Politik/Ausland

"Alpen-Höcke" und "Russenkriecher" Kickl: Ausländische Medien zur NR-Wahl

Die FPÖ hat gewonnen, doch wohin steuert Österreich? Die internationalen Medien haben die Wahl in Österreich genau beobachtet - und kommentieren das Ergebnis mit Sorge und Irritation. Vor allem im englischsprachigen Ausland wird vehement an die Vergangenheit der FPÖ erinnert - und ihre bewusste Wortwahl.

"Rechte wollen neue Ära - bleiben dabei aber allein", schreibt Die Welt. "Die Rechtspopulisten in Österreich feiern den besten Tag ihrer Parteigeschichte. Die Partei profitiert von der Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Jetzt ist der Bundespräsident am Zug."

"Schon wieder ist es passiert", heißt es in der Zeit. "Wieder hat eine rechtsextreme Partei die Wahlen in einem Mitgliedsland der Europäischen Union gewonnen. 2022 war das in Italien der Fall, 2023 in den Niederlanden, jetzt wurde in Österreich die FPÖ des Herbert Kickl zur stärksten Partei." "Wie also soll die EU reagieren, wenn in ihrem Inneren nationalistische Kräfte scheinbar unaufhaltsam auf dem Vormarsch sind?"

Kickl: "Eine Art Alpen-Höcke"

Die Berliner Morgenpost reiht den Sieg der FPÖ in den Aufschwung der rechtspopulistischen Parteien in Europa ein. "Das Schüren von Ressentiments gegen die "politischen Eliten" treibt ihnen viele Frust- und Protestwähler zu." Dennoch sei es "fraglich, ob die FPÖ trotz des Siegs in der Regierung landet." FPÖ-Chef Kickl wird in dem Blatt als "eine Art Alpen-Höcke" bezeichnet. "Er übernahm dessen Schlachtruf der "Remigration" und forderte die massenhafte Abschiebung von Ausländern."

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"Na, servus! Das Dilemma der ÖVP", kommentiert die Münchner TZ und spricht ihr "herzliches Beileid zum Regierungsauftrag" aus. "In Österreich darf die dauerregierende ÖVP trotz Platz 2 an der Macht bleiben, wird aber nur mit Hängen und vor allem Würgen eine Koalition zusammenbringen. Keine der beiden Optionen ist verlockend. Rechts die FPÖ, die von Hetzer, Europafeind und Russenkriecher Kickl so weit an den Rand geführt wurde, dass sie nun radikaler ist als Meloni, Le Pen und sogar Teile der AfD. Links eine SPÖ, die ihr Chef Andreas Babler ("Ich bin Marxist") in Ideologie und Traumtänzerei steuert, ähnlich EU-feindlich wie Kickl. Na, servus."

Ein „Rechts-Knall“ in Österreich: Die Bildzeitung, immer zugespitzt in ihren Formulierungen, nannte das Ergebnis einen „Rechts-Knall“. Das von Herbert Kickl stets verwendete Wort Volkskanzler ersetzte das Blatt allerdings durch „Bürgerkanzler“, ohne erkennbaren Grund.

Zweifel an der „Brandmauer“ der ÖVP: Die Süddeutsche Zeitung kommentiert, dass die FPÖ wohl nie auf die Koalitionsbedingung der ÖVP eingehen werde – dass Kickl nicht Teil eines Kabinetts sein dürfe.  „Glaubt irgend jemand ernsthaft, nach seinem Triumph von Sonntag werde Herbert Kickl schnurstracks bereit sein, zurückzuziehen und andere die Ernte einfahren zu lassen?“, schreibt Korrespondentin Cathrin Kahlweit. Sie erwartet, dass die ÖVP umfällt – eine Regierung mit Kickl wäre  allerdings „nicht nur untragbar, sondern auch unerträglich.“

ZDF sieht ÖVP in Rolle  der „Königsmacherin“: Das deutsche ZDF in Person von Korrespondentin  Britta Hilpert analysiert, dass  Herbert Kickl nicht unbedingt damit rechnen könne, „Volkskanzler“ zu werden. „Die ÖVP hat zwar verloren, aber sie bleibt in der Rolle des Königsmachers“, sagt sie. Eine rechts-rechte Koalition sei in Österreich zwar denkbar, aber ebenso wie ein Rückzug Herbert Kickls  unwahrscheinlich.

