Politik/Ausland

"Hexenjagd-Müll": Trump tobt wegen "Impeachment"

  • Die US-Demokraten wollen nun erstmals Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren - ein sogenanntes Impeachment - gegen US-Präsident Donald Trump einleiten.
  • Anlass dafür sind seine möglichen Rechtsverstöße in der sogenannten Ukraine-Affäre.
  • Trump spricht von "Hexenjagd-Müll" und "Belästigung des Präsidenten". 
  • Ein Impeachment war lange auch unter den US-Demokraten umstritten. Es ist schwer durchzubringen - und darüberhinaus fraglich, ob Trump nicht sogar gestärkt daraus hervorgeht. Trump machte bereits klar, dass er das Verfahren für seinen Wahlkampf nutzen werde. 

 

Nancy Pelosi ließ es nicht an starken Worten mangeln: Mit ernster Miene  warf die führende Demokratin und Sprecherin des Repräsentantenhauses Donald Trump herbe Vorwürfe an den Kopf. 

Der Präsident habe bei seinem umstrittenen Telefonat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj "gravierend gegen die Verfassung verstoßen" – noch dazu, wenn er behaupte „ich kann tun, was ich will“. Seine Regierung habe dem Kongress Informationen von Geheimnisträgern (Whistleblower) vorenthalten und so „Verrat an der nationalen Sicherheit“ begangen. Der Präsident habe dabei zu seinem eigenen Vorteil gehandelt und die „Integrität unserer Wahlen verraten“. Pelosi gab deshalb den offiziellen Startschuss für  eine Untersuchung im Repräsentantenhaus, die in ein Amtsenthebungsverfahren münden könnte.

Hohe Hürde im Kongress

Unklar blieb, ob sich in der – von den oppositionellen Demokraten dominierten – Kammer die nötige Mehrheit von 218 Stimmen für ein „Impeachment“ finden würde. 
Fakt ist jedoch: Die Stimmung hat sich gedreht. Viele demokratische Parlamentarier, die bisher ein Impeachment ablehnten und dem Wähler am 3. November 2020 das Votum über Trump überlassen wollten, werben nun massiv für ein Amtsenthebungsverfahren. 

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Die Vorgeschichte: Trump hat mit seiner Ukraine-Schmutzkampagne rund um Alt-Vizepräsident Joe Biden und dessen Sohn Hunter, die Trump ohne jeden Beleg für „korrupt“ erklärt hat, offenbar den Bogen überspannt. Hätte ein Republikaner dasselbe getan wie Biden und dessen Sprössling, säße dieser  schon auf dem elektrischen Stuhl, erklärte der Präsident am Rande der UN-Vollversammlung allen Ernstes.

Selbst altgedienten Konservativen verschlug es da die Sprache. Sie erklären sich Trumps Versuch, seinen wahrscheinlichsten Herausforderer aufseiten der Demokraten bei der Wahl in einem Jahr in die Nähe der Todesstrafe zu rücken, mit einer Art Kamikaze-Strategie.

Nähere Informationen zur Vorgeschichte lesen Sie hier:

Druck auf die Ukraine

Zunächst hatte Trump selbst eingeräumt, in einem Telefonat mit dem ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskyj Mitte Juli gedrängt zu haben, dass gegen Biden Senior wie Junior wegen Korruptionsverdachts ermittelt werde.  

Hunter Biden hatte parallel zur Amtszeit seines Vaters ab 2014 für die ukrainische Gasfirma Burisma gearbeitet und monatlich 50.000 Dollar eingestrichen. Joe Biden sorgte mit dafür, dass die Ukraine Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin in die Wüste schickte, der angeblich hinter Burisma her war. Trump fabriziert daraus: Vater Biden schützt seinen Sohn vor Ermittlungen

Demokratische Abgeordnete sehen in Trumps Vorgehen Mafioso-Verhalten. Sie sprachen von einem „Tiefpunkt einer Präsidentschaft, die Amerikas Institutionen zerstört.“  Sollte Trump in der Ukraine-Affäre nicht voll kooperieren, bliebe dem Kongress „keine andere Wahl als die Amtsenthebung“, hatte Joe Biden bereits gefordert. 

Der Auslöser für den Sinneswandel vieler Demokraten: Trump hatte bei Selenskyj nicht nur indirekt um „Kompromat“ gegen Biden gebeten. Laut Washington Post und New York Times habe er Geld als Hebel eingesetzt.  400 Millionen Dollar US-Militärhilfe für die Ukraine, die längst vom Kongress bewilligt waren, sollen wochenlang zurückgehalten worden sein. Der Präsident bestreitet diese Verknüpfung. Parlamentarier beider Parteien drängten auf die Herausgabe des Telefon-Mitschnitts, um zu klären, „ob es sich um einen der schlimmsten Versuche von Machtmissbrauch in der Geschichte Amerikas handelt“, so  Demokraten. 

"Hexenjagd-Müll"

„Präsidenten-Belästigung“   – in Großbuchstaben – nannte das Trump via Twitter. Er kündigte die Freigabe des Mitschnittes an: Das Ukraine-Gespräch sei ein „freundliches und völlig angemessenes Telefonat“ gewesen.  Das Opfer sei er selbst: „So ein wichtiger und erfolgreicher Tag bei der UNO, den die Demokraten mutwillig ruiniert haben mit ihrem Hexenjagd-Müll“. 

(Dirk Hautkapp aus Washington)

Rückendeckung bekam Trump von seinen Parteifreunden im Kongress. Der republikanische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, sagte, dass Pelosi in der Frage des Impeachment "nicht für Amerika spricht". Zwei von drei Herausforderern Trumps bei den republikanischen Vorwahlen, Joe Walsh und Bill Weld, unterstützten hingegen die Bemühungen der Demokraten.

Die Demokraten haben es mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus in der Hand, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten. Sollte die angekündigte Untersuchung zu dem Schluss kommen, dass die Vorwürfe gegen Trump zutreffen, könnte das Repräsentantenhaus eine formelle Beschuldigung des Präsidenten beschließen - dies wäre das sogenannte Impeachment.

Bei den US-Demokraten hatte es schon lange Forderungen gegeben, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten. Anlass war die sogenannte Russland-Affäre, bei der Sonderermittler Robert S. Mueller zwei Jahre lang untersucht hatte, ob sich Trumps Lager im Wahlkampf 2016 geheim mit Moskau absprach und ob der Präsident nach seinem Amtsantritt die Justizermittlungen darüber behinderte. 

Im Zuge der Ukraine-Vorwürfe sprachen sich immer mehr demokratische Parlamentarier für ein Amtsenthebungsverfahren aus: US-Medien bezifferten die Zahl der Befürworter auf rund 150. Mindestens 218 Stimmen sind nötig. Die Demokraten haben im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit von 235 der 435 Stimmen.

Pelosi stand einem Amtsenthebungsverfahren bisher sehr skeptisch gegenüber. In der Vergangenheit verwies sie immer wieder auf die hohen Hürden und die damit verbundenen Risiken. Kritiker weisen darauf hin, dass das Amtsenthebungsverfahren die Chancen der Demokraten schmälern könnte, Trump bei der Wahl im November 2020 aus dem Amt zu jagen.

Senat entscheidet

Ein sogenanntes Impeachment könnte zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus angestrengt werden. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung liegt aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Für eine Absetzung ist dort eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.

An dieser Hürde waren Ende der 1990er Jahre die Republikaner gescheitert, als sie in der Lewinsky-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton eingeleitet hatten. Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden