Politik/Ausland

Dorf soll Kohleabbau weichen: Aktivisten rüsten zum Widerstand

Brennende Autoreifen, aufgeschichtete Äste und Latten, kleine Türme aus Backsteinen versperren den Polizisten den Weg. Auf beiden Seiten, jener der klimaschützenden Dorfbesetzer als auch auf jener der Sicherheitskräfte haben die Vorbereitungen für die lang erwartete Räumung des kleinen Weilers Lützerath begonnen.

Ab Dienstag gilt für den Ort im Braunkohlerevier Garzweiler II Betretungsverbot. Tags darauf will die Polizei dann das von rund 100 vorwiegend jungen Aktivisten besetzte Dorf  räumen. Und unmittelbar danach soll sofort mit dem Abbau von Braunkohle in der ohnehin bereits riesigen Grube begonnen werden, so die Pläne des deutschen Energiegiganten RWE.

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Auf die Sicherheitskräfte kommt dabei eine schwierige Aufgabe zu. An die 30 Baumhäuser haben die Klimaschützer in dem mittlerweile von seinen ursprünglichen Bewohnern verlassenenen Dorf gebaut. Einige dieser Häuser - der KURIER konnte sich überzeugen - haben keine Leitern. Wer hinauf will, muss sich mit einem Seil hoch hanteln.

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Doch die Bagger und Sicherheitskräfte sind bereits angerückt. Schweres Gerät ist bereits an den Ran des Dorfes herangefahren. Die schwarz-grüne Landesregierung von NRW und der Energiekonzern RWE haben sich darauf geeinigt: Lützerath wird noch für die Kohleförderung weggebaggert, fünf andere Dörfer in der Braunkohleregion, die eigentlich hätten weichen sollen, dürfen nun doch bleiben. 2030 will RWE dann in NRW endgültig aus der Kohleförderung aussteigen. Für ganz Deutschland ist dieser Ausstieg bis spätestens 2038 geplant.

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Seit Beginn des Abrissvorhabens haben sich die Einwohner gegen die Pläne gewehrt - vergebens. Auch Aktivisten haben sich an den Protesten beteiligt. Als die meisten Bewohner das Dorf bereits verlassen hatten, zogen Klimaschützer ein. Sie errichteten ein Protestcamp direkt an der Grenze des Tagebaus. Seitdem leben hier über 100 Protestierende in den verlassenen Häusern, Scheunen oder in selbst gezimmerten Baumhäusern. Bisherige Polizeieinsätze haben daran nichts geändert.

Symbol des Widerstandes

Für die Protestierenden ist Lützerath ein Symbol des Widerstands gegen eine ihrer Meinung nach klimafeindliche Politik. "Fossile Wahnsinn, der hier stattfindet", empört sich einer der Aktivisten, "wir können doch nicht einfach zusehen, wie hier Dorf um Dorf weggeschoben wird."

Seit Monaten haben sich die Klimaktivisten auf die bevorstehende Räumung vorbereitet. Und sie haben eine Hoffnung: Vor drei Jahren hat der massive Widerstand von Klimaaktivisten die Polizei im Hambacher Wald tatsächlich zur Umkehr gezwungen. Der Wald durfte bestehen bleiben, die Polizei musste ihren teuersten Einsatz in der Geschichte Nordrhein-Westfalens einstellen.

Ohne Widerstand, so ließen die Klimaaktivisten in Lützerath schon vorab wissen, wird es auch dieses Mal nicht gehen.