Politik/Ausland

So reagierte Deutschland auf das "Potsdamer-Geheimtreffen"

Nach dem Bericht über ein Geheimtreffen Rechter und Rechtsextremer nahe Potsdam gingen Beteiligte auf Distanz – zur Veranstaltung selbst, aber auch zu rechtsextremen Ansichten im Allgemeinen.

Die Burger-Kette „Hans im Glück“ trennte sich etwa „mit sofortiger Wirkung“ von ihrem Mitgesellschafter Hans-Christian Limmer, der an der Planung des Treffens beteiligt gewesen sein soll. Limmer dementierte, mitorganisiert zu haben. 

"Privater Vortragsabend"

Der Einladende Gernot Mörig, ein ehemaliger Zahnarzt aus Düsseldorf, sagte, er habe Aussagen des österreichischen Identitären-Vertreters Martin Sellner anders als berichtet in Erinnerung. Sonst hätte er ihm widersprochen. Für Sellner selbst handelte es sich bloß um einen „privaten Vortragsabend.“

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Die deutsche Parteienlandschaft zeigte sich jedenfalls schockiert. „Dass wir aus der Geschichte lernen, ist kein Lippenbekenntnis“, kommentierte SPD-Kanzler Olaf Scholz und betonte, man schütze „alle“.

Wer sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte, sei ein Fall für Verfassungsschutz und Justiz. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (ebenfalls SPD) warb für die Prüfung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD.

Auch die FDP sah Parallelen zum Nationalsozialismus. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann mahnte, man müsse die vielfältige Gesellschaft „gegen die Feinde der Demokratie“ schützen. Das sei „hoffentlich spätestens jetzt“ klar.

CDU-Mitglieder dabei

Für die CDU ist es mit dem Distanzieren schwieriger, sollen doch auch zwei ihrer Parteimitglieder bzw. Mitglieder der Werteunion – eine CDU-nahe rechtskonservative Gruppierung – an dem Treffen teilgenommen haben. Man prüfe das, hieß es, eine Teilnahme verstoße jedenfalls gegen „die Grundsätze der CDU“.

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Der AfD-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, bestätigte seine Teilnahme. Er sei jedoch als Privatperson dort gewesen. Auch Roland Hartwig, enger Vertrauter von Parteichefin Alice Weidel, war unter den Teilnehmern. Er soll nicht gewusst haben, dass Sellner anwesend sein würde.

Experte: "Identitäre sind in AfD aufgegangen"

Kontakte zwischen der AfD und Sellner sind nichts Neues, auch wenn die AfD offiziell auf Distanz zur Identitären Bewegung geht, die vom deutsch Verfassungsschutz als rechtsextremistisch gewertet wird.

Aus Sicht des Potsdamer Politikforschers Gideon Botsch sind die Identitären überhaupt weitgehend in der AfD aufgegangen. Seit dem Aufstieg der AfD 2018/19 spiele die Identitäre Bewegung in Deutschland keine Rolle mehr, sagte Botsch am Donnerstag in einem Interview. Die Organisation und ihre Werte seien in das Umfeld der AfD überführt worden.

Würden die Landtage in den deutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg nicht im Herbst, sondern jetzt gewählt, wäre die AfD laut einer Forsa-Umfrage mit teilweise deutlichem Abstand stärkste Partei: In Thüringen könnte sie demnach mit 36, in Sachsen mit 34 und in Brandenburg mit 32 Prozent der Stimmen rechnen.