dem Trump das Land seit Tagen beschallt – und von dem er sich bei verängstigten weißen Wählern Pluspunkte bei der Wahl am 3. November erhofft. Was sich aber (noch) nicht abzeichnet.

Trump im Umfrage-Tief

Im Gegenteil. Die Unzufriedenheit, wie schon während der Coronavirus-Krise, mit dem präsidialen Krisenmanagement wächst: 74 Prozent der Amerikaner finden, das Land ist auf dem falschen Kurs. Trumps Haussender Fox News hat ermittelt, dass der demokratische Herausforderer Joe Biden in Wisconsin und Arizona klar vor Trump und in Ohio gleichauf liegt. Alle drei Bundesstaaten muss Trump im November unbedingt gewinnen.

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Der Weckruf der Alt-Präsidenten, die zuletzt im Dezember 2018 bei der Beerdigung von Präsident George H. W. Bush in Washington zusammenkamen, fällt zusammen mit der Brachial-Abrechnung des früheren Verteidigungsministers James Mattis. Der ehemalige Vier-Sterne-General, der 2018 zurückgetreten war, wirft Trump im Umgang mit den Protesten einen „Missbrauch von Exekutiv-Gewalt“ vor, der ihn „wütend und entsetzt“ zurückgelassen habe. Hintergrund: Das Weiße Haus hatte am Montag Hunderte Demonstranten vor dem Weißen Haus gewaltsam vertreiben lassen, um Trump einen massiv kritisierten Wahlkampf-Foto-Termin an einer Kirche zu ermöglichen.

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Mattis: „Donald Trump ist der erste Präsident in meinem Leben, der nicht versucht, die Amerikaner zu einen“, schrieb der 69-Jährige im Magazin The Atlantic, „stattdessen versucht er, uns auseinanderzudividieren.“ Der General fordert indirekt zur Abwahl des Präsidenten auf.