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In Österreich Realität, was in Deutschland erst kommt: Die deutsche FAZ befasst sich damit, dass die „sehr weit rechts stehende FPÖ“ längst zu einer zentralen Kraft aufgestiegen sei, die die Politik „vor sich hertreiben kann“ – obwohl sie sich „unter Herbert Kickl immer weiter radikalisierte (...) und keinen Hehl aus ihrer Nähe zu Rechtsextremen machte.“ In Österreich sei „längst bittere Realität, was Deutschland nach den letzten Landtagswahlen von Osten her überkommt.“

NZZ deutet Ergebnis als „Zäsur für Österreich“: Die NZZ nennt die Wahl eine „Zäsur“, weil FPÖ-Chef Kickl „einen legitimen Anspruch auf das Kanzleramt stellen kann.“ Das Resultat entspreche aber nur  den Erwartungen, schließlich habe die FPÖ bereits seit Anfang 2023 sämtliche Umfragen angeführt. „Dennoch wird es dem Land in den kommenden Wochen intensive Debatten bescheren.“

Rundschau erinnert an Ibiza und vernimmt ein "Alarmsignal": Für die Frankfurter Rundschau ist es ein "mehr als ein ernüchterndes Zeichen, das Deutschland aus Österreich erhält", ein "Alarmsignal": Selbst wenn Kickl nicht Kanzler werde, habe die Partei "in kürzester Zeit einen triumphalen Wiederaufstieg und ein beachtliches Ergebnis geschafft." Und das, heißt es weiter, "nachdem vor wenigen Jahren ein Korruptionsskandal der ganzen Welt ihren wahren Charakter vor Augen geführt hatte". Die Wahl solle deshalb allen in Deutschland eine Warnung sein, die auf eine "Einhegung und Verbürgerlichung der hiesigen Rechtspopulisten von der AfD hoffen". Denn "Skandale, Misserfolge und Fehlverhalten schaden Populisten nicht.“

Von Nazi-Veteranen gegründet

BBC erinnert an Hitler-Wortwahl: Die BBC widmet sich vor allem Herbert Kickl und seinen Wahlversprechen. Er habe den Wählern eine „Festung Österreich“ versprochen, sich selbst „Volkskanzler“ genannt – der Begriff wird im Original verwendet. Er erinnere „einige Österreicher an jenes Wort, mit  dem Adolf Hitler in Nazi-Deutschland bezeichnet wurde“, schreibt der Sender.

„Gegründet von  einer Gruppe Nazi-Veteranen“: Das US-Portal Politico berichtet über die FPÖ mit einer eindeutigen Einordnung: Es sei das „erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass eine Partei mit faschistischen Tendenzen“ eine bundesweite Wahl gewonnen habe, schreibt das US-Blatt. Hervorgehoben wird, dass die FPÖ „von einer Gruppe Nazi-Veteranen“ gegründet worden sei.

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Die FPÖ werde keine Verbündeten für die Regierung finden, meint man im italienischen Blatt Corriere della Sera: "Zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich in Österreich eine rechtsextreme Partei durchgesetzt. Die populistische und nationalistische Welle, die 2024 bereits Frankreich, die Niederlande und andere europäische Länder erfasst hat, schwappt nun auch nach Wien über."

Eine Brücke zu Jörg Haider schlägt die Zeitung La Stampa mit Sitz in Turin:  "Extremes Österreich: Es ist keineswegs garantiert, dass Herr Kickl zum Ministerpräsidenten aufrücken und Regierungsverhandlungen führen kann. Fest steht, dass die FPÖ sogar besser als erwartet abgeschnitten hat. Der radikale Populismus erreicht ein Resultat, das nicht einmal Jörg Haider erlangt hatte."

