Politik/Ausland

UNO warnt: In Gaza droht Tausenden akute Hungersnot

Geht der Krieg weiter und bleibt die Versorgungslage so schlecht wie derzeit, droht spätestens Anfang Februar der gesamten Bevölkerung des Gazastreifens eine akute Hungerkrise. Mehr als zwei Millionen Menschen würden dann nicht mehr genug zu essen bekommen, erste Hungertote wären die Folge. Zu diesem dramatischen Schluss kommt die UNO.

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"Wir warnen seit Wochen davor, dass jeder Tag, der vergeht, angesichts der Entbehrungen und der Zerstörung nur noch mehr Hunger, Krankheit und Verzweiflung für die Menschen im Gazastreifen mit sich bringt", schrieb UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths auf X, vormals Twitter. Schon jetzt leidet nach Informationen des UN-World Food Programms jede vierte Familie im Gazastreifen an Hunger.

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Zweimal pro Tag etwas zu essen

Mit jedem Tag wird die Situation schwieriger, längst ist die Mehrheit der Menschen dazu übergegangen, nur noch zweimal pro Tag zu essen. "So etwas habe ich noch nie gesehen. Das Ausmaß der akuten Ernährungsunsicherheit ist in Bezug auf Schwere, Geschwindigkeit der Verschlechterung und Komplexität beispiellos", sagte die Sprecherin des Welternährungsprogramms, Shaza Moghraby.

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Der Krieg, den die Hamas am 7. Oktober mit ihren Massakern an 1.200 Israelis ausgelöst hatte, hat mittlerweile auf palästinensischer Seite an die 20.000 Todesopfer gefordert. Die Angaben werden von der Hamas gemacht und lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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UN-Resolution verabschiedet

Nach tagelangem Ringen forderte der Weltsicherheitsrat in einer Resolution am Freitagabend die Aufstockung der humanitären Hilfe für etwa zwei Millionen Notleidende im Gazastreifen. Das mächtigste UNO-Gremium verabschiedete am Freitag in New York einen deutlich aufgeweichten Kompromisstext ohne die Forderung nach einer unverzüglichen Waffenruhe. Die USA enthielten sich. Israels UNO-Botschafter kritisierte die UNO-Resolution.

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Tagelang hatte Uneinigkeit über den Wortlaut der Erklärung geherrscht. Eine Abstimmung war wegen eines drohenden US-Vetos mehrmals verschoben worden. Streitpunkt war der Widerstand Washingtons, das eine von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgearbeitete Resolution ablehnt. Die sah vor, dass Israel und die Hamas die Nutzung aller See-, Land-, und Luftwege in den Gazastreifen für humanitäre Hilfslieferungen erlauben.

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Ebenfalls teilten die Vereinten Nationen mit, sie wollten den vom Weltsicherheitsrat geforderten Koordinator für humanitäre Hilfe im Gazastreifen bis zum Jahresende ernennen. Ein Kandidat oder eine Kandidatin sei bereits gefunden, durchlaufe momentan einen obligatorischen Überprüfungsprozess und soll in der kommenden Woche vorgestellt werden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus UN-Kreisen.

Hamas-Raketen auf Israel

Trotz der massiven Bombardierungen durch die israelische Armee feuert die Hamas immer noch Raketen auf Israel. Nach Schätzungen des israelischen Instituts für Nationale Sicherheitsstudien hatte das Raketenarsenal der radikal-islamischen Hamas rund 20.000 Geschoße umfasst. Seit Kriegsbeginn dürften davon 12.500 Raketen auf den jüdischen Staat abgefeuert worden sein.

Währenddessen hat Israels Militär die Menschen im Flüchtlingslager Al-Bureij im Zentrum Gazas zur Flucht aufgerufen. Die Menschen sollen in Schutzräume in Deir al-Balah rund sechs Kilometer weiter südlich aufsuchen, wie ein Sprecher der Armee am Freitag via X auf Arabisch mitteilte. Die Aufforderung gilt demnach auch für Menschen aus anderen Vierteln im Norden sowie im Zentrum des Küstengebiets. Ein Zeitrahmen dafür nannte die Armee nicht.

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Israel hatte kürzlich angekündigt, die Bodenoffensive auf weitere Gebiete im Gazastreifen ausdehnen zu wollen. Der Armee-Sprecher kündigte für Freitag eine vierstündige humanitäre taktische Kampfpause in einem Viertel Rafahs im Süden des Gazastreifens an. Diese solle die Versorgung der Menschen erleichtern. Seit Beginn der Bodenoffensive mussten rund 1,9 der etwa 2,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des schmalen Küstengebiets ihre Häuser und Wohnungen verlassen.

Eine "sichere Zone" gebe es lauf UN in Gaza allerdings nicht. Eine sichere Zone müsse mindestens Aufenthaltsmöglichkeiten, Schutz, Sanitäranlagen sowie genügend Nahrung und Trinkwasser bieten. Das sei nirgendwo der Fall.