Zu spät für die Offensive – Was Kampfjets der Ukraine trotzdem bringen
Von Konrad Kramar
„Wirklich schnell, wie sich hier alles entwickelt – schneller als wir je zu hoffen gewagt hatten“: Sichtlich beeindruckt zeigte sich ein europäischer Diplomat gegenüber dem Guardian über die Entscheidungen beim G-7-Gipfel im japanischen Hiroshima. Damit ist zu allererst natürlich jene der USA gemeint, die ein Berater von US-Präsident Joe Biden verkündete. Man werde die Ausbildung ukrainischer Piloten auf westlichen Kampfjets, „einschließlich der F16“ unterstützen.
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Während die Ausbildung laufe, würden die beteiligten Länder entscheiden, „wann wir Jets bereitstellen, wie viele und wer sie bereitstellen wird“. Klar aber ist damit: Die Ukraine wird F16-Kampfjets bekommen und die USA werden diese Lieferung – egal von welchem Land – nicht nur zulassen, sondern auch aktiv unterstützen.
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Eine bemerkenswerte Kehrtwende von Biden, wie es sie in diesem Krieg, gerade in Bezug auf Waffenlieferungen, bereits mehrfach gegeben hat. Ob es sich nun um Panzer, weitreichende Artillerie oder Kampfjets handelte, immer hatte der US-Präsident anfangs abgewunken, um wenig später doch das Go für die jeweiligen Waffen zu geben.
Die Entschlossenheit, der Ukraine zu helfen hatte sich zuletzt immer gegen die Bedenken durchgesetzt, Russland könnte das als weitere Provokation und direkte Einmischung in den Krieg betrachten und entsprechen reagieren, etwa mit Nuklearwaffen. Auch diesmal kam die prompt eine Drohung aus Moskau. Der Westen gehe mit dieser Entscheidung ein „kolossales Risiko“ ein.
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Um westliche Kampfjets hatte sich die Ukraine quasi seit Kriegsbeginn bemüht. Doch erst zuletzt hatten sich Großbritannien und die Niederlande an die Spitze einer „Kampfjet-Koalition“ gestellt. Der britische Premier Rishi Sunak, der noch vor Monaten nichts von Kampfjets für die Ukraine hören wollte, war offensichtlich der Motor hinter der jetzt getroffenen Entscheidung. Deshalb bedankte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij ausdrücklich bei Sunak, der ihn bei seinem Eintreffen auf dem G-7-Gipfel als erster mit einer Umarmung begrüßte.
Erfolge absichern
200 westliche Kampfjets verlangen Selenskij und seine Militärführung, damit diese auch wirklich kriegsentscheidend eingesetzt werden können. Solche Stückzahlen sind vorerst nicht absehbar, obwohl gerade die F16 von vielen Staaten eingesetzt wird und auch rasch geliefert werden könnte. Für die in Kürze erwartete Frühjahrsoffensive der Ukrainer kommen die Jets aber auf jeden Fall zu spät. Doch sie könnten danach, wie westliche Militärexperten meinen, der Ukraine die Möglichkeit geben, die einmal erzielten Gebietsgewinne zu sichern. Schließlich, so betonten auch die G-7, sei das Ziel, die gesamte Ukraine wieder herzustellen – also mit der Halbinsel Krim, die Russlanjd ja schon 2014 okkupiert hat.
Artillerie ausschalten
Damit scheint klar, dass man auch in westlichen Militärkreisen früher oder später mit einer ukrainischen Offensive auch Richtung Krim rechnet. Die F16 könnten dabei massiv unterstützend wirken, indem sie russische Artillerie, die weit hinter der Front stationiert ist, aus der Luft ausschalten. Allerdings könnte Russland dann seine moderne Luftabwehr, die auch auf der Krim stationiert ist, einsetzen. Es könnte also riskant für die ukrainischen Jetpiloten werden, die jetzt ihre Ausbildung im Westen beginnen.