So kommentieren spanische Medien

Die als konservativ geltende ABC aus Madrid ortet "schlechte Nachrichten für das europäische Projekt." Die Wahl in Österreich bestätigt den Vormarsch der extremen Rechten in Europa, der bereits bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni und anschließend bei der Parlamentswahl in Frankreich und bei einigen regionalen Abstimmungen in Deutschland verzeichnet wurde. Zudem ist klar, dass die traditionellen Linken und Rechten bei den Wählern des Kontinents an Beliebtheit verloren haben und dass die Liberalen und die Grünen einen Zusammenbruch erleben."

Kickl konnte aus der "Unzufriedenheit Kapital schlagen", kommentiert die spanische Zeitung El Diario. "Der Wahlsieg der FPÖ ist Ausdruck der sozialen Unzufriedenheit, die in wichtigen Schichten der österreichischen Bevölkerung angesichts einer seit mehr als einem Jahr in der Rezession befindlichen Wirtschaft und nicht gerade vielversprechender Aussichten herrscht. Die Partei von Herbert Kickl konnte aus dieser Unzufriedenheit Kapital schlagen und zum ersten Mal die führende Partei werden."

El Pais fragt, ob man nach der Wahl "auf dem Weg zu einer illiberalen österreichisch-ungarischen Monarchie" sei? "Der Populist Herbert Kickl wird nicht Bundeskanzler, aber er ist schon jetzt ein unvermeidbarer Politiker, auch in der Opposition, der versuchen wird, Österreich nach ungarischem Vorbild umzugestalten."

"Migranten als Sündenböcke"

Als "Erdbeben" bezeichnet Ouest France das Wahlergebnis in Österreich und fragt: "Welches Bündnis soll regieren?" "Die Partei hat zwar schon einmal an der Macht gekostet, aber noch nie bei einer nationalen Wahl den ersten Platz belegt oder den Kanzler gestellt. Die Radikalität von Herbert Kickl und seinen Truppen könnte jedoch ihr größter Schwachpunkt sein, wenn es um den Posten des Regierungschefs geht."

Von einem "Donnerschlag am politischen Himmel Europas" schreibt L'Humanité mit Sitz in Paris. Kickl wird als "unvergleichlicher Demagoge" und "Meister" bezeichnet, der es verstehe "das schlechte Leben zu instrumentalisieren". "Kickl hat Provokationen, auch solche, die den schlimmsten braunen Gestank verströmen, zu einer Methode gemacht, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. So bezeichnet er sich selbst als "Volkskanzler", eine Bezeichnung, die Adolf Hitler in den 1930er Jahren gerne benutzte."

Der Sieg der FPÖ bedeute nicht, dass Kickl nun "zum Bundeskanzler ernannt wird", urteilt Le Figaro. "Mit 29 Prozent der Stimmen muss er andere Partner finden, um regieren zu können, und es gibt nur sehr wenige potenzielle Kandidaten." Anders als in Deutschland, wo sein Status streng protokollarisch bleibt, müsste der Präsident Alexander Van der Bellen, Mitglied der Grünen Partei, Herbert Kickl logischerweise das Privileg der Regierungsbildung verweigern, da er der Meinung ist, dass dieser nicht sein "Vertrauen" genießt. Außerdem hegt der derzeitige Bundeskanzler Karl Nehammer, der einzige Mann, der unter bestimmten Bedingungen eine Koalition mit der FPÖ eingehen könnte, eine starke Abneigung gegen die Person Kickl."

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Schnelle Gratulationen der Schwesterparteien

Nur Minuten nach Veröffentlichung des Ergebnisses gratulierte bereits die AfD ihrer Schwesterpartei. „Herzlichen Glückwunsch an Herbert Kickl und die FPÖ“, schrieb Parteichefin Alice Weidel auf der Plattform X.

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Geert Wilders, der Chef der niederländischen Rechtspopulisten PVV und selbst Erster bei der jüngsten Parlamentswahl, gratulierte der FPÖ auf deutsch: „Herzlichen Glückwunsch FPÖ!“, schrieb Wilders, gefolgt von drei Oberarm-Emojis.