Trump-Show in Pennsylvania: 50.000 Fans feiern ihn als Märtyrer – inklusive Musk
Von Dirk Hautkapp
Zuschauerzahlen bei politischen Kundgebungen sind kein verlässlicher Indikator für die Performance eines Kandidaten an der Wahlurne. Das Gegenteil war die demonstrative Botschaft einer der größten Veranstaltungen, die Donald Trump jemals abgehalten hat.
Über 50 000 Anhänger, überwiegend Weiße, kamen nach Schätzungen von Behörden am Samstagabend zu einem historischen Revival in eine kleine Stadt in Pennsylvania, um unter freiem Himmel den „unerschütterlichen Selbstbehauptungswillen” des 45. US-Präsidenten zu feiern, wie Teilnehmer teilweise unter Tränen erklärten.
In Butler/Pennsylvania, nördlich von Pittsburgh, entkam Trump vor drei Monaten mit Glück den Kugeln eines Attentäters, er wurde nur geringfügig am Ohr verletzt.
"Stark wie Nägel"
An Ort und Stelle meldete sich der republikanische Kandidat für die Wahl am 5. November mit einem unverhohlen sentimentalen Spektakel zurück, das „Trotz, Furchtlosigkeit, Mut und Patriotismus” demonstrierte, wie der Künstler Bill Secunda sagte. Dessen handgefertigte Statue des Ex-Präsidenten, der wie ein Denkmal gehuldigt wurde, trägt den Titel „Stark wie Nägel”.
Die überlange Veranstaltung, viele Besucher standen bereits zehn Stunden vorher an, hatte streckenweise Hollywood- und Festival-Reife. Ein „Wutstock” für die Maga-Bewegung; mit Food-Strucks, Toiletten-Häuschen und Dutzenden Verkaufsständen für Trump-Devotionalien. „I survived Butler, PA, Trump 2024” hieß es auf einem T-Shirt für 25 Dollar.
Held und Märtyrer
Ziel der Trump-Kampagne, die vier Wochen vor der Wahl von inneren Richtungskämpfen und (im Vergleich zu Kamala Harris) Geldmangel geplagt ist, war es, die Aura ihres Kandidaten als Held und Märtyrer zu polieren und im festgefahrenen Wahlkampf einen neuen, bombastischen Impuls zu setzen.
Fallschirmspringer mit US-Fahne an den Fersen. Panzerglas-Scheiben auf dem Podium. Gefühlt ein halbes Dutzend Scharfschützen auf umliegenden Dächern. Hunderte Secret Service-Beamte und lokale Polizisten im Umfeld. Eine Überwachungs-Drohne am strahlend blauen Himmel. Und eine Schweigeminute samt Glockengeläut und „Ave Maria” von Opernsänger Christopher Macchio für den Feuerwehrmann Corey Comperatore. Der saß am 13. Juli hinter Trumps Redner-Pult in der Menge und starb bei dem Versuch, seine Familie vor den Kugeln des 20-jährigen Thomas Matthew Crooks zu schützen.
"Gott hat weiterhin einen Plan für ihn"
Trump nannte den Täter, dessen Motive noch immer ein Rätsel sind, ein „bösartiges Monster”, hinter dem möglicherweise der „innere Feind” (seine Übersetzung für Demokraten und den „deep state”) gestanden haben könnte. Aber: „Er konnte unsere Bewegung nicht aufhalten, unseren Geist nicht brechen und unsere eiserne Entschlossenheit, Amerika vor den Übeln der Armut, des Hasses und der Zerstörung zu bewahren, nicht erschüttern.”
Trumps Behauptung, man sei „stärker, stolzer, geeinter, entschlossener und dem Sieg näher als je zuvor”, hält indes der vor allem im letzten Teil der Realität nicht stand. Vor und nach dem Attentat lag der 78-Jährige in Umfragen klar vor Amtsinhaber Joe Biden. Heute steht er mit dessen Nachfolgerin bei der Präsidentschaftskandidatur, Kamala Harris, in einem engen Kopf-an-Kopf-Rennen; gerade in Pennsylvania, das als Schlüssel-Bundesstaat für die Wahl gilt. O-Ton-Trump: „Wenn wir Pennsylvania gewinnen, gewinnen wir die ganze Sache.”
Immer wieder verwiesen auch seine vielen Vorredner, darunter Vize-Präsidentschaftskandidat J.D.Vance, auf himmlische Kräfte. Sie seien der Grund dafür, dass Trump überlebt habe. „Genau hier, vor fast drei Monaten, dachten wir, Präsident Trump würde sein Leben verlieren. Doch Gott hat weiterhin einen Plan für ihn – so wie er auch immer noch einen Plan für die Vereinigten Staaten von Amerika hat.” Etwas abseits von Vance wurden reproduzierte Bilder des ikonischen Faust-nach-oben-Fight-Fotos von Trump, das wenige Sekunden nach dem Attentat entstand, für 200 Dollar das Stück verkauft.
Elon Musk als Trump-Groupie
Die Show in Butler, bei der keine Neuigkeiten produziert oder politische Versprechungen gemacht wurden, markierte auch die vollständige Verwandlung des reichsten Mannes der Welt zum hundertprozentigen Trump-Groupie.
Tesla-Boss Elon Musk, der nach dem Attentat vor drei Monaten demonstrativ an Trumps Seite sprang, trat zum ersten Mal als Redner für den Ex-Präsidenten auf. Als Trump ihn auf die Bühne bat, gebärdete sich der Unternehmer, der auf seinem Kommunikationsportal X gehäuft Verschwörungstheoretikern und Hetzern Raum zur Entfaltung gibt, wie Rumpelstilzchen, hüpfte wild umher und setzte dann zu einer bemerkenswerten Tirade an, die einen Fakten-Check nicht übersteht.
Die Demokraten wollten den Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung nehmen. Und das Recht, Waffen zu tragen. Und obendrein das Wahlrecht. Wenn Donald Trump nicht gewählt wird am 5. November, sagte der auf ein Vermögen von 260 Milliarden Dollar taxierte Musk, „wird das die letzte Wahl sein. Das ist meine Prognose.” Von Trumps Schlüsselrolle beim Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 und seinen mannigfachen Versuchen, den Wahlsieg von Biden zu hintertreiben - keine Silbe.
Statt Indizien hatte der 53-Jährige Sätze wie diese parat: „Der wahre Test für den Charakter eines Menschen ist, wie er sich unter Beschuss verhält. Wir hatten einen Präsidenten, der keine Treppe steigen konnte, und einen anderen, der nach einem Schuss mit den Fäusten in die Luft schlug.” Ohrenbetäubender Jubel.